Von uns gelesen + empfohlen
Hier stellen wir regelmäßig neue Bücher vor, die uns sehr gut gefallen haben und die wir gerne weiterempfehlen möchten. Meistens handelt es sich um Romane, dazwischen finden sich aber auch immer wieder ein paar Biographien oder Sachbücher, die wir erwähnenswert finden.
Die Rechte an den Bildern liegen beim jeweiligen Verlag.

Heather Campbell und Benjamin Blanchard: Ameisen
Der Haupt-Verlag in Bern macht immer wieder mit außergewöhnlichen und beeindruckenden Büchern auf sich aufmerksam. In diesem Buch werden die unterschiedlichen Aspekte der Biologie und Ökologie von Ameisen behandelt. Mit faszinierenden Makroaufnahmen bietet es Einblicke in die Welt dieser Tiere und behandelt Themen wie Anatomie, Evolution, Fortpflanzung, Verhalten, Ökologie, und es gibt auch ein aufschlussreiches Kapitel "Ameisen und Menschen". Die weltweite Vielfalt der Ameisen und die spannenden Lebensweisen dieser kleinen Tiere werden mit hochinteressanten Fakten, ausdrucksstarken Zeichnungen und Grafiken vermittelt.
EGr

Joachim Meyerhoff: Man kann auch in die Höhe fallen
Der Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Joachim Meyerhoff hat nun den sechsten Band seines Romanzyklus "Alle Toten fliegen hoch" geschrieben. Diesmal geht es um seine Schreib- und Lebenskrise nach einem Schlaganfall. Die Familie zog von Wien nach Berlin. Doch er fühlt sich in Berlin nicht mehr wohl, wird immer gereizter und flüchtet zu seiner Mutter aufs Land zu ihrem Landsitz an die Ostsee. Hier bleibt er für 10 Wochen, schreibt sein Buch und versucht wieder zur Ruhe und zu sich selbst zu kommen. Es dreht sich sehr viel um seine resolute und unkonventionelle Mutter, die mit Mitte 80 sehr energiegeladen und glücklicher denn je in ihrem Leben ist. Es gibt viele tragikomische, groteske und humorvolle Passagen und Begebenheiten in der Kindheit und im Theaterleben. Ein sehr menschliches Buch mit viel Witz und Humor.
EGr

Cordula Weimann: Omas for future - Handeln! Aus Liebe zum Leben
Cordula Weimann hat Wirtschaftswissenschaften studiert und war über 35 Jahre lang als Unternehmerin im Bereich Sanierung von Denkmalschutzobjekten tätig. 2019 gründete sie zusammen mit Dr. Harry Lehmann den gemeinnützigen Verein Leben im Einklang mit der Natur e.V.. Im selben Jahr gründete Sie Omas for Future und nun ist auch ein Buch dazu erschienen. Darin werden beispielhaft Fehler und Folgen unserer zukunfts- und gesundheitsfeindlichen Politik der letzten 20 Jahre aufgedeckt. Das Buch bringt viele Konzepte und Beispiele für das Leben in der Zukunft in Städten, Dörfern und Gemeinschaften – in Bezug auf Ernährung, Gesundheit, Landwirtschaft und Energieversorgung. Das sehr persönliche Buch ist sehr informativ, vielseitig und motivierend. Es macht Lust darauf, sich auch selbst zu engagieren.
EGr

Hiltrud Baier: Die Farben des Winters
Die Hamburger Grafikerin Nova muss nach Nordschweden zu einem Notar reisen. Es geht um das Testament ihres Vaters. Die Eltern lebten getrennt; Nova wuchs bei ihrer Mutter auf, war aber in den Ferien immer bei ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und ihrem Halbbruder Kaspar in Lappland bei den Samen. Nova hat schöne Erinnerungen an diese Zeit, wo sie viel in der Natur aufhielten und sich um die Rentiere gekümmert haben.
Damals vor 20 Jahren wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Vater gestorben ist. Warum also jetzt ein Testament? Nova ist sich sicher, dass hier eine Verwechslung vorliegen muss. Doch sie erbt eine Hütte im Wald, in der ihr Vater zuletzt gelebt hat und eine Herde Rentiere. Erst wird sie von den Einheimischen gemieden, doch immer mehr findet sie Zugang und genießt das Leben in dem kleinen Ort. Zunehmend ist sie von der Situation angetan und erinnert sich begeistert an ihre Zeit in Lappland. Sie versucht, den Geheimnissen im Leben ihres Vaters auf den Grund zu gehen. Was ist damals wirklich passiert? Und vielleicht bleibt sie ja doch für immer?
EGr

Luisa Neubauer: Der Klima-Atlas
Zusammen mit Christian Endt und Ole Häntzschel hat Luisa Neubauer diesen Klima-Atlas mit 80 Karten für die Welt von morgen veröffentlicht.
Dieses Buch versucht, die komplexeste Krise unserer Zeit mit seinen aufschlussreichen Karten in neue Formen, Farben, Begriffe und Bilder zu übersetzen. Klar strukturiert wird dargestellt, wie der Klimawandel unser Leben beeinflusst und welche Chancen und Lösungen möglich sind. Globale Zusammenhänge und lokale Auswirkungen des Klimawandels werden anschaulich und nachvollziehbar präsentiert. Dieser Atlas möchte den Blick für das öffnen, was sich kulturell, technologisch, gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich gerade ändert. Es möchte zum Nachdenken und Diskutieren anregen.
EGr

Daniel Glattauer: In einem Zug
Das neue Buch von Daniel Glattauer ist sehr originell und macht beim Lesen - wie auch seine bisherigen Bücher – wieder viel Spaß. Der erfolgreiche Schriftsteller Eduard Brünhofer muss zu einem unangenehmen beruflichen Termin zu seinem Verlag nach München reisen und nimmt dafür von Wien aus die Bahn.
Ihm schräg gegenüber sitzt eine Frau, die ihn schnell in ein Gespräch verwickelt. Mit "Entschuldigung, darf ich Sie was fragen?" beginnt Catrin Meyr den vierstündigen intensiven Austausch. Das Gespräch zwischen den beiden Fremden nimmt immer mehr an Fahrt auf und dreht sich immer mehr auch um private Themen. Es geht um Literatur, das Schreiben und natürlich um die private Situation und um die Liebe. Ganz so mitreißend wie "Gut gegen Nordwind" ist das Buch nicht, aber es ist allemal ein Wohlfühlroman, den man am besten im Zug von Wien nach München oder umgekehrt liest.
EGr

Marco Meier: Inge Feltrinelli - Das erste Leben
Der Schweizer Philosoph und Journalist Marco Meier hat sehr intensiv zum Leben von Inge Feltrinelli recherchiert. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf Kindheit und Jugend und auf ihrer Zeit als Fotojournalistin.
Inge Schönthal wird 1930 in Essen als Tochter eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter geboren. Die NS-Zeit übersteht sie einigermaßen unbeschadet. Ihrer Mutter gelingt es, dem Vater zur Flucht über die Niederlande in die USA zu verhelfen und die Tochter in einer deutschen Schule unterzubringen.
Nach der Schulzeit geht Inge nach Hamburg und arbeitet als Assistentin im kleinen Fotostudio von Rosmarie Pierer, die sie in Göttingen kennengelernt hat. Dort lernt sie einerseits alle Grundlagen einer Fotojournalistin und lernt andererseits durch sie viele wichtige Werbeleute, Journalisten und Verleger kennen. Inge übernahm schnell Aufträge für die Zeitschrift Constanze und wurde auch ins Ausland und nach New York geschickt. Sie lernte auch Heinrich Maria Ledig-Rowohlt kennen, der sie nach Kuba zu Ernest Hemingway schickte. Die Türen standen ihr offen und sie knüpfte immer neue wichtige Kontakte.1960 heiratete sie den italienischen Verleger Giangiacomo Feltrinelli. Dem Untertitel "Das erste Leben" nach zu schließen, könnte es zu diesem Lebensabschnitt bald ein zweites Buch geben?
EGr

Frank Schätzing: Tod und Teufel
Der historische Roman spielt im mittelalterlichen Köln des Jahres 1260. Eine packende Geschichte um Intrigen, Machtkämpfe und einen Helden wider Willen.
Die Hauptfigur ist der junge Jakob, ein Dieb, der zufällig Zeuge eines kaltblütigen Mordes an einem hochrangigen Bauherrn des Kölner Doms wird. Schnell gerät er ins Visier der mächtigen Verschwörer, allen voran des mysteriösen Killers, den man nur „den Teufel“ nennt. Auf der Flucht vor seinen Verfolgern gerät Jakob in ein Netz aus politischen Ränken, dunklen Geheimnissen und lebensgefährlichen Begegnungen.
"Tod und Teufel" ist ein fesselnder historischer Krimi, der mit Spannung, Witz und fundierter Recherche überzeugt. Wer sich für das Mittelalter interessiert und eine Mischung aus Abenteuer, Krimi und Geschichte mag, wird mit diesem Buch bestens unterhalten.
MFo

Mareike Fallwickl: Und alle so still
Frauen hören mit ihrer Arbeit auf und legen sich hin, einfach auf den Boden - und sind ganz still. Ein stiller Protest beginnt. Im Fokus stehen drei Schicksale, deren Wege sich nach und nach verweben. Elin, eine junge und erfolgreiche Influencerin. Nurin, der die Schule abgebrochen hat und der versucht, sich mit Arbeit aus dem Niedriglohnsektor irgendwie über Wasser zu halten. Ruth, die mit Leib und Seele bis ans Ende ihrer Kräfte Krankenpflegerin ist und auch verwaiste Mutter eines gehandicapten Sohns ist.
Mareike Fallwickl ist ein schonungsloser, feministischer und gesellschaftskritischer Roman gelungen, der schockiert und berührt und nicht leicht zu lesen ist.
RMo

Haneen Al-Sayegh: Das unsichtbare Band
Die Schriftstellerin Haneen Al-Sayegh ist eine libanesisch-drusische Schriftstellerin und lebt in Beirut und Berlin. Sie studierte Englische Literatur an der American University of Beirut und arbeitet als Dozentin und Übersetzerin. Ihr erster Roman ist autobiographisch und schon alleine dadurch sehr interessant.
Die junge Drusin Amal wächst in einem Bergdorf auf. Das Leben in der Dorfgemeinschaft und in der Familie ist vom Patriarchat, von Tradition, Religion, Zwängen und Angst beherrscht. Amal versucht gegen alle Widerstände ihren eigenen Weg zu gehen und sich aus der ultrastrengen Religionsgemeinschaft und aus einer gewalttätigen Ehe zu befreien.
Der Titel "Das unsichtbare Band" steht für das gemeinsame Leiden der Frauen, die in allen Kulturen und auf verschiedenen Ebenen Unterdrückung, Beschämung und Herabwürdigung erfahren.
EGr

Earth for all - Deutschland
Der Club of Rome wurde 1968 gegründet und veröffentlichte bereits im Jahr 1972 den Bericht zur Lage der Menschheit "Die Grenzen des Wachstums". Unter dem Motto "Aufbruch in eine Zukunft für Alle" haben verschiedene Professoren, Wissenschaftler und Expertinnen und Experten des Club of Rome und des Wuppertal Instituts die neueste Ausgabe von Earth for all zusammengestellt. Es ist ein Diskussionsangebot für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft und für jeden einzelnen von uns. Wissenschaftlich fundierte und konkrete Vorschläge zeigen, dass sich soziale Fortschritte und Nachhaltigkeit gegenseitig verstärken können. Nur so können Lösungen gefunden werden, die alle Menschen mitnehmen.
EGr

Dominik Bloh: Die Straße im Kopf
Dominik Bloh wurde 1988 geboren. Seine psychisch kranke Mutter warf ihn mit 16 aus der Wohnung, so dass er in Hamburg auf der Straße lebte. Er schaffte es trotzdem, weiter die Schule zu besuchen und sein Abitur zu machen. Sein Buch "Unter Palmen aus Stahl“, in dem er von seiner Obdachlosigkeit berichtet, war sehr erfolgreich. Schreiben und seine Gedanken sortieren war für ihn Selbsttherapie. In "Die Straße im Kopf" wird klar, dass er das Leben auf der Straße nicht aus dem Kopf bekommt und so immer noch zwischen zwei Welten lebt. Er schildert viele Erlebnisse der letzten Jahre. Er berichtet von seiner Lebenssituation und von Begegnungen mit anderen Menschen, sowie von seinen Bemühungen im "normalen" Leben anzukommen. Er engagiert sich für Flüchtlinge und für Obdachlose. So initiiert er beispielsweise das Projekt GoBanyo, ein Duschbus für Obdachlose. Für sein aufopferndes Engagement erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
EGr

Beatrice Salvoni: Malnata
Der Roman "Malnata" war in Italien ein großer Erfolg und wurde in 35 Sprachen übersetzt.
Die Handlung spielt in der Lombardei zur Zeit des Faschismus unter Mussolini.
Maddalena wird von allen "Malnata" genannt. Sie wird im Dorf von allen gemieden und auch die Eltern von Francesca verbieten ihrer Tochter den Kontakt mit der Hexe, wie sie auch genannt wird. Maddalena spielt viel am Fluß, ist barfuss, schlampig gekleidet und ständig dreckig. Sie lässt sich von niemandem etwas sagen, hat keine Angst vor niemandem und weigert sich auch in der Schule, den "Duce" Mussolini zu ehren. Die brave Francesca aus gutem Haus freundet sich trotz des Verbotes mit Maddalena an und verbringt viel Zeit mit ihr. Die beiden Mädchen lehnen sich gegen die Eltern und Lehrer und eigentlich gegen das ganze Dorf mit dem faschistischen Denken auf. Sie rebellieren gegen die Scheinheiligkeit und die gesellschaftlichen Konventionen und möchten ein selbstbestimmtes Leben führen. Durch ihr unangepasstes Verhalten stossen sie ständig gegen Grenzen und geraten in Schwierigkeiten.
Eine berührende Lektüre über zwei mutige Außenseiterinnen.
EGr

Nicole Wellemin: Späte Ernte
Wer zwischendurch mal einen schönen Schmöker lesen möchte, hat mit diesem Buch genau das Richtige gefunden.
Der Roman spielt in Südtirol auf einem weit oben am Berg gelegenen Bauernhof. Anna, die Enkelin von Lene, hat den Hof wieder zum Leben erweckt und baut hier mit viel Liebe und Hingabe alte Apfelsorten an und vertreibt hochwertige Säfte. Lis flieht aus ihrem komfortablen Leben in München, da sie eine große Enttäuschung erlebt hat. Sie bricht alle Verbindungen ab und möchte sich nur noch unsichtbar machen. Nach einem Unwetter sammelt Anna Lis auf und nimmt sie mit auf den Hof. Beide sind scheu, geben nicht viel von sich Preis und so dauert es, bis die beiden Frauen sich wirklich annähern und ihrer jeweiligen Vergangenheit auf den Grund gehen. Beide haben Schwieriges erlebt und das Leben von Annas Familie ist durch Sprachlosigkeit geprägt.
In die Handlung eingewebt sind immer wieder Kapitel, in denen es um das harte Leben von Annas Großmutter Lene geht. Auch sie träumte von einer glücklichen Zukunft mit ihrem Mann Elias. Doch der Krieg und andere Probleme machten die Hoffnungen zunichte.
EGr

Elisabeth Richter: Letztes Zimmer
Die Autorin Elisabeth Richter erzählt sehr intensiv und schonungslos von Mutter und Vater in der letzten Lebensphase. Tochter Tina kümmert sich trotz der weiten Entfernung von ihrem Wohnort und trotz eigener Familie um die Eltern, die immer wunderlicher werden. Die Rollen von Eltern und Kind vertauschen sich langsam und dann zunehmend schneller. Der Vater ist dement, depressiv und ängstlich; die Mutter ist nahezu blind, hat aber in der Beziehung immer noch das Sagen. Da es anders nicht mehr geht, bringt sie schließlich beide in eine kleine Pflegeeinrichtung, wo man sich gut um sie kümmert. Tina ist hin- und hergerissen in ihren Gefühlen, die zwischen Liebe, Mitgefühl und oft aber auch Wut hin und herwechseln. Ein sehr einfühlsames und bewegendes, manchmal auch humorvolles Buch über das Alter.
EGr

Thalia Verkade und Marco te Brömmelstroet: Gesellschaft in Bewegung
Unter dem Motto "Wie wir unsere Straßen, Städte und unser Leben lebenswerter machen können" öffnen die beiden niederländischen Autoren dem Leser die Augen für eine andere Blickweise auf Städte und Verkehr. Automobile Mobilität hat immer noch Vorrang vor Aufenthaltsqualität und regiert seit 70 Jahren das politische Denken und Handeln. Autogerechte Städte sind noch immer Normalität. Dies wird in diesem Buch intensiv hinterfragt. Menschen- und kindgerechte Städte wären für alle besser: Klima, Umwelt, Gesundheit und letztendlich die Bürger würden immens davon profitieren.
Anhand vieler konkreter Beispiele und Themen werden innovative Ideen transparent gemacht. Paris, Wien und viele niederländische und skandinavische Städte dienen als Vorbild. Am Ende dieses Buches bleibt die zentrale Erkenntnis: "Es mangelt uns gegenwärtig keineswegs an öffentlichen Flächen. Es mangelt allein an der Vorstellungskraft diese zu verändern."
EGr

Marion Lagoda: Der Himmel, unter dem wir Kinder waren
Die Autorin und Journalistin Marion Lagoda wuchs im Bergischen Land auf. Auch ihr Roman spielt in dieser Gegend in einem kleinen Dorf. Die junge Clara wird in den 1930er Jahren in diesem Ort groß und notgedrungen in den Kriegszeiten viel zu früh erwachsen. Sie ist die Tochter eines kommunistischen Widerstandskämpfers, der als Redakteur einer kommunistischen Zeitung arbeitet. Als Hitler an die Macht kommt, wird der Vater ins KZ Sachsenhausen gebracht und auch die Mutter verliert ihre Arbeit als Buchhändlerin. So wächst Clara mit ihrer Mutter und ihrer Tante Friedchen mit großen Entbehrungen und Problemen auf. Auch ihr geliebter Patenonkel Artur Becker verschwindet bald aus dem Blickfeld und im Spanischen Bürgerkrieg. Das Leben in der Dorfgemeinschaft wird immer schwieriger, weil man nicht weiß, wem man noch trauen kann. Nur auf ein paar wenige Mitmenschen ist noch Verlass und so kann sich Clara als Nachhilfelehrerin und als Hilfslehrerin etwas Geld verdienen.
EGr

Benedict Wells: Die Geschichten in uns
Endlich gibt es ein neues Buch von Benedict Wells. Er war vor allem mit seinem Buch "Vom Ende der Einsamkeit" sehr erfolgreich und stand lange auf den Bestsellerlisten. Sein neues Buch ist allerdings kein Roman, sondern - wie der Untertitel schon verrät - berichtet er vom Schreiben und vom Leben. Im ersten Teil erzählt er von seiner nicht immer einfachen Kindheit und Jugend in einem schwierigen Elternhaus. Er erklärt, wie er es auf einem steinigen Weg geschafft hat, Schriftsteller zu werden und einen renommierten Verlag zu finden. Im zweiten Teil geht es um das Schreiben. Er erklärt, wie bei ihm ein Roman entsteht und welche Werkzeuge er beim Überarbeiten einer Geschichte verwendet. Natürlich bringt er auch Beispiele von anderen Autoren, die er sehr schätzt. So ist dieses Buch mit seinem ausführlichen Literaturverzeichnis auch eine wahre Fundgrube für weitere inspirierende Lektüreideen.
EGr

Sanora Babb: Namen unbekannt
Die amerikanische Autorin und Journalistin Sanora Babb lebte von 1907 bis 2005. Sie wuchs in einer Siedlung der Oto-Indianer in recht ärmlichen Verhältnissen auf und war sozial sehr engagiert. Ihr Roman "Namen unbekannt" erschien erst im Jahr 2004 und wurde jetzt bei Reclam aufgelegt.
Die Autorin erzählt - durch die eigenen Erfahrungen geprägt - sehr authentisch von den Wanderarbeitern in Amerika. Das Leben dieser Menschen war extrem arm und hoffnungslos. In den 1930er-Jahren versucht die Farmerfamilie Dunne mit ihren zwei Töchtern in Oklahoma dem kargen Böden so viel abzugewinnen, dass sie davon leben konnten. Doch der fehlende Regen, Dürren und Sandstürme machen das Leben immer noch schwerer. So beschließen sie - wie viele andere auch - sich nach Kalifornien zu begeben. Hier verdingen sie sich als Erntehelfer und werden von den Großgrundbesitzern schamlos ausgenutzt.
EGr

Lucy Fricke: Das Fest
Lucy Fricke erhielt 2018 für Ihr Buch "Töchter" den Bayerischen Buchpreis. In ihrem neuen Roman geht es um das Älterwerden und um das Thema Freundschaft. Jakob wird an diesem Tag 50 und möchte auf keinen Fall feiern. Er möchte keine Party, keine Überraschungen und erst recht keine Gäste. Jakob war ein erfolgreicher Filmregisseur. Nun aber ist er in seinem Leben grundlegend müde und planlos. Von der Zukunft erwartet er nicht mehr viel. Doch schon am frühen Vormittag steht seine gute Freundin Ellen mit einer Flasche Champagner vor der Tür. Was wird dieser Tag bringen?
Ein unterhaltsamer und schön zu lesender Roman über das Leben und den Wert und die Wichtigkeit von Freundschaften.
EGr

Jo Lendle: Die Himmelsrichtungen
Jo Lendle ist seit 2014 Verleger des Hanser Verlages und hat vielfache Funktionen im deutschen Literaturbetrieb. Er hat selbst aber auch bereits mehrere erfolgreiche Romane geschrieben. In seinem neuesten Roman geht es um die berühmte Flugpionierin Amelia Earhart.Jo Lendle hat ausführliche Recherchen betrieben und für seinen Roman Aufzeichnungen, Briefe und Gedichte von Amelia Earhart verwendet.
Ihr Vater war alkoholkrank und so wuchs sie größtenteils bei ihren Großeltern auf. Sie hatte wenig Interesse an weiblichen Mustern und Verhaltensweisen. Sie interessierte sich immer schon mehr für Beschäftigungen von Jungen und später auch Männerberufe.
Als sie 1920 zum ersten Mal in einem Flugzeug mitfliegen durfte, war ihre Begeisterung geweckt. Sie lernte fliegen und kaufte sich auch schnell ihr erstes Flugzeug. 1932 überquerte sie als erste Frau den Atlantik im Alleinflug. Ihre Berühmtheit und das Interesse an ihrer Person nutzte sie auch politisch. Sie war Pazifistin und setzte sich sehr für Mädchen- und Frauenrechte ein.
EGr

Salzburg: Porträt einer Stadt
Im Verlag Anton Pustet ist ein ganz besonderer Bildband mit Fotos des Fotografen Christian Wöckinger erschienen. Er porträtiert die Stadt Salzburg aus ganz unbekannten und unkonventionellen Blickwinkeln. Mit feinem Gespür zeigt er ruhige und außergewöhnliche Motive und Details dieser Stadt. Zitate verschiedener Autoren runden das Bild ab. Dem Bildteil vorangestellt ist ein Essay von Eva Krallinger-Gruber und Matthias Gruber "Durch die Schatten der prunkvollen Fassaden ins Herz". Hier findet man viele Anregungen zur Erkundung der Stadt. Am Ende des Buches gibt es vom Kunsthistoriker Arnold Klaffenböck noch einen "Streifzug durch die Geschichte der Stadt Salzburg".
Ein rundum gelungener Bildband, der dazu einlädt, Salzburg abseits der bekannten Wege immer wieder neu zu entdecken.
EGr

Daniela Krien: Mein drittes Leben
Daniela Krien erzählt in ihrem neuesten Buch von Linda und ihrem Mann Richard, die in Leipzig leben und in der Kunstszene erfolgreich arbeiten. Ihre 17jährige Tochter Sonja stirbt bei einem Fahrradunfall mit einem rechts abbiegenden LKW. Von da an steht das Leben still. Alles hat sich geändert. Linda erträgt niemanden mehr - weder ihren Mann noch Freundinnen oder Bekannte. Auch ihrer Arbeit als Kuratorin geht sie nicht mehr nach. Linda zieht sich vollkommen zurück und zieht auf einen abgelegenen Hof in einem kleinen Dorf auf dem Land. Dort ist sie umgeben vom Hund der verstorbenen Besitzerin und von den Hühnern und der Arbeit im Garten, den sie versorgt. Sie ist vollkommen in ihrer Trauer gefangen und hat nur sehr wenige Kontakte. Ganz langsam gelingt es ihr, sich aus dem seelischen Tief herauszuarbeiten.
Daniela Krien gelingt es auf berührende Art und Weise die Gefühle und Gedanken von Linda und auch von ihrem Mann Richard nachvollziehbar zu machen. Man kann sich in das Verhalten und die Gefühlslage von Linda sehr gut hineinversetzen. Kein Satz in diesem Roman ist überflüssig.
EGr

Natalie Buchholz: Grand-papa
Natalie Buchholz ist Rosenheimer Literaturpreisträgerin aus dem Jahr 2023. Sie hat deutsch-französische Wurzeln, wurde in Frankreich geboren und wuchs in Oberbayern auf. Sie geht in diesem Roman ihrer Familiengeschichte mütterlicherseits auf den Grund. In kurzen Kapiteln versucht sie, sich der Lebensgeschichte ihres lothrinigischen Großvaters Anatole zu nähern. Sie kannte ihren Großvater kaum und er war für sie immer unnahbar. Jedoch hat er ihr seine Memoiren hinterlassen. Mit weiteren Dokumenten und Briefen macht sie sich auf, das Leben ihrer Vorfahren zu ergründen.
Bereits in sehr jungem Alter geht Anatole zur französischen Armee. Er wurde jedoch während des Zweiten Weltkrieges und der Annexion Elsass-Lothringens von den Deutschen zwangsrekrutiert und diente ab diesem Zeitpunkt in der Wehrmacht. Nach dem Krieg lehnt er alles Deutsche ab und hat mit der Entscheidung seiner Tochter, einen Deutschen zu heiraten, große Schwierigkeiten.
EGr

Mick Saunter: Ein unerwarteter Besuch
Mick Saunter - Jahrgang 1957 - hat bereits einige Thriller geschrieben. Von ihm gibt es aber auch dieses sehr wichtige autobiographische Buch. Darin berichtet er über sein Leben, über seine berufliche und private Entwicklung, über seine Depression und seine Angststörung, die dann auch noch hinzukam. Er berichtet offen und ehrlich von seinem jahrelangen und mühevollen Weg, seinen Problemen auf den Grund zu gehen und zu lernen damit umzugehen.
Das Buch ist unheimlich gut und berührend geschrieben. Man kann Mick Saunters schwierige und schmerzhafte Entwicklung gut nachvollziehen und verstehen. Schon lange kein so mitreißendes und authentisches Buch mehr gelesen! Schade, dass es noch keinen Weg vom Selbstverlag zu einem großen Publikumsverlag gefunden hat. Eine größere Reichweite wäre ihm zu wünschen!
EGr

Randa Weiser: Das Randa-Prinzip
Alle, die sich schon mal gefragt haben, wie man als Influencerin viele Follower bekommt und wie man damit Geld verdienen kann, finden die Antwort darauf in diesem Buch. Aber nicht nur darum geht es: Randa Weiser erzählt von ihren Eltern, die aus Jordanien stammen, von ihrem Mann und den Kindern. Sie erzählt viel aus ihrer Kindheit und von ihrem gesamten bisherigen Lebenslauf. Randa war ein aufgewecktes und lebensfrohes Kind. Doch mit Schulbeginn begannen die Probleme. Sie hat große Schwierigkeiten beim Lesen und somit im ganzen Schulalltag. Sie wird von den Lehrern nicht verstanden und auch von den Mitschülern gemobbt. Es wurde sehr lange nicht erkannt, dass sie Legasthenikerin ist.
In diesem Buch geht es auch um den Wert der Familie, wie wichtig Freundschaften sind und ebenso eine verständnisvolle Unterstützung in der Kindheit.
Randa schildert, wie sie es schafft, sich von den Problemen zu befreien, wie sie aus ihren depressiven Phasen wieder herauskommt und wie es ihr und ihrer Familie gelingt, sich aus der auch schwierigen finanziellen Situation herauszuarbeiten.
Eine Buchempfehlung für eher jüngere Menschen.
EGr

Ewald Arenz: Zwei Leben
Schon die Bücher "Alte Sorten" und "Der große Sommer" sowie einige andere Romane von Ewald Arenz machten viel Freude beim Lesen. Auch das neue Buch des Gymnasiallehrers und Schriftstellers ist wieder sehr empfehlenswert.
Der Roman dreht sich um zwei Frauen im kleinen Dorf Salach, deren Schicksale miteinander verwoben sind. 1971 kehrt die junge Roberta nach einer Schneiderlehre in ihr Elternhaus zurück und arbeitet auf dem Hof mit. Gertrud, die Frau des Pfarrers, fühlt sich schon lange fremd in der Ortschaft. Ihr Sohn Wilhelm ist bald erwachsen und wird nach seinem Zivildienst studieren. Roberta und Wilhelm kennen sich schon seit Kindertagen und verlieben sich nach Robertas Rückkehr.
Beide Frauen sind durch gesellschaftliche Normen und Moralvorstellungen der damaligen Zeit gebunden. Beide träumen von Selbstbestimmung und der Verwirklichung der eigenen Wünsche. Tragische Ereignisse und Schicksalsschläge durchziehen das Leben beider Frauen.
Wieder eine berührende und emotionale Lektüre.
EGr

Colm Tóibìn: Long Island
Der irische Autor Colm Tóibìn hat 2010 in seinem Roman "Brooklyn" erzählt, wie Eilis in den 50er-Jahren von Irland nach Amerika ging. Sie hat dort in eine italoamerikanische Familie eingeheiratet und zwei Kinder bekommen. Nun kehrt sie zum 80. Geburtstag ihrer Mutter nach Irland zurück. Ihr Mann Tony hat eine folgenreiche Affäre und so versucht sie auf diesem Weg eine Auszeit zu bekommen und sich über die Zukunft Klarheit zu verschafffen.
Eilis trifft auch ihre alte Jugendliebe Jim wieder, der jedoch mit ihrer damals besten Freundin verlobt ist, was die beiden aber geheimgehalten haben.
Colm Tóibìn gelingt es, dass man bei der Lektüre das Auf und Ab der Gefühle aller Beteiligten an Hand ihrer Gedanken und Überlegungen gut nachvollziehen kann. Subtil und eindringlich erzählt er, wie es von allen Seiten ein Schweigen und Verschweigen gibt und wie alle Beteiligten von der Gesellschaft und von der Familie kontrolliert werden.
EGr

Ruth Shaw: Der Buchladen am Ende der Welt
In "Der Buchladen am Ende der Welt" nimmt uns Ruth Shaw mit auf eine Reise nach Neuseeland, wo die Autorin selbst zwei kleine Buchläden an der abgeschiedenen Küste betreibt. Shaw erzählt von ihrem bewegten Leben voller Höhen und Tiefen – von Reisen und Verlusten, aber auch von der tiefen Verbundenheit zur Literatur und der Kraft, die sie ihr gibt. Der Buchladen wird für Shaw zum Ort der Begegnung, des Trosts und der Geschichten, die nicht nur aus den Büchern kommen, sondern auch von den Menschen, die in ihren Laden eintreten.
Das Buch ist ein zauberhaftes Memoir über Mut, Trauerbewältigung und die Magie der Literatur, die Trost und Gemeinschaft schafft. Shaws Erzählweise ist ehrlich, berührend und mit einer Prise Humor durchzogen, die das Lesen besonders angenehm macht. "Der Buchladen am Ende der Welt" ist eine Empfehlung für alle, die in den Bann außergewöhnlicher Lebensgeschichten gezogen werden möchten und daran glauben, dass Bücher Menschen auf wunderbare Weise zusammenbringen können.
MFo

Virginia Hartman: Tochter des Marschlands
Die amerikanische Autorin Virginia Hartman hat mit ihrem ersten Roman eine sehr spannende Geschichte geschrieben, die man in einem Rutsch durchlesen könnte.
Loni Mae Murrow wuchs in Florida auf. Ihr Vater hat in ihr die Liebe zur Natur geweckt und sie zeichnete schon immer sehr gerne. Nach dem angeblichen Suizid ihres Vaters verließ sie die Heimat und ging nach Washington, wo sie als Zeichnerin von Vögeln an einem renommierten Naturkundemuseum arbeitete. Mit ihrer Vergangenheit hat sie weitgehend abgeschlossen. Doch ihr Bruder und ihre Schwägerin bitten sie, in die Kleinstadt nach Florida zurückzukommen, da ihre Mutter an Demenz leidet, ins Seniorenheim aufgenommen wurde und viele Dinge geklärt werden müssen. Während dieser Zeit fallen Loni Mae im Bezug auf den Tod ihres Vaters immer mehr Ungereimtheiten auf. Die Bewohner des kleinen Ortes sind abweisend und sie bekommt sogar Drohungen, dass sie den Ort schnellstens wieder verlassen soll. Doch ihr Durchhaltevermögen ist größer.
EGr

Natasha Trethewey: Memorial drive - Erinnerungen einer Tochter
Die amerikanische Lyrikerin und Pulitzer-Preisträgerin ist Professorin für Englisch und Kreatives Schreiben. Ihr Vater wurde im ländlichen Nova Scotia groß, ihre Mutter war als Farbige im tiefen Süden aufgewachsen. Interrassische Ehen waren damals verfassungswidrig. Rassentrennung, Gewalt und Einschüchterungen waren in Mississippi alltägliche Gegebenheiten.
Doch richtig schwierig wurde es für Natasha erst, als ihre Mutter, die als Sozialarbeiterin tätig war, mit ihrem neuen Mann zusammenzog. Natashas Stiefvater war gewalttätig. Er ermordete ihre Mutter, als Natasha 19 Jahre alt war.
Dieses Buch besteht aus ihren schlimmen Erinnerungen, aus Polizeiberichten und Telefonaufzeichnungen. Die Autorin möchte über das Schreiben die Erinnerung an die geliebte Mutter bewahren.
EGr

Lena Raubaum: Ich hab da was für dich - Wortgeschenke und Gedankenstupser
Dieser neue Gedichtband von Lena Raubaum schließt sich nahtlos an das Buch "Mit Worten will ich dich umarmen" an. Die neuen Gedichte der österreichischen Autorin wurden wiederum von Katja Seifert illustriert.
Lena Raubaum macht sich über viele Themen Gedanken und fasst diese präzise und immer wieder überraschend in wundervolle treffende Gedichte und Sprachspiele um.
Wieder ist ihr ein schönes Buch gelungen, das sich auch hervorragend als Geschenk eignet.
EGr

Petra Pellini: Der Bademeister ohne Himmel
Man merkt dem Roman der Vorarlbergerin Autorin an, dass sie lange demenzkranke Menschen gepflegt hat. Mit viel Feingefühl erzählt sie von der 15jährigen Linda, die immer wieder an Selbstmord denkt. Doch durch die Freundschaft zum jüngeren Kevin und vor allem durch die Zeit, die sie mit Hubert, dem alten dementen ehemaligen Bademeister verbringt, wird sie von ihren trüben Gedanken abgelenkt. Die polnische Pflegerin, Hubert und Linda bilden ein funktionierendes Dreiergespann, das sich gegenseitig Halt gibt.
Die Autorin berichtet sehr sensibel und behutsam von diesen liebenswürdigen und ein bisschen schrägen Menschen. Traurige, skurrile und heitere Momente wechseln sich ab.
EGr

Lize Spit: Der ehrliche Finder
Dieser Roman der flämischen Autorin Lize Spit ist sowohl für Erwachsene als auch für Jugendliche sehr lesenswert.
Es geht um die Freundschaft zwischen den ungleichen Jungen Jimmy und Tristan. Jimmy hat es schwer mit seiner Familie und in seiner Klasse. Er ist ein sensibler Außenseiter und auch sein Vater ist nicht mehr für ihn da. Doch dann kommt Tristan aus dem Kosovo in seine Klasse, der mit seiner Familie nach Belgien geflohen ist. Die Kinder geben sich gegenseitig Halt und profitieren voneinander.
Nun soll die Familie abgeschoben werden, was für alle Beteiligten ein Drama darstellt. Und so schmieden die Kinder einen Plan, wie man die Abschiebung verhindern kann.
Sehr feinfühlig, menschlich und spannend schildert die Autorin die Ängste und Konflikte der jungen Menschen.
EGr

Ulrich Wickert: Wir haben die Macht
Der Journalist und Autor Ulrich Wickert hat hier ein Handbuch fürs Einmischen in Politik und Gesellschaft zusammengestellt, das auch viele interessante Beiträge von anderen Autoren enthält. Es ist vor allem für junge Menschen gedacht, ist aber auch für alle anderen sehr aufschlussreich. Optisch sehr ansprechend und abwechslungsreich enthält es Hintergrundwissen zum Thema Politik, Grundgesetz und Demokratie. Es geht um Gerechtigkeit, Toleranz, Respekt, Zivilcourage und nicht zuletzt um Natur und Umweltschutz. Es animiert dazu, sich in der Gesellschaft zu engagieren und politisch informiert und aktiv zu sein.
EGr

David Grossman: Frieden ist die einzige Option
David Grossman wurde 1954 in Jerusalem geboren und gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern der israelischen Gegenwartsliteratur. Er erhielt viele Preise, u.a. den Geschwister-Scholl-Preis, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und den Man-Booker-Preis.
In diesem schmalen aber sehr inhaltsreichen Band sind Reden und Essays aus den Jahren 2017 bis 2023 zusammengefasst. Grossman kritisiert den Konfrontationskurs der Regierung Netanjahu und ist ein vehementer Befürworter der Zwei-Staaten-Lösung.
Eine erhellende Feststellung: "Aus diesem Grund findet der echte Kampf heute nicht zwischen Arabern und Juden statt, sondern auf beiden Seiten zwischen jenen, die danach streben, in Frieden und in einer fairen Partnerschaft zusammenzuleben, und denen, die sich seelisch und ideologisch von Hass und Gewalt nähren".
Der Autor beleuchtet die Lage von allen Seiten und trägt so sehr intensiv zum Verstehen der verfahrenen Situation bei.
EGr

Sophie Astrabie: Helle Sommer
Billie wächst bei ihrem Großvater in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. Ihre Mutter starb bei einem Unfall; ihr Vater ist unbekannt. Billie ist eine Außenseiterin; doch eines Tages in den Sommerferien lernt sie Maxime aus Paris kennen, der ein paar Tage bei seiner Tante im gleichen Haus verbringt. Die beiden freunden sich an. Sie bedeuten sich sehr viel, doch ihre Wege trennen sich immer wieder. Sie schreiben sich Briefe und treffen sich sehr sporadisch. Maxime geht zum Studium nach Kanada. Billie arbeitet als Platzanweiserin und wird durch glückliche Fügungen Journalistin. Beide haben zeitweise eigene Partner. Können sie jemals zusammenkommen?
EGr

Jessie Greengrass: Und dann verschwand die Zeit
Die brititsche Autorin Jessie Greengrass hat Philosophie studiert und war bisher mit ihren Erzählungen erfolgreich. Dies ist nun ihr erster Roman. Er befasst sich mit dem Klimawandel und seinen dramatischen Folgen.
Die Eltern von Caro und ihrem kleinen Halbbruder Pauly sind bei einer Naturkatastrophe gestorben und die beiden Kinder sind nun auf sich gestellt. Paulys Mutter Francesca war Klimaexpertin und hat für den Notfall alles vorbereitet. Die Kinder fliehen nach High House am Rand eines kleinen englischen Küstenortes, wo von Francesca Vorräte angelegt wurden und alles Notwendige für viele Jahre eingelagert ist. Auch Sally und ihr Großvater leben dort. Die vier geben sich gegenseitig Halt und bilden eine kleine Notgemeinschaft inmitten der Apokalypse.
Der Roman wird immer wieder aus einem anderen Blickwinkel der beteiligten Personen erzählt. Sehr spannend und nachdenklich zugleich!
EGr

Freida McFadden: Wenn sie wüsste
Millie hat endlich einen Job als Hausmädchen gefunden, was schwierig war, denn sie wurde erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen. Ihre Vorgesetzte, Frau eines sehr reichen Mannes und ihr zunächst sehr zugetan, zeigt schon bald ihr wahres Gesicht. Millies Arbeitsalltag wird zur Tortur. Doch was hat es mit der kargen Dachkammer auf sich, in der sie hausen muss und deren Tür sich nur von außen verschließen lässt?
Die Handlung hält sehr überraschende Wendungen bereit und verspricht Spannung bis zur letzten Seite.
JKu

Arne Semsrott: Machtübernahme
Der freie Journalist, der auch das Recherche- und Transparenzportal FragDenStaat leitet, entwirft in diesem sehr aktuellen Titel ein Szenario, wie die AfD subversiv und sukzessive den Staat umbauen wird, wenn sie an die Macht kommt oder an der Regierung beteiligt wird. Er stützt sich auf ihr Parteiprogramm und Verlautbarungen der entsprechenden Politiker, zeigt auf, was bereits „in Arbeit“ ist, aber auch, was wir verhindern können, wenn wir alle unsere demokratischen Rechte nutzen! In Behörden, als Beamten, bei NGOs und auch in den vielfältigen demokratischen Initiativen in der Bevölkerung - überall ist Gegenwehr möglich! Sehr transparent, gut recherchiert und sehr Mut machend setzt dieses Buch der allgemeinen Ratlosigkeit und Ohnmacht eine wirksame Anleitung zum Widerstand entgegen, denn der wichtigste Leitsatz muss lauten: „Nie wieder!“
BGr

Ulf Kvensler: Der Ausflug
Anna ist von einer Wandertour aus dem Sarek in Nordschweden zurückgekehrt. Als einzige, denn sie waren zu viert. Sie ist schwer verletzt. Doch was geschah mit ihren Begleitern und wie kam es zu Annas Verletzungen?
Die Ereignisse werden nach und nach zutage gebracht und man will das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.
Das Ende könnte überraschender nicht sein.
JKu

Chris Whitaker: In den Farben des Dunkels
Der dreizehnjährige Joseph Macauley, genannt Patch, wird im Sommer 1975 entführt und fast ein Jahr lang in einem stockdunklen Raum festgehalten. Obwohl alle Menschen in seinem Umkreis die Hoffnung auf eine Rückkehr schon aufgegeben haben, hört seine beste Freundin Saint nicht auf, nach ihm zu suchen. Als Patch schließlich wiederauftaucht, erzählt er von Grace, einem Mädchen, welches mit ihm in dem Raum gefangen war und in der Dunkelheit mit ihren Worten Bilder von den schönsten Orten „gemalt“ hat. Die Polizei denkt Grace sei nur eine Einbildung, ausgelöst durch Patchs Trauma, denn es lassen sich keine Spuren von ihr finden. Doch Patch hört selbst Jahrzehnte später, als Erwachsener, nicht mit der Suche nach Grace auf.
So wie Grace in der Dunkelheit, schafft es Chris Whitaker, die Szenen in seinem Buch mit seinen Worten zu „malen“. Die etwa hundert letzten Seiten sind dabei so spannend wie ein Thriller, mit unerwarteten Wendungen, die die ganze Geschichte nochmal in ein neues Licht rücken.
VRe

Ulrich Hoffmann: 50 philosophische Erkenntnisse, die das Leben leichter machen
Ulrich Hoffmann ist Philosoph und Meditationslehrer. In diesem Buch stellt er 50 philosophische Erkenntnisse vor. Sehr eingängig schreibt er über dieses zum Teil uralte Wissen der Menschheit und überträgt es auf unsere Zeit. Seine Worte lesen sich sehr kurzweilig und gleichzeitig sind sie ein hilfreicher Leitfaden für die Lebenspraxis.
JKu

Stephan Schäfer: 25 letzte Sommer
Ein wunderbar leichtes Buch über eine sich anbahnende Freundschaft zwischen zwei Männern. Sie sind sehr unterschiedlich und lernen sich zufällig an einem See im Wald kennen. Der Ich-Erzähler befindet sich gerade für ein paar Tage in seinem Wochenendhaus. Er ist durch seinen Beruf sehr gestresst und sehnt sich nach Entspannung. Karl dagegen ist die Ruhe selbst. Freundlich und offenherzig wie er ist, finden die beiden schnell einen Draht zueinander und unterhalten sich über die wichtigen Dinge des Lebens. Den ganzen Tag über führen sie tiefgründige Gespräche.
Das Buch hat ein schönes Cover, Ist leicht und schnell zu lesen und zeigt, was ihm Leben wirklich wichtig ist. Eine entspannende Sommerlektüre.
EGr

Elke Heidenreich: Altern
Elke Heidenreich hat sich in diesem Buch viele Gedanken über das Altern und alles was damit zusammenhängt gemacht: Vergangenheit, Beziehungen, Freundschaften, Sterben, Tod, Zukunft...
Elke Heidenreich ist mittlerweile über 80 Jahre alt und blickt auf ein langes und intensives Leben zurück. Einiges bereut sie; für vieles ist sie dankbar.
Ihre eigenen Gedanken und Erfahrungen hat sie mit vielen Zitaten von anderen Autoren und Philosophen aus Vergangenheit und Gegenwart in Verbindung gebracht. So hat man nach dieser Lektüre eine Vielzahl von Anregungen bekommen, was man als nächstes lesen könnte.
Ein ehrliches, kluges und mutmachendes Buch, das zu einer gelassenen Lebenseinstellung anregt! Ideal zum Verschenken und Immerwiederlesen!
EGr

Caroline Wahl: Windstärke 17
Das Buch "22 Bahnen" von Caroline Wahl war und ist sehr erfolgreich. Dort ging es um die beiden Schwestern Tilda und Ida und ihre alkoholkranke Mutter. Tilda ist mittlerweile nach Hamburg gezogen und hat dort eine Familie gegründet. Die Mutter ist gestorben. Die jüngere Schwester Ida ist Studentin, kündigt die Wohnung und fährt mit dem Zug nach Norden. Sie hat keinen Plan für die Zukunft, ist relativ verzweifelt und hat kein Ziel vor Augen. Sie landet auf Rügen und lernt dort Knut und Marianne kennen. Marianne kümmert sich liebevoll um Ida. Doch auch sie wird schwer krank. Ida lebt in einer Achterbahn der Gefühle.
Auch mit ihrem zweiten Buch ist Caroline Wahl wieder ein ergreifendes Buch gelungen.
EGr

Velowende: für eine lebendige Stadt
Patrick Rérat ist Professor für Mobilitätsgeografie, Ursula Wyss ist Ökonomin und Stadtplanerin, Michael Liebi ist Diplomingenieur und Raum- und Verkehrsplaner, Christine Lehmann ist Stadträtin in Stuttgart: alle 4 Autoren beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Verkehrswende und städtische Verkehrspolitik. Die Niederlande und vor allem Amsterdam dienen als Vorbild für das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrs- und Transportmittel. Auch Paris, Freiburg und Bern sind Vorreiter bei diesem Thema. In den meisten anderen Städten in Deutschland und der Schweiz fehlt es bei den verantwortlichen Personen noch an der Erkenntnis, wie dringlich und effektiv die Umgestaltung der Infrastruktur wäre. Die Autoren stellen sehr ausführlich und kompetent dar, dass es zu lebenswerten städtischen Straßen und Quartieren führt, wenn die Belange von Fußgängern, von Radfahrern und von öffentlichen Verkehrsmitteln priorisiert werden.
EGr

Alena Schröder: Bei euch ist es immer so unheimlich still
Silvia lebt mit ihrer kleinen Tochter Hannah in Berlin in einer WG. Sie bricht in ihren schwäbischen Heimatort auf und lässt sich bei ihrer Mutter Evelyn nach sehr vielen Jahren wieder sehen. Nur langsam und mit vielen Schwierigkeiten nähern sich Mutter und Tochter wieder an. Diese Geschichte spielt im Jahr 1989.
Die Rückblenden gehen in die 1950er-Jahre. Das Arztehepaar Evelyn und Karl bekommen endlich das lang ersehnte Kind. Doch Evelyn ist unzufrieden, weil sie nicht mehr arbeiten kann und ihre Karriere auf Eis liegt. Als Hausfrau und Mutter fühlt sie sich nicht wohl und anerkannt. Die Tochter Hannah bekommt dies immer wieder zu spüren. Schließlich wird sie auf ein Internat abgeschoben.
Können die beiden unterschiedlichen Frauen nach vielen Jahren der Distanz nun die Hürden überwinden und sich wieder annähern?
EGr

Simone Naumann: Fotografie mit dem Smartphone
Nachdem immer mehr Menschen nur noch mit dem Smartphone fotografieren, ist ein gutes Buch dazu sehr hilfreich. Die Profifotografin Simone Naumann hat sich viel Mühe gegeben, ein sehr informatives, übersichtliches und alle Bereiche abdeckendes Buch zu diesem Thema zu veröffentlichen.
Von den technischen Grundlagen geht es über Landschaftsfotografie, Architekturfotografie, Schwarzweißfotografie u.v.a.m., weiter zur Bildbearbeitung und der Verwendung verschiedener Apps.
EGr

Christian Springer und Kerstin Schweiger: Bayerischer Mob - wie die Gewalt in die Politik einzog
Der Kabarettist Christian Springer und die Bauleiterin und Autorin Kerstin Schweiger lassen in diesem Buch zahlreiche Betroffene aus unterschiedlichen Bereichen zu Wort kommen, um die Verrohung der politischen Kultur zu dokumentieren und Antworten zu finden; so z.B. Teresa Reichl, Hans Well, Kriminalhauptkommissar Steffen Frühauf und einige andere. In geballter Form geht es um die zunehmenden Angriffe auf die Demokratie und Gewalt gegen Politiker.
Wie konnte sich der Unmut und die Hetze so extrem verstärken? Warum ist so viel Hass auf dem Vormarsch? Wie ist die Gewalt gegen Politiker entstanden? Wer ist dafür verantwortlich? Wo liegen die Ursachen?
Fazit: "Die Aufforderung an die Politik, sich sprachlich zu mäßigen, gilt nicht nur für ausgrenzende und verunglimpfende Aussagen, sondern genauso für halbwissenschaftliche Aussagen, die dann bei der ersten Nachprüfung in sich zusammenfallen. Mehr Achtsamkeit ist gefragt, denn einmal ausgesprochen, sind die verdrehten Wahrheiten nicht mehr aus dem Wörterbuch der Populisten zu tilgen."
EGr

Nicolas Lunabba: Bist du traurig, wenn ich sterbe
Der Sozialarbeiter und Basketballtrainer Nicolas Lunabba hat ein fesselndes und zu Herzen gehendes Buch über die Situation im schwedischen Malmö, insbesondere an sozialen Brennpunkten, geschrieben. Armut, Wut, Gewalt und Rassismus sind hier weit verbreitet.
Nicolas Lunabba lebt alleine und hatte es in seiner Kindheit und Jugend selbst sehr schwer. Nun kümmert er sich um Elijah, einen Jungen mit Migrationshintergrund und mit einer alkoholkranken Mutter. Elijah ist ein großes Basketballtalent, hat aber ein sehr geringes Selbstwertgefühl und liegt ständig auf der Lauer nach etwas, was gegen ihn gerichtet sein könnte. Trotz großer Bedenken, ob es gut gehen kann, nimmt er den Jungen bei sich auf. Sowohl finanziell als auch mental kümmert er sich um ihn, nimmt sich selbst zurück und versucht, Elijah in seiner Entwicklung zu begleiten und auf einen guten Weg zu führen.
EGr

Wilhelm Schmid: Den Tod überleben - vom Umgang mit dem Unfassbaren
Der Philosoph Wilhelm Schmid denkt - ausgelöst durch das Sterben seiner Frau - sehr intensiv über den Tod nach und schreibt seine Gedanken und Erfahrungen in einem kleinen Büchlein nieder. Da es sich um sein eigenes Erleben handelt, ist ein sehr persönliches Buch entstanden. Jedoch durchlaufen vermutlich die meisten Menschen ähnliche Phasen, wie sie der Autor beschreibt.
Er reflektiert weise und wohlüberlegt, emotional und trotzdem klar, verschiedene Aspekte dieses Themas. Seine Empfindungen können dem Leser in einer ähnlichen Situation eine Hilfestellung sein.
EGr

Robert Palfrader: Ein paar Leben später
Der österreichische Kabarettist und Schauspieler Robert Palfrader wurde in Wien geboren, aber sein Vater stammt aus St. Vigil in Südtirol. Dieser Debütroman handelt von seinen Südtiroler Vorfahren und von den Ladinern in den Dolomiten. Liebevoll beschreibt er in diesem fiktiven Roman das Leben seiner Urgroßeltern und Großeltern, das Leben von frommen Frauen und von Findelkindern, von schwierigen Verwandten und Dorfsonderlingen.
Was Wahrheit und was der Fantasie des Autors entsprungen ist, bleibt unklar. Er selbst schreibt dazu im Vorwort: "Aber nur ich, weiß, was wirklich passiert ist. Nur ich weiß, welch absurde Zufälle letztendlich zu meiner Existenz geführt haben."
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Von nahen Dingen und Menschen
Der Autor ist Professor für Literarisches Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. Er hat eine Vielzahl von Büchern veröffentlicht, die immer wieder einen Lesegenuss bedeuten. In seinem neuen Buch versammelt er kurze Texte der Jahre 2018 bis 2023.
Die unterschiedlichsten Anlässe, Geschehnisse und Erlebnisse bringen Ortheil täglich dazu, sich Gedanken darüber zu machen, sich mit seinen Mitmenschen auszutauschen und einen Text zu Papier zu bringen. Er findet treffende und schöne Formulierungen über verschiedenste Themen mit unterschiedlicher Relevanz. Am besten häppchenweise zu genießen!
EGr

Bella Osborne: So was wie Freunde
Der 16jährige Tom lebt alleine mit seinem alkoholkranken Vater zusammen. Seine Mutter ist schon vor vielen Jahren gestorben. Geld ist immer knapp. In der Schule ist Tom ein Außenseiter. Doch eines Tages kommt er nach dem Büchereibesuch einer älteren Dame zu Hilfe und die beiden freunden sich an. Sie sind sich gegenseitig eine große Stütze und sie versuchen, die drohende Schließung der Dorfbücherei zu verhindern. Die rüstige und patente Maggie lebt auf einer Schaffarm; Tom muss gerade für seine Prüfungen lernen. Beide ergänzen sich, helfen sich gegenseitig und vertreiben so ihre Einsamkeit. Ein netter, leicht zu lesender Roman, in dem die beiden Protagonisten abwechselnd zu Wort kommen.
EGr

Gabriele von Arnim: Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht
Im Kjona-Verlag ist in der inspirierenden Reihe "Briefe an die kommende Generation" dieses schmale Büchlein der Journalistin und Schriftstellerin Gabriele von Arnim erschienen. Ihren Enkeln und uns macht sie trotz der vielen Krisen Mut. Mit ihrem Brief verbreitet sie Optimismus und Zuversicht. Es gibt so viel Beängstigendes auf der Welt. Gerade deshalb ist es wichtig, informiert zu sein; jedoch sollte man versuchen, sich nicht von den Tatsachen entmutigen zu lassen, sondern das Leben engagiert zu gestalten. Nur so kann man den Herausforderungen unserer Zeit begegnen und trotzdem nicht den Mut und die Hoffnung verlieren.
Das Buch enthält viele kluge Gedanken, die einem dabei helfen, diese zuversichtliche Sichtweise einzunehmen. Wenn man es fertig gelesen hat, möchte man gleich nochmal von vorne beginnen.

Reinhold Beckmann: Aenne und ihre Brüder
Der Journalist, Filmemacher, Moderator und Musiker Reinhold Beckmann hat seiner Mutter Aenne ein liebevolles Denkmal gesetzt. Er schildert authentisch und lebensnah ihr schweres Leben in Wellingholzhausen in Niedersachsen. Ihre Mutter stirbt als Aenne 13 Monate alt ist, der Vater drei Jahre später. So wächst sie unter der strengen Obhut ihrer Stiefeltern auf. Im Krieg verliert sie vier ihrer Brüder. Aenne hat deren Feldpostbriefe gesammelt und sie – kurz vor ihrem Tod – ihrem Sohn Reinhold übergeben.
Daraus und aus den Erzählungen der Mutter sowie eigenen Recherchen entsteht diese "Geschichte meiner Mutter". Sehr fesselnd gelingt es dem Autor dieses private Familienschicksal mit vielen Informationen zum 2. Weltkrieg zu verknüpfen. Es ist eine differenzierte Darstellung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit, berührend und informativ!
EGr

Elizabeth Strout: Am Meer
Die Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Strout hat bereits mehrere Bücher über die erfolgreiche Schriftstellerin Lucy Barton und ihre Familie geschrieben. Lucy und ihr Ex-Ehemann sind mittlerweile fast 70, als die Corona-Pandemie beginnt. Der Parasitologe William ist ein sehr vorsichtiger Mensch und überredet Lucy New York zu verlassen. Er möchte aufs Land nach Maine ziehen, um der Pandemie besser entgegentreten zu können.
Lucy erzählt in diesem Buch von ihrem Leben, von ihrer ärmlichen Kindheit und ihrer ungeliebten Mutter, von ihren beiden Töchtern und von ihrem verstorbenen zweiten Ehemann.
Die Autorin thematisiert das Alltägliche. Sie wirft ein treffendes Bild auf die amerikanische Gesellschaft unter Trump und auch einen Blick auf die weniger privilegierten Menschen und die gesellschaftliche Spaltung.
EGr

Caroline Ring: Wanderer zwischen den Welten - Was Vögel in Städten erzählen
Caroline Ring ist Evolutionsbiologin und arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin. Nach ihrem Buch "Botschafter des Lebens - Was Bäume in Städten erzählen" gibt es jetzt ein ähnlich aufgemachtes Buch über Vögel. Die Autorin war ein Jahr lang in verschiedenen deutschen Großstädten unterwegs und hat die jeweils typischen Vogelarten beobachtet und studiert. Scheinbar bekannte Vogelarten werden genauer unter die Lupe genommen. Caroline Ring geht dem angepassten Leben der Vögel durch die Veränderungen im Lebensraum Stadt auf den Grund. Sie berichtet in verschiedenen Kapiteln u.a. über Berlin als Hauptstadt der Nachtigallen, über Amseln in Bamberg, über Schwäne in Hamburg und Spatzen in München.
Dieses Buch weckt auch beim Laien Interesse und Verständnis für die Vogelwelt und die Natur.
EGr

100 Texte für den Frieden
Die 100 Texte für den Frieden beinhalten eine große Vielfalt an verschiedenen Gedanken, Gedichten, Essays und Themen rund um Krieg und Frieden. Autoren, Lehrer, Journalisten, Künstler, Musiker und Schüler haben sich Gedanken gemacht und diese zu Papier gebracht.
Tom Störmer von der Edition Schaumburg, wo dieses Buch erschienen ist, schreibt: "Ich hatte bereits unmittelbar nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine das Gefühl, dass viele Menschen darüber reden wollen. Sie waren nicht damit einverstanden, was passiert. Wir wollten ihnen mit diesem Buch eine Plattform bieten und mit dem Erlös etwas für die Kinder in der Ukraine tun."
Sehr interessant ist auch der Text von Olaf Jaeger, Rechtsanwalt und Präsident des Saarländischen Anwaltvereins "Ein Recht auf Frieden? Frieden durch Recht?"
EGr

Helen Garner: Das Zimmer
Dieses Buch der Autorin Helen Garner aus Australien erzählt, wie sie 3 Wochen lang die ebenfalls 60jährige unheilbar krebskranke Freundin bei sich aufnimmt. Der Roman ist zuerst im Jahr 2008 erschienen und wurde nun neu aufgelegt.
Nicola lebt in Sidney; ihr geht es extrem schlecht. Sie ist abgemagert, hat keine Kraft mehr und möchte in Melbourne an einer neuartigen alternativen Behandlung in einem mysteriösen Institut teilnehmen. Sie klammert sich an die Hoffnung auf diese alternative Therapie. Helen ist da weitaus skeptischer. Sie sieht, wie Nicola finanziell und emotional ausgenutzt und unnötigerweise großen Schmerzen ausgesetzt wird. Sie kümmert sich rund um die Uhr intensiv um Nicola, doch fühlt sie sich zunehmend hilflos und überfordert. Sie ist voller Wut, weil sie weiß, dass die Schmerzen gelindert werden könnten, wenn Nicola sich von ernstzunehmenden Medizinern helfen lassen würde. Beide Frauen sind mit ihren Kräften am Ende, da Nicola lange nicht akzeptieren kann, dass sie bald sterben wird.
EGr

Jan Peter Bremer: Nach Hause kommen
Jan Peter Bremer wurde 1965 in Berlin geboren. In seinem autobiographischen Roman erzählt er von seiner Kindheit und Jugend. Sein Vater ist der sehr erfolgreiche Künstler Uwe Bremer. Die Familie zog ins Wendland, wo sie ziemliche Außenseiter waren; eine erfolgreiche und vermögende Familie der 68er-Generation. Jan Peter Bremer war schüchtern und hatte es in der Schule und im Dorf sehr schwer, zurecht zu kommen. Er wurde von seinen Mitschülern gemobbt. Erst langsam gelingt es ihm, Freundschaften zu schließen und in der Schule erfolgreicher zu sein. Auch sein Weg hin zur Literatur beginnt sich langsam zu entwickeln.
EGr

Michael Ebert: Nicht von dieser Welt
Michael Ebert ist Chefredakteur vom SZ-Magazin. "Nicht von dieser Welt" ist sein erster Roman. Der 13jährige Mischa lebt zusammen mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung im Krankenhaus einer Kleinstadt im Schwarzwald. Seine Mutter arbeitet dort als Krankenschwester auf der Intensivstation. Sein spielsüchtiger Vater hat sich umgebracht. Immer gab es Geldsorgen. Doch dann lernt Mischa bei einem Schüleraustausch die 17jährige Sola aus Belgien kennen. Die beiden verbindet die Tatsache, dass Tote mit ihnen in Kontakt treten. Sola nimmt Mischa mit auf eine aufregende Fahrt in die ehemalige DDR, wo sie einen Schatz finden möchte.
EGr

Milena Michiko Flašar: Oben Erde, unten Himmel
Die Autorin Milena Michiko Flašar ist in Österreich geboren. Sie hat einen österreichischen Vater und eine japanische Mutter. So spielt auch ihr neuer Roman wieder in Japan, in einer Großstadt, in der es sehr viele einsame Menschen gibt.
Herr Sakai sucht für seine Reinigungsfirma, die Wohnungen von vereinsamten Verstorbenen entrümpelt und reinigt, neues Personal. Suzu, die gerade ihre Arbeit verloren hat, bewirbt sich und wird engagiert. Sie lebt alleine mit ihrem Hamster und pflegt keinerlei Freundschaften. Sie muss sich erst an die neue Arbeit gewöhnen, doch die kleine Mitarbeitergruppe wächst schnell zusammen und Suzu fühlt sich nicht mehr so alleine und ihr Leben wird zufriedener. Sie lernt unterschiedliche Menschen kennen, die sich gegenseitig respektieren und Verantwortung füreinander empfinden.
EGr

Elke Naters: Alles ist gut, bis es das dann nicht mehr ist - über das Leben, die Liebe und das Sterben
Die Autorin Elke Naters lebte 27 Jahre lang mit ihrem Mann Sven Lager zusammen. Sie haben zwei Kinder groß gezogen und gemeinsam Bücher geschrieben. Sven Lager starb 2021 an Krebs. Elke Naters versucht die Zeit nach seinem Tod schreibend zu bewältigen und aus der Trauer herauszufinden.
Sie stellt fest: "Trauer ist kein solider Zustand, der durchgängig anhält, sondern sie kommt in Wellen mit vielen unterschiedlichen Gefühlen, die nicht alle negativ sind, sondern auch positiv sein können."
Ein intensives, ehrliches und berührendes Buch!
EGr

Mikki Brammer: Dieses schöne Leben
Clovers Eltern sind früh bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. So wuchs Clover bei ihrem Großvater in New York auf. Er kümmerte sich fürsorglich um seine Enkeltochter. Doch eines Tages starb auch er.
Die 36jährige Clover arbeitet als Sterbebegleiterin; in ihrem Privatleben ist sie jedoch sehr menschenscheu und ist nur mit ihrem alten Nachbar Leo befreundet. Sie spielen einmal pro Woche Mah-Jongg.
Als die neue Nachbarin Sylvie einzieht und Clover zeitgleich als Sterbebegleiterin für Claudia engagiert wird, hat sie plötzlich gleich zwei Menschen, mit denen sich eine Freundschaft entwickelt.
Trotz des ernsten Themas ein leicht zu lesender und schöner Schmöker, den man nicht aus der Hand legen kann.
EGr

Madeleine Becker: Hin & weg
Madeleine Beckers erstes Buch "Erstmal für immer - vom Hörsaal in den Kuhstall" drehte sich um ihre erste Zeit auf dem Bauernhof in Mörtschach auf der Südseite des Großglockners in Kärnten. Auch auf Instagram ist Madeleine Becker sehr präsent.
In diesem neuen Buch erzählt sie unter dem Motto "zwischen Kühen, Krisen und Kohlrabi", wie die Schwierigkeiten immer mehr werden. Harte Arbeit und immer mehr Differenzen mit der Familie von ihrem Freund Lukas bringen sie selbst und auch das Paar an ihre Grenzen. Das größte Problem ist wohl, dass die Themen innerfamiliär nicht geklärt werden und so eine sinnvolle Zukunftsplanung nicht möglich ist. Doch den Beiden gelingt es, für sich eine Lösung zu finden.
EGr

Lonely Planets Guide to Life - Lebensweisheiten aus 86 Ländern
Der Verlag "Lonely Planet" ist für seine vielseitigen Reiseführer für Individualreisende bekannt. Dieser "Guide to Life" nimmt uns auf eine besondere Weltreise mit und bringt uns die Glücksformeln der verschiedenen Länder und Menschen nahe. Das Buch weitet den Blick für fremde Kulturen und Traditionen. Es birgt viele Ideen für ein glückliches und erfülltes Leben und macht mit seinen vielseitigen Fotos Lust darauf, die Welt und andere Völker zu erkunden.
EGr

Ernest van der Kwast: Der perfekte Mann
Der niederländisch-indische Autor und Journalist wurde 2010 mit seinem Roman "Mama Tandoori" bekannt. Auch sein Roman "Fünf Viertelstunden bis zum Meer" ist absolut lesenswert.
Sein neuestes Buch dreht sich um eine Familie, die dabei ist, sich auseinanderzuleben. Der weltfremde Kunsthistoriker Peter Lindke wohnt zusammen mit seiner Frau Kee und den beiden Kindern und vergisst eines Tages seine Frau am Parkplatz. Peter arbeitet als Konservator in einem Museum und trifft eine denkwürdige fachliche Entscheidung, die sein berufliches Leben und somit auch sein privates Leben aus den Fugen geraten lässt. Er verliert seine Arbeit. Doch erst durch diesen Schicksalsschlag entdeckt er ganz neue Seiten an sich selbst. Er lernt seine eigene Putzfrau kennen, hilft ihr, ihre Schulden abzubauen und weitere Probleme zu lösen. Immer mehr engagiert er sich sozial und findet so einen neuen Sinn im Leben.
EGr

Michael Kronawitter: Ikarus stürzt - Mein Tumor, meine Filme und mein neues Leben auf Zeit
Michael Kronawitter, Jahrgang 1962, ist Diplomtheologe, Journalist und Filmemacher mit seiner eigenen Firma Ikarus-Film. Er bekam die Diagnose Gehirntumor. Von einem Tag auf den anderen ist alles anders. Er bekommt sehr schnell einen OP-Termin. Die OP gelingt, allerdings ist das Erinnerungsvermögen und vor allem auch die Sehkraft stark eingeschränkt.
Ans Filmemachen ist nicht zu denken, dafür reift in ihm der Wunsch, seine Situation, seine Gefühle und Gedanken in Worte zu fassen und ein Buch zu schreiben. Seine Frau und seine Kinder sind ihm eine große Stütze. Er gelingt ihm - auch zusammen mit guten Freunden - Kraft zu schöpfen und die positiven Dinge in seinem Leben zu sehen.
EGr

David Michie: Instant Karma
Eine Lebensmittelvergiftungswelle geht durch die USA - die Symptome treten immer dann auf, wenn Menschen in Fast-Food-Ketten gegessen haben. Aber: es lassen sich keine Krankheitserreger finden. Eine Angestellte spendet einem Obdachlosen etwas Geld. Kurz darauf wird sie Hauptgewinnerin einer Reise. Lama Tashi hat eine überraschende Erklärung: Karma, das sofort wirkt. In diesem sehr lebendigen, humorvollen Roman greift David Michie die Frage auf: was wäre, wenn wir mit den direkten Folgen unserer Handlungen leben müssten? Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und eine Vision entwirft, was alles möglich wäre, wenn der Mensch sich auf das Wohlergehen aller konzentrieren würde.
BGr

Zukunftsbilder 2045 - Eine Reise in die Welt von morgen
Im oekom-Verlag ist ein Buch der Reinventing Society erschienen, das 17 Städte unterschiedlicher Größe vorstellt, wie sie im Jahr 2045 sein könnten. Gemeinsam mit Stadtverwaltungen und Architekturgrafikern sind fotorealistische Abbildungen einer positiven Stadtentwicklung entstanden.
Reinventing Society ist ein gemeinnütziger und unabhängiger Think Tank, der Ende 2020 gegründet wurde. Das Team entwickelt mit Begeisterung positive Zukunftsvisionen, begleitet Veränderungsprozesse und vermittelt Zukunftskompetenzen. Menschen sollen in eine regenerative Gesellschaft begleitet werden. Das Buch Zukunftsbilder 2045 ist eine Zeitreise in die Zukunft, jedoch existieren viele der Innovationen und Lösungen bereits jetzt. Ein sehr empfehlenswertes und hoffnungsvolles Buch.
EGr

John Ironmonger: Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Der Zoologe, Informatiker und Schriftsteller John Ironmonger hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Auch in diesem Buch dreht sich die Handlung wieder um Klima- und Umweltthemen und um die verheerenden Folgen für die Tierwelt und die Menschheit.
In dem kleinen Ort St. Piran an der Küste Cornwalls treffen Tom Horsmith und der örtliche Parlamentsabgeordnete Monty Causley zufällig aufeinander. Tom ist Student der Geowissenschaften, setzt sich für die Umwelt ein, ist jung und ungestüm. Er provoziert Monty Causley, der sehr ehrgeizig ist, unbedingt Karriere machen will und den Klimawandel leugnet. Die beiden beginnen einen Streit an dessen Ende eine Wette steht, die die beiden ein Leben lang begleiten wird. Wieder sehr spannend geschrieben!
EGr

Katty Salié: Das andere Gesicht - Depressionen im Rampenlicht
Die Medienwissenschaftlerin, Journalistin und Moderatorin Katty Salié hat sich viele Gedanken zum Thema Depression gemacht. Da sie selbst betroffen ist, stellt sie ihren Interviewpartnern die richtigen Fragen und führt gute Gespräche. Sie kontaktiert bekannte Persönlichkeiten, wie z.B. Ronja von Rönne, Sabine Magnet, Atze Schröder, Till Raether, Torsten Sträter, Teresa Enke und Gesine Schwan und tauscht sich mit ihnen aus. Katty Salié geht den verschiedenen Arten von Depression und den verschiedenen Möglichkeiten zu lernen damit umzugehen auf den Grund.
EGr

Anne Prettin: Der Ruf des Eisvogels
Wer mal wieder einen richtig schönen und gefühlvollen Schmöker lesen möchte, liegt mit diesem Buch sicher richtig.
Es geht um drei Generationen von Frauen: Olga, Becki und Sara. Olga war immer für ihre Mitmenschen da und hat geholfen, wo sie nur konnte. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt, ihr Vater ist daran fast zerbrochen. Der wichtigste Mensch in ihrem Leben war immer ihr Großvater. Olga wuchs in einer Ärztefamilie auf und hat auch schnell viel in diesem Bereich gelernt. Sie ist eine starke Frau, die die Kriegszeit und auch die Folgejahre mit vielen Schwierigkeiten und Hürden gemeistert hat. Erst nach dem Krieg gelang es ihr dann doch noch, Medizin zu studieren.
Tochter und Enkelin laden Olga an ihrem Geburtstag in ihre alte Heimat in der Uckermark ein. Dies löst eine Menge an Erinnerungen aus.
EGr

Johann Rottmeir: Redt er Bairisch oder is er a Breiß?
Der Autor Johann Rottmeir geht auf die Verflechtungen des Bairischen mit einigen anderen Sprachen ein - insbesondere Latein und Französisch, aber auch Hebräisch, Jiddisch, Tschechisch, Italienisch, Griechisch und Arabisch.
In diesem Buch kann man sich verlieren. Man stößt auf viele aufschlussreiche Erklärungen und auf so schöne Wörter wie Bagaasch, Schlamassl oder muattersejnalloa. Die Ursprünge werden erklärt und viele andere interessante Fakten zur bairischen Sprache.
EGr

Robbert Welagen: Antoinette
Ein ruhiger und kurzer Roman, den man in einem Rutsch durchlesen kann. Ein niederländischer Mann verbringt viele Stunden in einem Budapester Thermalbad, wo er vor sieben Jahren das erste Rendezvous mit seiner zukünftigen Frau hatte. Die Beiden sind zurück in die Niederlande gegangen und haben geheiratet. Doch im Lauf der Zeit ist ihnen die Liebe abhanden gekommen. Ihr Kinderwunsch erfüllte sich nicht; daran zerbrach die Ehe.
Beim Schwimmen, während der Massage und im Restaurant lässt er die Vergangenheit Revue passieren und erinnert sich an die gemeinsame Zeit mit Antoinette.
EGr

Rainer Moritz: Das Buch zum Buch
Der Autor und Leiter des Hamburger Literaturhauses Rainer Moritz lässt uns unter dem Motto "Ein Blick hinter die Kulissen" an den vielen Facetten des Literaturbetriebes teilhaben. Sehr nett, wenn er sich selbst eine Oberlehrerneigung attestiert und über die Verwendung des Bindestrichs nachdenkt. Natürlich darf auch das Thema "Gendern" nicht fehlen. Genauso philosophiert er über Kochbücher und über Regionalkrimis (Das Grauen hat einen Namen). In der Sauna macht er sich Gedanken über die dortigen Lektüregewohnheiten und er stellt fest, dass selbst die Titel der Bücher Moden unterliegen. Ein sehr vielseitiges Buch über den Literaturbetrieb.
EGr

Ben Aitken: The marmalade diaries - ein junger Mann, eine alte Frau und das Geheimnis von Orangenmarmelade
Der Autor und Journalist Ben Aitken zieht Anfang 2020 in London zu einer verwitweten alten Dame, die gegen kleine Hilfestellungen im Haushalt eine günstige Wohnung anbietet. Kurz danach wird während der Pandemie der erste Corona-Lockdown verhängt und die beiden unterschiedlichen Menschen sind mehr aufeinander angewiesen als beabsichtigt.
Die 85jährige Winnie ist sehr resolut, eigensinnig und hat oft auch eine recht ruppige Art. Sie hat im Leben viele Hürden gemeistert und hat viel Lebenserfahrung, die sie Ben mitgeben möchte. Ben gewöhnt sich mit der Zeit an die spezielle Art der alten Dame.
Dieses Buch berichtet tagebuchartig davon, wie sich die beiden so verschiedenen Menschen aneinander gewöhnen, so dass langsam eine Freundschaft entsteht.
EGr

Sylvain Tesson: Auf versunkenen Wegen
Nach einem Unfall mit schweren Verletzungen beschließt der Autor, seine Reha durch eine Wanderung einmal quer durch Frankreich zu ersetzen. Er sucht sich „versunkene Wege“ - alte Wege, die nur noch als kleiner schwarzer Strich auf der Landkarte zu finden sind. Seine Wanderung führt ihn durch unberührte Landstriche von der Provence durch das Zentralmassiv bis zum Mont Saint-Michel in der Normandie. Seine Reisebeschreibung ist eine wunderbare Mischung aus Landschaftsbeschreibung, philosophischen und humorvollen Betrachtungen in einer manchmal fast poetischen Sprache – und gleichzeitig ein Zurückfinden zu sich selbst.
Das Buch ist die Vorlage zum Film „Auf dem Weg“, der 2023 in die Kinos kam. Absolut empfehlenswert!
BGr

Ilona Jerger: Lorenz
Die Germanistin und Politologin Ilona Jerger war lange Chefredakteurin der Zeitschrift "natur". Die Journalisten hat schon einmal einen Roman veröffentlicht. In "Und Marx stand still in Darwins Garten" wagt sie das Gedankenspiel "Stellen Sie sich vor, Charles Darwin und Karl Marx hätten sich getroffen."
Nun geht es um den Verhaltensforscher und Tierpsychologen Konrad Lorenz und um einige seiner bekannten Zeitgenossen.
Konrad Lorenz beschäftigte sich schon als Kind intensiv mit Vögeln. Nur seinem Vater zuliebe studierte er Medizin, verlegte seine berufliche Laufbahn aber dann doch wieder zu seinem eigentlichen Interessengebiet und baute eine zoologische Forschungsstation auf. In Deutschland hatte er eine Professur für vergleichende Psychologie inne. Seine Rolle im Nationalsozialismus wird ausführlich thematisiert, genauso wie die Zeit der Kriegsgefangenschaft.
Interessant auch der Hinweis auf die UNESCO-Erklärung von Sevilla aus dem Jahr 1986 Gewalt ist kein Naturgesetz.
EGr

Carolina Amell: Abenteurerin - Starke Frauen und ihr Outdoor-Leben
Carolina Amell nimmt den Leser in diesem Bildband in die faszinierende Welt von 20 abenteuerlustigen Frauen aus verschiedenen Teilen der Welt mit. Emotionale Geschichten und inspirierende Fotos berichten vom Leben mutiger und außergewöhnlicher Frauen und von ihrer Liebe zum Abenteuer, zur Eigenständigkeit und zur Natur. Die Herausforderungen und die Stärke und Entschlossenheit der Frauen wird durch eindrucksvolle Bilder und Texte lebendig. Es geht um Alleinreisende, Überlebenskünstlerinnen, um Expeditionsreisende, Weltenbummlerinnen und viele andere mehr.
EGr

Alexander Tempel: Glücksumwege
Der Fotograf und Filmemacher Alexander Tempel geht ganz in seinen Projekten auf. Unter dem Motto "Vom Suchen und Finden des Glücks" liebt er es, mit seinen Foto- und Filmreportagen Momente und Emotionen mit der Kamera einzufangen und damit eine Geschichte zu erzählen. Durch seine Arbeit lernt er auf der ganzen Welt tolle Menschen kennen. Diese kulturelle Bereicherung in seinem Leben ist für ihn sehr motivierend. Dies merkt man diesem Buch, in dem es um Lebensgeschichten in den Bergen geht, an und die Begeisterung über die vielen verschiedenen Lebensläufe überträgt sich auf den Leser.
EGr

Michiko Aoyama: Frau Komachi empfiehlt ein Buch
Sayuri Komachi arbeitet als Bibliothekarin in einer kleinen Gemeindebibliothek in Tokio. In den fünf durch die Bibliothekarin miteinander verbundenen Geschichten, blickt man in das Leben von fünf Menschen, die auf der Suche nach dem richtigen Platz im Leben sind. Sie sind mit ihrer privaten Situation oder mit ihrer beruflichen Entwicklung unzufrieden. Die Bibliothekarin hilft ihnen mit ihrer Sensibilität, mit einer jeweils speziellen Buchempfehlung und einer selbstgemachten Filzfigur auf die Sprünge. Durch ihren respektvollen Umgang mit den Menschen stößt sie einen Denkprozess an und macht den Menschen Mut, zu sich selbst zu finden.
EGr

Konstantin Wecker: Wir werden weiter träumen - Poesie für eine bessere Welt
Der Sänger, Komponist und Autor Konstantin Wecker engagiert sich seit Jahrzehnten für Zivilcourage, Pazifismus und Antifaschismus. In seinem neuen Buch hat er verschiedene neuere und ältere Texte zu diesen Themen zusammengestellt und mit einem Vorwort und einem Nachwort in Form zweier Manifeste eingerahmt. Konstantin Wecker möchte mit seiner Arbeit und seinen Texten und Liedern sich selbst und die Menschen ermutigen, zur eigenen Meinung zu stehen und sich von keinen Ideologien vereinnahmen zu lassen.
EGr

Clara Louise: Schon immer genug
Clara Louise ist Sängerin und verbindet ihre Musik jedoch auch mit Poesie. Bei beidem und in ihrem Leben möchte sie vor allem immer authentisch sein, da es so am besten gelingt, dass sich Menschen miteinander verbunden fühlen. Ihre Texte, Gedichte und Aphorismen drehen sich um die Themen Selbstliebe, Achtsamkeit, Liebe, Trauer und Depression. Mit allem setzt sie sich auf ehrliche Art und Weise auseinander und nimmt den Leser mit in ihre Gedankenwelt.
EGr

Sabine Bode: Geschwister im Gegenlicht
Die Journalistin und Autorin Sabine Bode wurde vor allem durch ihre Sachbücher "Nachkriegskinder" und "Kriegsenkel" bekannt. Nun hat sie das Thema in einem Roman verarbeitet.
In "Geschwister im Gegenlicht" geht es um die Geschwister Sonja und Rolf, um Rolfs Tochter Nina und natürlich vor allem auch um die beiden Eltern. Der Vater ist bereits gestorben, die Mutter lebt noch. Sonja hat seit 30 Jahren den Kontakt mit ihrer Mutter abgebrochen; auch zu ihrem Bruder hat sie keinen Draht. Sonja hat als Lehrerin gearbeitet und möchte nun längere Zeit in einer Ferienwohnung an der Ostsee verbringen. Doch dann tritt ihr Bruder wieder in ihr Leben. Er hat psychische Probleme. Da sich Sonja mit der Nichte Nina so gut versteht, gelingt es auch den Geschwistern, sich wieder anzunähern und gemeinsam ihre Familiengeschichte zu erkunden und die Vergangenheit ihrer Eltern zu ergründen.
EGr

Margret Greiner: "Mutig und stark alles erwarten" - Elisabeth Erdmann-Macke. Leben für die Kunst
Margret Greiner hat eine sehr aufschlussreiche und spannend zu lesende Biographie über Elisabeth Erdmann-Macke geschrieben. Sie war die Frau von August Macke. Die beiden waren sehr glücklich, aber es wurde ihnen nicht viel gemeinsame Zeit geschenkt. August Macke wurde eingezogen und starb bereits im ersten Kriegsmonat im Jahr 1914.
Elisabeth blieb mit den beiden kleinen Söhnen Walter und Wolfang zurück. Später heiratete sie Lothar Erdmann und es kamen drei weitere Kinder zur Welt. Elisabeth hatte vor allem im zweiten Weltkrieg ein sehr hartes entbehrungsreiches Leben. Sie kümmerte sich um den Nachlass August Mackes und rettete große Teile über den Krieg. Nach dem Krieg fand sie Geborgenheit in der Familie, bei Enkelkindern und Urenkeln.
EGr

Dmitrij Kapitelman: Eine Formalie in Kiew
Der Autor Dmitrij Kapitelman ist Sohn ukrainischer Einwanderer. Zu seinen auch in Sachsen lebenden Eltern, die unter den unerfüllten Träumen leiden, hat er kein gutes Verhältnis. Nach 25 Jahren in Deutschland beschließt er, endlich die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Doch das ist dank mehrerer bürokratischer Hürden auf beiden Seiten nicht so einfach. Wegen der in Deutschland notwendigen beglaubigten Kopie seiner Geburtsurkunde muss er extra nach Kiew reisen. Dort wird er mit seiner Kindheit und mit ukrainischen Gepflogenheiten konfrontiert. Als ihm dann noch sein zunehmend dementer Vater nachreist, weil er nicht richtig versichert ist und sich deshalb in der Ukraine behandeln lassen möchte, gerät die Situation fast aus dem Ruder. Doch ist diese Reise auch eine Chance der Annäherung und besserem Verständnis zwischen Eltern und Sohn.
EGr

Tobias Schlegl: Strom
Der Notfallsanitäter Tobias Schlegl hat nach "Schockraum" wieder ein Buch geschrieben, das sich im Umfeld des Klinikalltags bewegt. Nora macht eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin. Sie wird ungewollt schwanger und ist im Zwiespalt, wie sie mit dieser Situation umgehen soll. Ihre Mutter erleidet einen Schlaganfall. Probleme über Probleme! Und dann gibt es da noch die Kollegen Frank und Diddy. Einer sehr unsympathisch und verschlagen, der andere sehr sympathisch, hilfsbereit und offen. Ein spannendes sehr fesselndes Buch, das die Themen Pflege, Demenz, Sterben, Überlastung des Klinikpersonals u.ä. umfasst.
EGr

Kerstin Ekman: Wolfslichter
Kerstin Ekman ist eine der wichtigsten schwedischen Autorinnen. In ihrem neuesten Roman erzählt sie vom pensionierten Förster und Jäger Ulf, von seiner liebevollen Frau Inga und von ihrem gemeinsamen respektvollen Leben in den schwedischen Wäldern. Ulf ist nicht mehr der Jüngste und hadert mit seinem Älterwerden. Eine Begegnung mit einem Wolf und die anschließenden Erlebnisse lassen ihn viel und selbstkritisch über sein bisheriges Leben und sein bisheriges Verhalten nachdenken. Auch denkt er viel über seine jüngeren Kollegen in der Jagdgenossenschaft nach, über das Töten der Tiere und über das Verhältnis des Menschen zur Natur.
EGr

Amarylis de Gryse: Der berühmte Tiefpunkt
Die flämische Autorin Amarylis de Gryse erzählt vom Leben von Marieke. Marieke ist Ende 20, lebt gerade in einem gemieteten Auto, weil ihr langjähriger Freund sie aus dem Haus geworfen und das Konto gesperrt hat. Sie arbeitet in einem Pflegeheim, das vom Besitzer recht vernachlässigt wird. Über alles legt sich die unerträgliche sommerliche Hitze.
An ihrem Tiefpunkt angekommen, berichtet sie von ihrer Mutter, von ihrem Vater, der sie früh verlassen hat und den sie eigentlich gar nicht kennt. Schon immer sind in ihrem Leben die Dinge einfach passiert. Marieke hat vieles hingenommen und wehrt sich viel zu selten. Doch so langsam kommt sie an den Punkt, an dem sie erkennt, dass sie selbst etwas ändern muss. Marieke versucht zu lernen, dass sie sich aus alten Strukturen befreien muss.
EGr

Helme Heine und Gisela von Radowitz: Im freien Fall
Helme Heine - berühmt vor allem durch seine Kinderbücher - hat zusammen mit Gisela von Radowitz einen Roman über Max und seine Familie geschrieben. Max reist nach Südafrika, wo er - zusammen mit seiner Familie - die schönsten drei Jahre seines Lebens verbracht hatte. Doch jetzt hat er geplant, Selbstmord zu begehen, so dass niemand ihn finden wird.
Sein ganzes Leben gleitet nochmal an ihm vorbei: Kindheit und Jugend im strengen Elternhaus, Studium in Paris, seine große Liebe Marie, die beiden Kinder und die großen Lebenslügen innerhalb seiner Familie, die ihn schlussendlich zur Verzweiflung und Ausweglosigkeit bringen.
EGr

Caroline Wahl: 22 Bahnen
Ein Buch, das einen schnell in seinen Bann zieht und nicht mehr loslässt. Tilda studiert Mathematik, weil Mathe ihr größtes Interesse ist und sie richtig gut darin ist. Gleichzeitig arbeitet sie im Supermarkt und muss sich um ihre alkoholkranke Mutter und um ihre kleine Schwester Ida kümmern. Beide - Tilda und ihre Schwester - sind Einzelgänger und beide schwimmen gerne. Das Schwimmbad ist ein Fluchtpunkt für sie, wo sie ihre Sorgen loslassen können. Auch Viktor, der Bruder ihres tödlich verunglückten Freundes, ist in diesen Tagen immer im Schwimmbad zu finden. Dann bekommt Tilda eine Promotionsstelle in Berlin angeboten und sie muss die richtigen Entscheidungen für alle Beteiligten treffen.
Dieser Debütroman ist stimmig und packend geschrieben und sehr zu empfehlen.
EGr

Louise Kennedy: Übertretung
Dies ist der erste Roman der irischen Autorin Louise Kennedy. Die Handlung ist in die politische Lage in Nordirland in den 1970er-Jahren eingebettet. Das Leben der jungen katholischen Grundschullehrerin Cushla Lavery ist stark von den Konflikten zwischen Katholiken und Protestanten geprägt. Gewalt ist in Belfast alltäglich. Cushlas Vater ist bereits gestorben. Sie lebt mit ihrer alkoholkranken Mutter Gina zusammen. Die Familie betreibt ein Pub in einer überwiegend protestantischen Vorstadt, um das sich hauptsächlich ihr Bruder Eamonn kümmert. Cushla hilft dort oft aus. Ein älterer protestantischer und verheirateter Anwalt verliebt sich dort in Cushla. In der Schule sorgt sie sich sehr um den kleinen Davy, der von den Mitschülern schikaniert wird. Sein Vater wird fast zu Tode geprügelt und so bekommt sie auch Kontakt zu dessen Familie. Ein Problem reiht sich an das andere.
Ein kleiner Tipp: am Ende des Buches sollte man den Prolog nochmal lesen, der - wie das Ende - im Jahr 2015 spielt.
EGr

Lenn Kudrjawizki: Familienbande - vom Leben, Lieben und Loslassen
Der Schauspieler und Musiker Lenn Kudrjawizki hadert mit seiner Kindheit und arbeitet diese oft sehr problematische Zeit in seinem Buch auf. Geboren wurde er in Leningrad, aber seine Eltern ziehen mit ihm und seinem Bruder nach Ostberlin. Er berichtet von seinen jüdischen Vorfahren, von der schwierigen Ehe seiner Eltern, vom Tod seines Vaters und von anderen einschneidenden Erlebnissen und Tiefpunkten. Jedoch hat er vor allem beim Film auch viele Höhepunkte erlebt und einschneidende Erfahrungen gemacht, für die er sehr dankbar ist. Er hat an der Hochschule für Musik Geige studiert; mehr oder weniger zufällig ist er in die Schauspielerei gerutscht und auf beiden Gebieten sehr erfolgreich.
Eine sehr persönliche und bewegende Biographie.
EGr

Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin: Völlig meschugge?!
Andreas Steinhöfel wurde durch eine Vielzahl sehr erfolgreicher Kinder- und Jugendbücher bekannt, wofür er auch viele Preise bekommen hat. Die Comic-Zeichnerin Melanie Garanin studierte Zeichentrickfilm und hat schon zahlreiche Kinder-und Jugendbücher illustriert.
Dies ist eine wunderbar gezeichnete Graphic Novel zum Thema Rassismus und Antisemitismus unter Jugendlichen. Auf eindrucksvolle Weise wird erzählt, wie schnell aus Vorurteilen Hetze und Gewalt entstehen können.
Benny, Hamid und Charly sind sehr unterschiedlich - genau das macht aber ihre Freundschaft aus. Sie schlagen sich gemeinsam durch den harten und oft verwirrenden Teenie-Alltag und sind unzertrennlich. Doch dann wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Plötzlich dreht sich alles nur noch darum, dass Juden und Araber sich angeblich hassen müssen. Charly steht auf einmal zwischen ihren besten Freunden und weiß nicht mehr, was sie tun soll.
EGr

Dr. Veronika Wolter: Ich höre dich
Dr. Veronika Wolter ist als Kind durch eine Hirnhautentzündung ertaubt. Sie hat sich mit vielen Schwierigkeiten und trotz viele Hürden durch Schule, Abitur, Studium und eine erfolgreiche berufliche Laufbahn gekämpft. Mittlerweile ist sie als Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Chefärztin der Helios Hörklinik in München.
Ihrem Buch hat sie dieses für sie sehr bezeichnende Zitat aus dem Buddhismus vorangestellt:
Der Schüler fragt den Meister: "Was tue ich, wenn ich geheilt bin und den Berg erklommen habe... Wie geht es dann weiter?
Der Meister antwortet: "Dann gehst Du wieder hinunter und hilfst anderen hinauf".
Ihre große Befürchtung ist, dass durch den heutigen Umwelt- und Freizeitlärm und durch das weit verbreitete Tragen von In-Ear-Kopfhörern mit dauerhaft lauter Musik, in Zukunft die gravierenden Hörschäden in immenser Zahl steigen werden. Sie möchte aufklären und aufrütteln. Ihr Motto "Hören ist der Weg zum Herzen eines Menschen".
EGr

Sandra Lüpkes: Das Licht im Rücken
Die Autorin Sandra Lüpkes wurde mit dem Roman "Die Schule am Meer" bekannt. Nun hat sie einen Roman über die Familie Leitz und über die Entwicklung der Kleinbildkamera Leica – vom ersten Schnappschuss 1914 in der hessischen Kleinstadt Wetzlar bis zu ihrer weltweiten Bedeutung während des Zweiten Weltkrieges - geschrieben. Sie hat fundiert recherchiert und erzählt die Firmengeschichte und das Leben der mit der Familie und der Firma verwobenen Personen über mehrere Generationen bis zum Ende des Krieges. Bei der Firma Leitz wurden hauptsächlich Mikroskope hergestellt. Die politische Situation spielt eine große Rolle, weil befreundete Juden von der Verfolgung bedroht sind und auch die drohende Enteignung und sonstige Repressalien ständig im Raum stehen.
EGr

Carsten Henn: Die Butterbrotbriefe
Carsten Henn hat wieder einen gefühlvollen Wohlfühlroman geschrieben. Es geht um Zufall und Schicksal, um Abschied und Neubeginn und natürlich auch um die Liebe.
Kati Waldstein möchte nach dem Tod ihrer sehr bestimmenden Mutter ihren Wohnort verlassen, weil sie hier nichts mehr hält. Zum Abschied schreibt sie allen Personen, die in ihrem Leben wichtig waren, Abschiedsbriefe und liest sie ihnen vor.
Doch bis zu ihrem endgültigen Abschied passiert noch sehr viel Emotionales und Anrührendes. So macht Kati die Bekanntschaft von Severin, der als Klavierstimmer gearbeitet hat, aber seit einiger Zeit auf der Straße lebt. Da sie Obdachlosen die Haare schneidet, lernt sie ihn kennen. Doch erst muss man mit dem alten Leben abschließen, Neues erkunden und sich selbst finden. Erst dann ist für sie ein Neuanfang möglich.
EGr

Birgit Mattausch: Bis wir Wald werden
Birgit Mattausch arbeitete 10 Jahre lang als Pfarrerin in Süddeutschland. Zu ihrer Gemeinde gehörten viele Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, mit denen sie in einem Hochhaus wohnte. In Russland waren sie Deutsche, in Deutschland sind sie die Russen.
Leise, poetisch und einfühlsam erzählt die Autorin von Babulya und ihrer Urenkelin Nanush. Die beiden sind zusammen aus Sibirien nach Deutschland ausgewandert und Babulya tut alles dafür, dass es Nanush einmal besser haben wird. Neben den Beiden leben im Hochhaus noch sehr viele Menschen. Zentrum und Herz des Hauses ist die Küche Babulyas. So lernt man auch weitere Bewohner aus anderen Ländern kennen. Die Bewohner sind wie eine Familie.
EGr

Angelika Overath: Unschärfen der Liebe
Der Roman ist die Fortsetzung von "Ein Winter in Istanbul". Er kann aber auch ohne dessen Kenntnis gelesen werden.
Baran ist der Sohn türkisch-griechischer Gastarbeiter, die in einer Düsseldorfer Gummifabrik am Fließband arbeiten. Er selbst arbeitet als Kellner in Istanbul. Es geht um seine Beziehung zum Schweizer Lehrer Clas, es geht um dessen ehemalige Freundin Alva und die Tochter Florinda.
Wir begleiten Baran auf seiner langen Zugreise zwischen Chur und Istanbul, wir begleiten ihn bei seinen Begegnungen, bei seinen Gedanken, Erinnerungen und Überlegungen. Während der 30 Stunden Reisezeit lässt er sein Leben, genauso wie die Landschaft und Geschichte, vorüberziehen.
Das Buch enthält so schöne Sätze, wie "Alva war nicht da. Auch wenn sie durch ihr Nicht-Dasein alles tönte".
EGr

Martin Ehrenhauser: Der Liebende
Für den Seelsorger Monsieur Haslinger, der bereits in Ruhestand ist und in Brüssel lebt, ist das Leben eine Aneinanderreihung ruhiger Tage. Er ist zufrieden und bezeichnet sich selbst als Gewohnheitstier.
Doch dann zieht Madame Janssen ins Nachbarhaus. Sie lebt intensiv, sie ist humorvoll, sie liebt und feiert das Leben und genau das scheint Monsieur Hansen gefehlt zu haben.
Seine Nähe, seine Genügsamkeit, seine Aufmerksamkeit und Bescheidenheit tun wiederum Madame Jannsen gut. Für ihn ist Glück ein Zusammenspiel von Liebe, Seelenstärke und innerem Frieden.
Ein schön zu lesender Roman über Liebe, Zölibat und Sterbehilfe.
EGr

Theres Essmann: Dünnes Eis
"Dünnes Eis" ist ein berührender Roman über die fast 100jährige Marietta. Sie lebt in einem Seniorenheim und lässt in Gedanken immer wieder ihr hartes Leben Revue passieren.
Auch durch den Besuch von Julia, einer Praktikantin der Lokalzeitung, die über Marietta berichten soll, kommen viele Erinnerungen wieder ans Tageslicht. Mit dem kleinen Jungen Enis aus der benachbarten Flüchtlingsunterkunft beginnt sie sich anzufreunden. Er erinnert sie an ihren eigenen kleinen Sohn Johann, der 1945 im Krieg schon als Kind gestorben ist.
EGr

Renate Döbrich und Franziska Wanger: Chronische Schmerzen - ein gutes Leben jetzt erst recht
Dieses Buch ist ein gemeinschaftliches Werk der Fachreferentin für Gesundheitstraining Renate Döbrich aus Rosenheim und der Trainerin und Referentin in der Erwachsenenbildung Franziska Wanger.
Dadurch, dass es aus der therapeutischen Sicht von Renate Döbrich und aus der Sicht der Schmerzpatientin Franziska Wanger geschrieben ist, ist ein sehr abwechslungsreiches Buch entstanden, das das Thema "Schmerz" von beiden Seiten beleuchtet.
Gliederung, Layout und Schriftbild sind sehr ansprechend, so dass die Lektüre sehr anregend und vielseitig ist. Fachinformationen und Erfahrungsberichte wechseln sich ab und ergänzen sich. Der Inhalt ist so vielfältig, dass es nicht nur Schmerzpatienten anspricht, sondern auch viele Anregungen und Ideen für alle anderen Patienten und Menschen bereithält. Das Buch enthält viele Anleitungen und Hilfen, um selbstbestimmt neue Wege zu gehen. Es ist wichtig, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, auf sich zu achten, Grenzen herauszufinden, neue Fähigkeiten zu entdecken und Dankbarkeit empfinden zu können, um das Leben eigenverantwortlich gestalten zu können.
EGr

Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert
So bunt wie das schöne Bild auf dem Einband des Buches ist auch der Inhalt. Die österreichische Autorin Teresa Präauer erzählt von der Einladung der Gastgeberin, die relativ neu in eine Wohnung in Wien gezogen ist, aber immer noch nicht die Umzugskisten ausgeräumt hat. Es gibt Crémant - viele Flaschen - und eine Quiche Lorraine; im Hintergrund läuft Jazzmusik. Die gut situierten bürgerlichen Gäste sprechen viel über Essen, regionale Küche, über Traumata, Kultur und Geschmack. Durch die exakte Beobachtungsgabe und die detaillierten Schilderungen liest sich das Buch sehr spannend und die ganze Zeit fragt man sich, ob wohl noch etwas passiert. Passiert noch etwas?
EGr

John Ironmonger: Das Jahr des Dugong - Eine Geschichte für unsere Zeit
Der Zoologe und Autor John Ironmonger hat wieder eine Geschichte geschrieben, die den Leser zum Nachdenken über die Vergänglichkeit und Bedrohung der Tierwelt und der Natur bringen soll.
Toby Markham stirbt bei einem Skiunfall, wird eingefroren und erwacht Jahrhunderte später in einer vollkommen anderen Welt. Die neue Gesellschaft geht mit den Ressourcen der Erde wesentlich sorgsamer um.
Toby Markham findet sich, als er wieder zu Bewusstsein kommt - als einziger "Überlebender" - in einem Gefängnis wieder. Um ihn sind nur fremde Menschen, die sich so ganz anders verhalten als die Menschen, die er von früher her gewohnt ist. Wird er wegen Massensterben der Tiere und wegen Umweltzerstörung schuldig gesprochen, muss er mit einem qualvollen und langsamen Tod rechnen. Irgendwann beschließt er, sich schuldig zu bekennen. Vielleicht gibt es so noch eine Wende in seinem Prozess.
EGr

Dennis Wells: Tagebuch einer Biene - faszinierende Einblicke in die Welt der Blütenstaubsammler
Der Soziologe und Regisseur Dennis Wells hat sich intensiv mit den Bienen beschäftigt. Auf Grund des Films Tagebuch einer Biene ist dann auch dieses überaus interessante Buch entstanden. Es begleitet die Bienen im Jahreslauf. Beeindruckende und detailreiche Fotos von Brian McClatchy stehen neben den informativen und gut zu lesenden Texten des Autors.
EGr

Shelley Read: So weit der Fluss uns trägt
Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann! Die 17jährige Victoria lebt nach dem Unfalltod ihrer Mutter und anderer Familienmitglieder alleine mit ihrem lieblosen Vater, Bruder und Onkel auf einer Pfirsichfarm in Colorado. Sie hat ein hartes Leben zwischen den Männern und ist für alles im Haushalt und auf dem Hof zuständig.
Zufällig begegnet sie einem Fremden; die beiden verlieben sich. Der junge Mann ist im Ort und in der Familie jedoch nicht erwünscht, so dass ihre Liebe geheim bleiben muss. Doch Victoria wird schwanger und so nehmen die tragischen Ereignisse ihren Lauf.
Spannend erzählt vom Anfang bis zum Ende. Die Handlung hätte gerne noch fortgesetzt werden können!
EGr

Antoine Laurain: Das Glück im Sternbild Zebra
Der französische Autor Antoine Laurain hat wieder einen klug konstruierten Roman geschrieben, der abwechselnd auf zwei Zeitebenen spielt.
1761 macht sich Guillaume Le Gentil, Astronom in der königlichen Akademie der Wissenschaften in Paris, auf den Weg zu einer beschwerlichen Seereise. Er reist bis Indien und möchte mit seinem Teleskop den Venustransit beobachten, der sehr selten zu sehen ist. Die Venus befindet sich dann exakt zwischen der Erde und der Sonne und er möchte die Entfernung zwischen Erde und Sonne berechnen.
Der geschiedene Immobilienmakler Xavier findet zufällig ebenjenes Teleskop in einer Wohnung in Paris. Er möchte damit mit seinem Sohn in die Sterne schauen und er erblickt zufällig eine Frau in einem Haus in der Nähe, in deren Zimmer ein Zebra zu sehen ist. Was hat es damit auf sich? Sehr unterhaltsam und spannend geschrieben!
EGr

Fabian Neidhardt: Nur ein paar Nächte
Ben lebt allein mit seiner 12jährigen Tochter Mia. Sein Leben wird auf den Kopf gestellt, als Mia sich eigenständig auf die Suche nach ihrer Mutter macht und plötzlich auch noch sein Vater vor der Tür steht, um für ein paar Nächte bei ihm unterzukommen. Ben ist gezwungen, sich den Fragen seiner Tochter und seiner eigenen Beziehungsgeschichte mit Orna zu stellen, die nie Mutter von Mia sein wollte. Gleichzeitig weckt der Besuch des Vaters Erinnerungen an seine eigene Kindheit, an Dinge, die in ihm offen geblieben sind und nie geklärt wurden.
Eine spannende Geschichte über unterschiedliche Lebensentwürfe, selbstbestimmte Beziehungsformen und Familie – gesellschaftspolitisch aktuell und unterhaltsam mit Tiefgang.
BGr

Alfred Bammesberger: Münchnerisch
Mit dem Untertitel "Eine bairische Mundart - für die, die's wirklich können wollen" hat der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Alfred Bammesberger ein äußerst ausführliches und interessantes Buch zum Münchner Dialekt geschrieben. Er ist in München geboren und hat als Linguist mit seinem neuen Buch seiner Heimatstadt einen wichtigen Dienst erwiesen. Immer weniger Menschen sprechen waschechtes Münchnerisch. Mit schier unendlich vielen Beispielen und Erklärungen kann man sich auf die Spur der Eigenheiten und Kuriositäten des Münchnerischen machen.
EGr

Monika Reitprecht: Den Titel hab ich leider vergessen ...aber es ist blau
Die Wiener Bibliothekarin Monika Reitprecht arbeitet seit 1999 bei den Büchereien der Stadt Wien. Seit 2009 betreut sie zusammen mit einer Kollegin den Facebook-Account. Ihr erstes Buch "Wo stehen hier die E-Books?" war bereits sehr erfolgreich. So folgt nun dieses zweite Buch. Es versammelt die skurrilsten Facebook-Beiträge, gibt einen humorvollen Einblick in den Alltag bibliothekarischer Arbeit und bringt einen immer wieder zum Schmunzeln.
Eine Kostprobe:
Verkäuferin in der Bäckerei: "Sie arbeiten da in der Bücherei, stimmt's?" - "Ja" - "Ich beneide Sie - den ganzen Tag lesen!" - "Und ich Sie erst - den ganzen Tag Schoko-Croissants essen."
EGr

Yung Pueblo: Nach innen
Der Autor Yung Pueblo wurde zuerst über Instagram bekannt und hat dort sehr viele Follower. Er wurde als Diego Perez in Ecuador geboren und kam schon als Kind in die USA. Er wuchs dann in Boston auf und studierte an der Privatuniversität "Wesleyan University".
Der Gedichtband ist in folgende Themen aufgeteilt: Abstand, Einheit, Zwischenspiel, Selbstliebe und Verstehen. In minimalistischen, ruhigen und poetischen sehr kurzen Texten fasst er seine Gedanken und Ideen in Worte. Es geht um innere Ruhe und Wachstum, Loslassen, Weisheit, Selbstbewusstsein und Persönlichkeitsentwicklung. Da sich die Gedanken in den kurzen Texten auch oft wiederholen, hat das Lesen dieses Buches etwas sehr Meditatives. - Man kann es immer wieder in die Hand nehmen und an irgendeiner Stelle aufschlagen und es ist auch wunderbar als Geschenk geeignet!
EGr

Joe Chialo: Der Kampf geht weiter
Mit dem Untertitel des Buches " Mein Leben zwischen zwei Welten" benennt Joe Chialo seine Zugehörigkeit zu Tansania und zu Deutschland, sein Leben zwischen Afrika und Europa. Er nennt sich selbst Afropäer. Er versucht, seine beiden Seelen zu einer zu machen.
Er wurde in Bonn geboren. Sein Vater wurde im diplomatischen Dienst nach Schweden versetzt. So kümmerte sich der befreundete Pater Oerders um ihn und seinen Bruder. Joe Chialo lebte in einem kirchlichen Internat und ging dort zur Schule. Eigentlich wollte er nach dem Abitur studieren - doch Pater Oerders riet ihm zu einer handwerklichen Ausbildung als Zerspanungsmechaniker. Seine Liebe zur Musik lies ihn schlussendlich zum Musikmanager werden. Seit April 2023 ist er in Berlin Senator für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
EGr

Constantin Schreiber: Glück im Unglück - wie ich trotz schlechter Nachrichten optimistisch bleibe
Constantin Schreiber moderiert seit Anfang 2021 die 20-Uhr-Nachrichten der Tagesschau. Für die Moderation der deutsch-arabischen Sendung "Marhaba – Ankommen in Deutschland" erhielt er 2016 den Grimme-Preis. 2019 gründete er die Deutsche Toleranzstiftung, mit der er sich für interkulturellen Austausch im In- und Ausland einsetzt. Er möchte einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen mit unterschiedlicher Meinung wieder mehr ins Gespräch kommen.
In seinem neuen Buch erklärt er, wie man bei den derzeitigen negativen Nachrichten nicht die Hoffnung und den Glauben an das Gute und ein positives Gefühl verliert. Er beschäftigt sich mit der Glücksforschung und teilt auch eigene Erfahrungen mit. So ist ein sehr persönliches Buch entstanden.
EGr

Renate Welsh: Ich ohne Worte
Die österreichische Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Renate Welsh ist bei uns vor allem mit ihren Geschichten vom Vamperl bekannt geworden und hat viele Preise erhalten, u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis.
Mit 84 Jahren erleidet sie in Italien einen Schlaganfall und berichtet in diesem Buch hautnah von dieser schweren Zeit. Renate Welsh kann anfangs nicht mehr kommunizieren, fühlt sich extrem ausgeliefert und muss erst lernen, mit den Umständen zurechtzukommen und Hilfe anzunehmen. Aufrichtig reflektiert sie, was ihr durch den Kopf geht und wie es ihr mühsam gelingt Fortschritte zu machen.
EGr

John von Düffel: Das Wenige und das Wesentliche
Der Philosoph und Schriftsteller John von Düffel ist Professor für Szenisches Schreiben an der Berliner Universität der Künste.
Er verbringt die Jahreswende in Ligurien und bricht am Morgen zu einer Wanderung auf. Das Stundenbuch zieht sich von fünf Uhr morgens bis zur achtzehnten Stunde am Abend, als er wieder in seine karge Behausung zurückkehrt. Beim Gehen kreisen seine Gedanken um die Themen, die ihm wichtig sind. Was braucht man für ein Leben, das für einen selbst und in der heutigen Zeit richtig ist? Was ist Wesentlich? Worauf kommt es an? Wie kann man die Fixierung auf das Konsumdenken überwinden? Dieses ist immer nur ein Schein-Glück. Wie kann man alles und sich selbst auf das Wesentliche reduzieren? Gehend und dann wieder schreibend sucht er nach Lösungen, bietet dem Leser viele Fragen, Ideen und Gedankenanstöße - klug, tiefgründig und poetisch. Das Buch gibt keine Antworten, aber es stellt die richtigen Fragen. Ein Buch zum Verschenken und Immer-wieder-lesen.
EGr

Clara Dupont-Monod: Brüderchen
Die französische Schriftstellerin Clara Dupont-Monod hat einen außergewöhnlichen Roman über eine außergewöhnliche Familie geschrieben. Was macht es mit einer Familie und mit den einzelnen Familienmitgliedern, wenn die Sorgen für ein stark behindertes Kind zu groß werden und sich über das ganze Leben legen? Am Ende sagt die Mutter zum Vater "Ein Versehrter, eine Aufmüpfige, ein Unangepasster und ein Zauberer. Das haben wir ganz gut hingekriegt, finde ich."
Sprachlich hervorragend und inhaltlich sehr zu Herzen gehend! Unbedingt lesen!
EGr

Frederick Kohner: Gidget - Mein Sommer in Malibu
Der Drehbuchautor Friedrich Kohner, emigrierte 1936 in die Vereinigten Staaten und nannte sich dann Frederick. Er schrieb Drehbücher und sein erster und erfolgreichster Roman "Gidget" erschien im Jahr 1957. Frederick Kohner erzählt darin die Erlebnisse seiner 15jährigen Tochter Kathy, die ihre Surfer-Freunde "Gidget" nannten. Das Buch wurde auch erfolgreich verfilmt.
Schon immer nehmen ihre Eltern Kathy mit an den Strand in Malibu, was sie als sehr langweilig empfand. Doch eines Tages lernt sie durch Zufall die Surfer kennen, die sich dort jeden Tag treffen. Sofort war sie fasziniert von der dortigen Atmosphäre, lernt das Surfen und verbringt einen erlebnisreichen Sommer.
EGr

Anne Catherine Bomann: Blautöne
Die Chemikerin Elisabeth Nordin verliert ihren fünfjährigen Sohn und leidet lange unter depressiven Trauerzuständen. Sie entwickelt ein Medikament gegen Trauer – aber ist es immer sinnvoll, uns dieses Gefühl zu ersparen? Kurz vor der Zulassung zeigt sich in der Studie einer Universität, dass auch andere Gefühle dabei verschwinden. Zwei Studentinnen erheben Einspruch und legen sich dadurch mit der Pharmaindustrie an. Eine spannende Geschichte um ein wichtiges Gefühl; die Frage, wann etwas pathologisch ist und wie weit wir bereit sind, für unsere Karriere zu gehen.
BGr

Anne Müller: Wer braucht schon Wunder
Ein schöner und leichter Sommerroman, der schnell gelesen ist. Lika lebt mit ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder in Schleswig-Holstein in Kappeln an der Schlei. Ihre Mutter ist vor ein paar Jahren bei einem Autounfall selbstverschuldet ums Leben gekommen. Lika hat ihr Abitur in der Tasche und möchte im Herbst in Erlangen oder München Theaterwissenschaften studieren. Ihre Freundinnen sind alle schon im Urlaub oder mit sonstigen Plänen im Ausland unterwegs. Doch Lika hat sich vorgenommen, Geld zu verdienen und im Kakadu, einer Kneipe in ihrem Heimatort zu kellnern. Was sie hier den Sommer über an der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsensein erlebt und welche Erlebnisse sie hat, wird in diesem Buch erzählt.
EGr

Robert Seethaler: Das Café ohne Namen
Die Bücher von Robert Seethaler sind immer wunderbar geschrieben. Diesmal geht es um das Wien der Nachkriegszeit. Die Stadt beginnt sich vom Krieg zu erholen; alles ist im Aufbruch. Der alleine bei einer Witwe untergekommene Robert Simon arbeitet als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt. Als sich ihm die Gelegenheit bietet, eröffnet er eine eigene einfache Gastwirtschaft in einem heruntergekommenen Viertel.
Hier treffen sich Menschen mit ihren Sorgen und Nöten, sie versuchen der Einsamkeit zu entkommen. Robert Seethaler erzählt ihr Leben.
EGr

Kristine Bilkau: Wasserzeiten
Derzeit gibt es viele Bücher und vor allem Romane, die sich ums Thema Schwimmen drehen. Auch die Autorin Kristine Bilkau schwimmt gerne und hat sich zu diesem Thema Gedanken gemacht und einige Essays geschrieben. In diesen kurzen Texten schreibt sie von den unterschiedlichen Facetten des Schwimmens. Sie erinnert sich an besondere Orte, besondere Schwimmbäder, besondere Strände, besondere Menschen und Begegnungen. Sie geht der Frage nach: "Schwimmen, der Körper, die Gedanken, der Ort. Was hat es damit auf sich? Woraus genau setzt sich dieses großartige, erhebende, erfüllende Erlebnis zusammen?"

Dalai Lama: Von Herz zu Herz
Ein Pandabär, dessen Lebensraum vom Menschen zerstört wurde, klopft an die Tür des Dalai Lama…Diese wunderschön illustrierte Geschichte macht klar, warum es für uns Menschen so wichtig ist, Mitgefühl für uns und die Welt zu kultivieren, denn alles hängt mit allem zusammen und fällt wieder auf uns zurück – auch im Guten! Sehr eindringlich, berührend und absolut empfehlenswert.
BGr

Kerstin Riemer & Carina Pilz: Almfrieden
Die Autorin Kerstin Riemer und die Fotografin Carina Pilz haben unter dem Motto "A G'spür für d'Natur, de Leid, de Viecha und mi" gemeinsam ein schönes Buch über die Berge und Almen im Chiemgau herausgebracht. Die Menschen, die auf den Almen leben, werden portraitiert. Es geht um Tradition, Tiere, Pflanzen und Kräuter. Gespickt ist das Ganze mit Rezepten. Vorgestellt werden zwölf Almen, u.a. die Dandl-Alm, die Hefteralm, die Rachlalm, die Piesenhausener Hochalm und die vordere Dalsen-Alm. - Das Buch ist auch gut als Geschenk geeignet.
EGr

Arno Frank: Seemann vom Siebener
Der Roman spielt in der Provinz in einem altmodischen Freibad mit einem hohen Sprungturm. An diesem Spätsommertag breitet sich eine nostalgische, melancholische und unbeschwerte Atmosphäre aus. Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben. Verschiedene Personen eines kleinen Ortes, die sich teilweise kennen und teilweise auch nicht, sind an diesem Tag zu Besuch im Freibad. Abwechselnd berichtet der Autor von ihnen, von ihren Marotten, von ihren Ängsten und Sorgen und von ihrer Vergangenheit: vom Bademeister Kiontke, von der Kassiererin Renate, von der Lateinlehrerin Isobel, deren Mann einst das Freibad gebaut hat. Die Erzieherin Melanie kommt mit ihrer Kindergartengruppe. Josefine sollte eigentlich heute auf die Beerdigung ihres Mannes Max gehen. Der Fotograf Lennart, der in der Jugend mit Max und Josefine befreundet war, kam extra aus Amerika gereist.
Die perfekte Lektüre für einen Badetag.
EGr

Gernot Häublein: Die Gehorsamen
Gernot Häublein hat für seinen dokumentarischen Roman umfassend recherchiert. Es geht um drei ganz normale Familien aus Franken in den Jahren 1878 bis 1949. Die Familienmitglieder gehören der Unter- und Mittelschicht an. Der Roman fragt, wie es geschehen konnte, dass Hitler an die Macht kam. „Einfache Leute“ im Krieg und im Frieden, im Strudel von Gewalt, Diktatur, Rassismus und Antisemitismus. Täter und Opfer bekommen in diesem spannenden Buch ein Gesicht.
EGr

Toni Morrison: Rezitativ
Toni Morrison erhielt 1993 den Nobelpreis für Literatur. Sie wurde z.B. mit "Sehr blaue Augen", "Menschenkind" und "Jazz" bekannt. Sie starb im Jahr 2019. "Rezitativ" erschien im Original 1983 und wurde jetzt zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt.
In dieser sehr kurzen Erzählung geht es um zwei kleine Mädchen - das eine schwarz, das andere weiß - die für ein paar Monate in einem Kinderheim das Zimmer teilen und sich nach anfänglicher Skepsis gut verstehen. Man erfährt bei der Lektüre nicht, welche der Protagonistinnen dunkelhäutig und welche hellhäutig ist. Erst als sie älter sind und sich zufällig ab und zu über den Weg laufen, ist diese Tatsache wirklich ein Thema für die Beiden.
Dieser Text ist ein eindringliches und spannendes Experiment zum Thema Rassismus, das zum Nachdenken anregt.
EGr

Daniel Glattauer: Die spürst Du nicht
Dem österreichischen Autor Daniel Glattauer, der vor allem mit dem Buch "Gut gegen Nordwind" bekannt geworden ist, ist wieder ein spannender und nachdenklicher Roman gelungen.
Die beiden Familien Binder und Strobl-Marinek fahren gemeinsam in den Urlaub. Sie mieten eine Luxusvilla in der Toskana. Die 14jährige Tochter nimmt eine Schulfreundin mit: Aayana, das Kind einer somalischen Flüchtlingsfamilie. Gleich am ersten Abend kommt es zu einem tragischen Unfall, der neben Betroffenheit auch jede Menge unbequeme Fragen aufwirft. Wo verläuft die Grenze zwischen Schuld, Moral und Verantwortung? Wieviel Wert hat ein Menschenleben und gilt er wirklich für alle Menschen gleich? Fragen, bei denen jeder Leser seinen eigenen Antworten nachspüren kann.
BGr

Raynor Winn: Überland
Wie in den beiden Vorgängerbüchern „Der Salzpfad“ und „Wilde Stille“ machen sich das Ehepaar Moth und Raynor Winn noch einmal auf den Weg, in der Hoffnung, dass sich die Symptome der unheilbaren Krankheit von Moth dadurch verbessern. Sie wagen sich auf den „Cape Wrath Trail“, einen der anspruchsvollsten Fernwanderwege in England. Raynor Winn schreibt in sehr lebendigen, berührenden Bildern von den Naturerfahrungen in den wilden Highlands, über die intensive Verbindung mit dem Land, aber auch die erkennbaren Anzeichen des Klimawandels. Ein sehr gelungenes Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte. Das Buch gibt es auch in der Originalsprache Englisch. - Besonders empfehlenswert!
BGr

Verena Kessler: Eva
Nach dem Roman "Die Gespenster von Demmin" ist nun der zweite Roman von Verena Kessler erschienen.
Das Buch handelt von vier Frauen mit ihren verschiedenen Lebensentwürfen und Schicksalen. Themen sind Familienplanung, Kinderlosigkeit und deren Folgen und es geht auch um Klimaschutz. Die vier Frauen sind miteinander verbunden und doch haben sie nicht viel gemeinsam. Die Lehrerin ist absolut dagegen, Kinder in die Welt zu setzen und vertritt dies vehement. Die Journalistin möchte unbedingt schwanger werden. Die dritte ist mit ihrer Familie und den Kindern überfordert.
Ohne moralischen Zeigefinger und mit viel Empathie schildert Verena Kessler die verschiedenen Positionen und lässt die Meinungen nebeneinander stehen ohne sie wirklich zu bewerten.
EGr

Yeva Skalietska: Ihr wisst nicht, was Krieg ist
Yeva Skalietska erzählt in ihrem Tagebuch und somit auch in diesem Buch von der ersten Zeit nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und wie der Krieg ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt hat. Sie beginnt mit dem 14. Februar 2022. An diesem Tag wird Yeva 12 Jahre alt. Sie feiert mit ihren Freunden und es gibt Geschenke wie jedes Jahr. Dann geht es weiter mit dem 24. Februar 2022, als sie in den frühen Morgenstunden durch metallischen Krach und die erste Explosion geweckt wird. Yeva lebt zusammen mit ihrer Großmutter in Charkiw im Osten der Stadt. Ihr erster Weg führt sie nach ein paar Tagen im Keller zu einer Freundin im Westen der Stadt. Doch dann beschließen die beiden zu fliehen. Ihr Weg führt sie weiter nach Budapest und mit viel Glück und Hilfsbereitschaft der Mitmenschen schließlich nach Irland. Yeva ist voller Hoffnung und Trauer. Ihr Schlusssatz: "Wir sind Kinder. Und wir haben ein Recht auf ein Leben in Frieden!"
EGr

Marie Vieux-Chauvet: Töchter Haitis
Die Schriftstellerin Marie Vieux-Chauvet lebte von 1916 bis 1973. "Töchter Haitis" war ihr erster Roman und erschien 1954. Wegen ihrer Themen Rassismus, Ungleichbehandlung auf Grund von Klassenzugehörigkeit, Hautfarbe und Geschlecht etc. musste sie 1968 aus ihrer Heimat Haiti in die USA fliehen. Sie war eine der wichtigsten Autorinnen des Landes. Ein fundiertes Nachwort geht auf den historischen Kontext ein und erläutert die Zusammenhänge.
Hauptperson ist die unkonventionelle Lotus Degrave, Tochter einer mulattischen Prostituierten und eines weißen französischen Offiziers. Sie lebt nicht in bitterer Armut wie ihre Nachbarschaft, doch ist sie von der Gesellschaft ausgeschlossen und lebt weitgehend einsam in ihrem Haus. Sie verliebt sich in den jungen Revolutionär Georges, so dass auch sie beginnt, sich für Politik zu interessieren und ihren Standpunkt zu suchen.
EGr

Erin Litteken: Denk ich an Kiew
Cassie hat ukrainische Wurzeln, kennt aber weder die Geschichte noch spricht sie die Sprache ihrer Vorfahren. Nach einem Schicksalsschlag zieht sie zu ihrer Großmutter Bobby nach Illinois, bei der sich die ersten Anzeichen einer Alzheimererkrankung zeigen. Lebensmittel im Badezimmerschrank, Notizzettel mit kyrillischen Kritzeleien, nächtliche Gespräche mit unsichtbaren Personen. Wer ist Alina, bei der sich Bobby immer wieder entschuldigt? Und was ist der Holodomor? Erin Litteken hat einen traurigen sowie fesselnden Roman verfasst und gibt ungehörten ukrainischen Opfern eine Stimme. Absolute Leseempfehlung!
JDö

Peter Hinze: 100.000 Schritte zum Glück - wie ich im Himalaya die Leichtigkeit des Lebens entdeckte
Der Münchener Journalist, der 2019 den „Great Himalaya Trail“ gelaufen ist, erzählt in diesem Buch von einer Reise in eine der abgelegensten Gegenden des Himalaya, in der wenige hundert Menschen noch relativ abgeschirmt von der modernen Zivilisation leben. Ihr Lebensalltag wird von den Naturgewalten bestimmt, ist von der Religion durchdrungen und von großem sozialen Zusammenhalt geprägt - und es fehlt an allem: ausreichende Ernährung, medizinische Versorgung, Strom und Wasser.
Trotzdem erlebt der Autor eine große Zufriedenheit, Offenheit, Herzlichkeit und Lebensfreude der Bewohner, die auf ihn überspringt. Um das traditionelle Leben der Dolpopa zu unterstützen und vor dem Aussterben zu bewahren, hat er 2019 das „DOLPO PROJECT“ ins Leben gerufen, das Mikro-Gewächshäuser für die Region finanziert. Ein Gewächshaus bietet die Versorgung für eine 10köpfige Familie. Ein Buch, das bewegt – mit vielen beeindruckenden Fotos.
BGr

Matt Rowland Hill: Erbsünde
Matt Rowland Hill wurde 1984 geboren. Seine Eltern sind sehr gläubig. Der Vater ist ein evangelikaler Baptistenpfarrer. Und doch streiten die Eltern ständig und haben keinerlei Verständnis füreinander. Die Familie ist sehr arm. Die vier Kinder wenden sich im Lauf der Zeit alle von den Eltern und vom Glauben ab. Matt ist ein guter Schüler, studiert englische Literatur und verfällt dem Drogenkonsum. Immer wieder versucht er mit verschiedenen Hilfsorganisationen und Therapien davon loszukommen.
Eine bewegende, ehrliche und tiefgründige Autobiographie.
EGr

Beth O`Leary: Love to Share
Not macht erfinderisch: Tiffy trennt sich von ihrem Freund und sucht händeringend eine neue Bleibe, Leon braucht dringend Geld. Warum also nicht eine Einzimmerwohnung teilen, in der man sich nur ein paar Stunden täglich aufhält? Eigentlich kein Problem, denn Tiffy arbeitet tagsüber, Leon nachts. Die Uhrzeiten sind festgelegt, die Absprachen eindeutig. Kann man jemanden kennen(lernen), den man noch nie gesehen hat? Tiffy und Leon machen aus einer merkwürdigen Situation etwas Normales und bringen die LeserInnen auf jeden Fall zum Schmunzeln. Eine leichte Lektüre für zwischendurch.
JDö

Wolfgang Hardtwig: Der Hof in den Bergen
Wolfgang Hardtwig ist Historiker und erzählt in seinem Buch von seiner Kindheit und Jugend in Reit im Winkl. Er wurde 1944 geboren und wächst in der Nachkriegszeit im Chiemgau auf. Seine Mutter entstammt dem Bildungsbürgertum. Ihr Vater war der liberale Politiker Eduard Hamm. Die Familie zog nach Reit im Winkel, um der Hitler-Diktatur zu entkommen. Hardtwigs Vater war Physiker und stammte aus einer kleinbürgerlichen Familie in Österreich.
Die Familie war zwar Teil des Ortes, lebte aber sowohl räumlich als auch gesellschaftlich eher am Rand auf einem Bauernhof. So war Wolfgang Hardtwig zwar integriert, aber trotzdem ein Außenseiter. Auch in der Schule in Marquartstein tat er sich sehr schwer. Die Anforderungen aus dem Elternhaus und die in ihn gesetzten Erwartungen setzten ihn immer mehr unter Druck und führten zu einer quälenden Schullaufbahn.
Ein interessantes autobiographisches Buch über die ländliche Gesellschaft der Nachkriegszeit in unserer Region.
EGr

Bernhard Straßer: Falko
Ein spannender und schön zu lesender Roman für junge Leute und alle Junggebliebenen. Der Traunsteiner Autor Bernhard Straßer hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht und betreibt die Chiemgauseiten.
In seinem neuesten Buch "Falko" geht es um die Freundschaft zwischen Wolfgang und seinem besten Freund Hans Holzner, der sich plötzlich Falko nennt. Er ist Fan des österreichischen Musikers Falco und er wird von den Mädchen angehimmelt. Alles scheint ihm zuzufliegen. Wolfgang dagegen ist schüchtern und auch in der Schule nicht besonders gut. Doch dann ändert sich alles. Falko hat einen aggressiven Gehirntumor. Die beiden möchten noch möglichst viel erleben. Dies gelingt ihnen in Heidelberg und später auch noch auf einer spannenden und erlebnisreichen Reise nach Wien. Ein trauriges, nachdenkliches, lustiges und sehr überzeugendes Buch über Freundschaft, Krankheit, Liebe und den Tod.
EGr

Anke Stelling: Bodentiefe Fenster
Anke Stelling lässt in diesem Roman tief ins Innere der Protagonistin Sandra blicken. Sandra ist müde, sie ist überfordert. Sie hat Angst, dass sie so wird wie ihre Mutter und ihre Fehler wiederholt. Sie wohnt in einem Mehrgenerationenhaus, in dem sich nie alle einig sind und immer an einander vorbeireden. Sie möchte nicht anecken und behält ihre Kritik für sich und verirrt sich so in ihrer Gedankenwelt. Der Einstieg ins Buch fällt ein wenig schwer, aber, wenn man sich in den Schreibstil eingelesen hat, spricht Anke Stelling einem aus der Seele und die LeserInnen finden sich bestimmt in der einen oder anderen Figur wieder.
JDö

Earth for all - Ein Survivalguide für unseren Planeten
50 Jahre, nachdem Die Grenzen des Wachstums erschienen sind, gibt es nun den neuen Bericht an den Club of Rome. Nachdem in diesen 50 Jahren die damaligen Erkenntnisse viel zu wenig beachtet wurden, steht die Welt jetzt noch wesentlich schlechter da. Politik und Wirtschaft haben sich in diesem Zeitraum viel zu wenig geändert.
Viele Fachleute haben sich zusammengetan und nochmals klar und deutlich belegt, dass die Zukunft der Menschheit vor allem von "fünf außerordentlichen Kehrtwenden" abhängt: Beendigung der Armut, Beseitigung der eklatanten Ungleichheit, Ermächtigung der Frauen, Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems und der Übergang zum Einsatz sauberer Energie.
Ein sehr interessantes und gut zu lesendes äußerst wichtiges Buch!
EGr

Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt
Dieses Buch enthält die drei Frankfurter Poetikvorlesungen von Judith Hermann aus dem Jahr 2022. Es ist ein Buch über das Leben und Schreiben: Leben, das sich schreibend vertieft und entfaltet; Schreiben, das dem Leben Bedeutung verleiht. Gleichzeitig ist es ein sehr persönliches Buch über Judith Hermanns Kindheit und Familie, über gefühlte Wahrheiten und wahre Gefühle. Sie versteht es, meisterhaft mit Worten zu spielen und dabei "alles so zu verfremden, dass nichts mehr richtig und dennoch alles wahr ist". - Ein bezauberndes Buch!
BGr

Mechthild Borrmann: Feldpost
Dieser neue Roman der Autorin Mechthild Borrmann ist ein sehr spannender Roman, in dem das Thema Homosexualität in der NS-Zeit aufgegriffen wird. Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen und auch an mehreren Schauplätzen. Im Zentrum stehen zwei befreundete Familien, die jedoch sehr unterschiedlich auf die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten reagieren. Familie Martens ist regimetreu, Familie Kuhn ist genau der gegenteiligen Meinung. Gerhard Kuhn kommt für seine Äußerungen ins Gefängnis und schließlich verlässt er mit seiner Frau das Land Richtung Frankreich und Portugal.
Auch die Geschwisterpaare sind befreundet; doch auch sie werden durch die politische Lage entzweit. Nur die beiden Söhne Richard Martens und Albert Kuhn sowie Adele Kuhn stehen weiterhin zueinander, werden aber durch das Schicksal getrennt. Für alle Familienmitglieder beginnt ein langer Leidensweg.
Die Rechtsanwältin Cara Russo bekommt im Jahr 2000 Feldpostbriefe und alte Fotos zugespielt und macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.
EGr

Becky Chambers: Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten
Die Marsianerin Rosemary ist auf der Flucht und heuert auf dem Raumkreuzer Wayfarer an. Die Crew des Raumschiffes besteht aus vielen verschiedenen Spezies und Außenseitern, die man sehr schnell lieb gewinnt. Dazu gehört auch Lovelace, die K.I. des Schiffes, die jedoch mehr als nur eine Maschine ist. Der Fokus des Romans liegt nicht auf actiongeladene Szenen oder Technikbeschreibungen, sondern ausführliche Ausarbeitung der Charaktere und gesellschaftliche Gedankenspiele. Becky Chambers vermittelt die Wichtigkeit von Freundschaft und Toleranz. Die moralischen Überlegungen des Romans lassen sich durchaus auf unsere Welt übertragen. Band 1 der Wayfarer-Reihe.
JDö

Joachim B. Schmidt: In Küstennähe
Der Autor Joachim B. Schmidt ist in Graubünden geboren und hat Island zu seiner Wahlheimat gemacht. Er wurde mit seinem Buch Kalmann bekannt und auch "In Küstennähe" spielt wieder in Island. Dieses Buch ist im Original bereits 2013 erschienen.
Der junge Lárus dealt mit Drogen und arbeitet als Hausmeistergehilfe im Altersheim. Dort trifft er auf den Bewohner Grímur, einen missmutigen und kranken alten Mann. Als Kind hat er ihn zusammen mit seinen Freunden schon immer geärgert und ihm übel mitgespielt. Nun nähern sich die beiden so unterschiedlichen und einsamen Menschen ein bisschen an. Der Autor breitet beider Leben und beider Geheimnisse vor dem Leser aus. Ruhig und trotzdem sehr spannend geschrieben.
EGr

Preethi Nair: Die Freischwimmerin
Die Autorin Preethi Nair wurde ebenso wie die Protagonistin Bhanu in Indien geboren und kam schon als Kind nach England.
Bhanu und Deep sind verliebt, doch Bhanu muss mit ihrer Familie nach England übersiedeln. Sie vergisst ihre große Liebe nie, doch sie heiratet Hiten, da eine passende Hochzeit das wichtigste Ziel ist. Sie bekommt eine Tochter und einen Sohn und opfert ihr Leben und ihre Träume der Familie, die ihr das aber nie wirklich dankt. Sie versucht immer allen zu gefallen und das in der indischen Kultur und in den Traditionen Richtige zu tun und die Vorstellungen der Mitmenschen perfekt zu erfüllen. Kurz vor ihrem 40. Hochzeitstag, der mit einem großen Fest begangen werden soll, begegnet ihr Deep, der ihr nie aus dem Kopf gegangen ist und sie beginnt wieder zu zweifeln, ob sie das Richtige tut.
EGr

Susanne Betz: Heumahd
Susanne Betz beschreibt das harte Bauernleben auf einem Bergbauernhof im Werdenfelser Land. Schon sehr jung wird Vroni Witwe. Sie ist aber froh über diesen Umstand, da der gewalttätige Bauer sie häufig geschlagen und äußerst schlecht behandelt hat. Vroni versucht mit ihrer Stieftochter Rosl, mit ihrem alten Onkel und ihrem Knecht durch die Jahreszeiten zu kommen und ihren Hof mit ein paar Kühen und Hennen zu bewirtschaften. Im Dorf wird sie schräg angeschaut und ausgegrenzt, weil sie nicht gewillt ist, wieder zu heiraten.
EGr

Hilde Domin: Antillengeschichten
Hilde Domin ist vor allem als Lyrikerin bekannt. Sie lebte von 1940 bis 1954 im Exil in der Dominikanischen Republik. In diesen bisher unveröffentlichten Erzählungen aus dem Nachlass schildert die Autorin ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Exil. Es geht um das Aufeinandertreffen von einander fremden Kulturen und um das Tolerieren von Andersartigkeit. Präzise beobachtet und beschreibt Hilde Domin ihre Umgebung, ihre Mitmenschen und die Natur. Illustriert wurde diese schöne Ausgabe von Ulrike Möltgens.
EGr

Steffen Schroeder: Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor
Der Schauspieler Steffen Schroeder wurde 2019 mit seinem Debütroman "Mein Sommer mit Anja" auch als Autor bekannt. In seinem neuen - sehr fundiert recherchierten - Roman erzählt er vom Physiker Max Planck und seinem Sohn Erwin, sowie von Albert Einstein und seinem Sohn Eduard. Die beiden Nobelpreisträger waren bis 1933 trotz ihrer sehr unterschiedlichen Charaktere befreundet. Albert Einstein wanderte nach Amerika aus. Max Planck blieb in Deutschland, versuchte aber, sich aus dem politischen Geschehen herauszuhalten. Der im Widerstand tätige Erwin Plank sitzt in Berlin Tegel in der Gefängniszelle und weiß immerhin, dass sich sein Vater um ihn sorgt. Eduard Einstein ist an Schizophrenie erkrankt und lebt in der Schweiz in der Heilanstalt Burghölzli. Sein Vater zeigt keinerlei Interesse an seinem Schicksal. Sehr interessant ist die unterschiedliche Entwicklung der beiden Familien und die Entwicklung der verschiedenen Schicksale bis hin zum Ende des zweiten Weltkriegs.
EGr

Cesare Pavese und Bianca Garufi: Großes Feuer
Der Turiner Schriftsteller Cesare Pavese war Mitbegründer des erfolgreichen Einaudi-Verlags; er war Programmleiter, Übersetzer und Verfasser sehr erfolgreicher Bücher. 1944 begann Bianca Garufi als Sekretärin bei Enaudi in Rom zu arbeiten. Sie war ehemalige Widerstandskämpferin, Literaturstudentin und Psychoanalytikerin. Der von ihnen gemeinsam geschriebene Roman wurde jetzt wiederentdeckt. Die Kapitel wechseln sich ab - mal wird die Handlung aus weiblicher und dann wieder aus männlicher Sicht erzählt. Es geht darin um Süditalien, um eine vergebliche Liebe, um ein Familiengeheimnis und um Missbrauch.
Die Sizilianerin Silvia wird durch ein Telegramm nach Hause gerufen. Der zehnjährige Giustino ist schwerkrank. Silvia bittet Giovanni, sie zu begleiten. Das totgeschwiegene Familiengeheimnis kommt nur langsam ans Licht.
EGr

Ilja Leonard Pfeijffer: Monterosso mon amour
Der niederländische Schriftsteller Ilja Leonard Pfeijffer wurde bei uns mit seinem Roman "Grand Hotel Europa" bekannt. Seine kurze und unterhaltsame Novelle ist eine Geschichte in der Geschichte.
Der wohlhabenden und gelangweilten Carmen sind in ihrem bisherigen Leben als Gattin eines gescheiterten und mittlerweile frühpensionierten Diplomaten vor allem die Tennisplätze dieser Welt im Gedächtnis geblieben. Nun ist ihr Mann in Ruhestand und sie organisiert Lesungen in einer Bibliothek. Angeregt durch die Lesung des hochnäsigen Autors Ilja Leonard Pfeijffer reist sie für eine Woche alleine nach Monterosso in den Cinque Terre, um sich dort auf die Spuren ihrer Jugendliebe zu begeben. Sie freundet sich mit ihrer Zimmerwirtin an und wegen der gerade beginnenden Pandemie muss sie ihren Urlaub verlängern, was ihr sehr gelegen kommt. Der Aufenthalt hält dann noch einige Überraschungen für sie und die Leser bereit.
EGr

Alex Schulman: Verbrenn all meine Briefe
Mit diesem Buch wurde Alex Schulman in seiner Heimat Schweden bekannt und erfolgreich. In Deutschland erschien zuerst "Die Überlebenden".
Es geht in diesem Roman um die eigene Lebensgeschichte des Autors und um die familiären Probleme in der Herkunftsfamilie seiner Mutter. Der Autor geht in diesem Buch vor allem der Geschichte seiner Großeltern Karin und Sven Stolpe auf den Grund, wo er den Ursprung seiner Wut und seiner Angst erkennt. Sven Stolpe war Schriftsteller und Literaturkritiker. Er war narzisstisch und extrem eifersüchtig. Seine Frau Karin war Übersetzerin und verliebte sich im Jahr 1932 in den Schriftsteller Olof Lagercrantz. Alex Schulman betreibt intensive und aufwendige Recherchen im Nachlass der beiden Autoren und kann so nach und nach die Einzelteile zusammensetzen und Antwort auf seine Fragen finden. Ein äußerst spannender und tragischer Roman!
EGr

Viola Ardone: Ein Zug voller Hoffnung
In der Nachkriegszeit wurden tausende Kinder von der kommunistischen Partei aus dem armen Süditalien ins reichere Norditalien geschickt. Dort wurden sie in Familien von Genossen aufgenommen, denen es besser ging. Auch der siebenjährige Amerigo wurde zusammen mit einer Gruppe armer Kinder aus Neapel mit dem Zug nach Modena gebracht. Er erzählt, wie er hier freundlich aufgenommen und verwöhnt wurde. Er konnte in die Schule gehen und bekam Zugang zu Musik und Bildung. Nach einem Jahr ging es wieder zurück in die armen Verhältnisse zu Hause.
Amerigo ist von nun an zerrissen zwischen der Zuneigung zu seiner alleinerziehenden bitterarmen Mutter, die ihm nichts bieten kann und seiner Sehnsucht nach der neuen Familie. Auch als Erwachsener hat er weiterhin schwer damit zu kämpfen. Ein sehr gelungener Roman über ein nicht so bekanntes Kapitel der Geschichte.
EGr

Mariette Navarro: Über die See
Die Literaturwissenschaftlerin und Dramaturgin hat ihren ersten Roman veröffentlicht. Sie war 2012 als Writer in Residence zu einer achttägigen Fahrt mit einem Frachtschiff von St. Nazaire zu den Antillen eingeladen, wo dieser Roman entstanden ist.
Die erfahrene junge Kapitänin ist mit einem Containerschiff und ihrer Mannschaft nach Guadeloupe unterwegs. Sie wundert sich über sich selbst, als sie den Männern den Wunsch erfüllt, auf offener See zu schwimmen. Alle kommen unbeschadet auf das Schiff zurück - doch sie sind einer mehr. Nach und nach schleicht sich etwas Mysteriöses in die Handlung. Undurchdringlicher Nebel scheint die Sinne zu vernebeln. Das Schiff verliert an Geschwindigkeit, die Mannschaft ist ratlos. Wie im Delirium kommen Erinnerungen und Gedanken an die Oberfläche.
EGr

Silke Stamm: Hohe Berge
Der Roman "Hohe Berge" bietet ein ungewöhnliches Leseerlebnis. Silke Stamm schreibt durchgehend im Infinitiv, was anfangs etwas gewöhnungsbedürftig ist. Diese Form lässt jedoch einen sehr spannenden und gut zu lesenden Roman entstehen. Bei der Lektüre entsteht ein richtiggehender Sog.
Die Erzählerin ist mit fünf Männern auf einer mehrtägigen sehr anspruchsvollen geführten Skitour in den Schweizer Alpen unterwegs. Ihr entgeht nichts. Akribisch und genau werden die Erlebnisse beobachtet und geschildert. Das fragile Gruppengefüge, die Schönheit der Berge, die Strapazen und Anstrengungen, die Enge der Hütten und Matratzenlager wird ebenso erfahrbar wie die Kontakte zu anderen Gästen und einer der Hüttenwirtinnen.
EGr

Mariana Leky: Kummer aller Art
Mariana Leky wurde vor allem durch ihren Roman "Was man von hier aus sehen kann" bekannt.
In ihrem neuen Buch versammelt sie Kolumnen, die von 2018 bis 2021 in der Zeitschrift "Psychologie Heute" erschienen sind. Humorvoll, melancholisch und immer sehr präzise erzählt sie von Konflikten, Ängsten und Neurosen, von Schlaflosigkeit, Meditation und von der Liebe. Nachbarn, Verwandte und zufällige Bekanntschaften werden beobachtet und charakterisiert.
Das Buch - leicht, aber doch tiefgründig - stimmt einen nachdenklich, bringt eine aber auch zum Lachen.
EGr

Annabel Wahba: Chamäleon
Die Journalistin Annabel Wahba sitzt am Sterbebett ihres Bruders André und erinnert sich in diesem autofiktionalen Roman an die Kindheit und das Erwachsenwerden zwischen den Kulturen. Ihr Vater ist Ägypter, ihre Mutter Deutsche. Ihr Vater kam Ende der 50er-Jahre für eine Doktorarbeit nach Deutschland. Bis 1968 lebte die Familie in Ägypten; doch Annabel wurde in Deutschland geboren, wuchs in Erding auf und lernte Ägypten erst sehr spät kennen.
Sehr lebendig erzählt sie über mehrere Jahrzehnte und Kontinente hinweg über Migration, Identität und Heimat. Liebevoll erzählt sie die Geschichte der Großeltern und Eltern und setzt der weitverzweigten Familie ein wunderbares Denkmal.
EGr

Édouard Louis: Anleitung ein anderer zu werden
Édouard Louis hat mittlerweile schon mehrere sehr persönliche - auf seiner Biographie basierende - Romane über seine Familie geschrieben. In seinem neuen Buch liegt der Schwerpunkt nun auf seiner eigenen ganz persönlichen Entwicklung vom Kind zum jungen Mann.
Édouard wurde schon als Kind ausgegrenzt, weil er sich wie ein Mädchen verhielt. Er wuchs in einem kleinen Dorf in äußerst prekären Verhältnissen auf. Armut, Hunger und Rassismus waren dort die täglichen Begleiter. In der Schule gab es eine Theater-AG, wo sein Talent erkannt wurde und er somit die Möglichkeit bekam, ein Gymnasium mit diesem Schwerpunkt zu besuchen. Édouard Louis konnte sich so einerseits aus den armen Verhältnissen befreien, litt aber andererseits auch unter seinem verbissenen und obsessiven Veränderungsbedürfnis. Der Kontrast zwischen der extremen Armut seiner Kindheit und seiner Heimat und dem unermesslichen Reichtum einiger seiner Pariser Bekanntschaften führte auch zu einer Entfremdung von sich selbst und seinen jeweiligen Freundschaften.
EGr

Alex Schulman: Die Überlebenden
Alex Schulmans Roman stand in Schweden wochenlang auf der Bestsellerliste. Er spielt in zwei Zeitebenen, die gekonnt miteinander verflochten werden und sich aufeinander zubewegen. So treffen sich am Ende Vergangenheit und Gegenwart, die Kindheit und das Leben als Erwachsene.
Drei Brüder, die sehr unterschiedlich sind und sich auseinandergelebt haben, treffen sich beim Sommerhaus der Familie, um die Asche ihrer Mutter - ihrem letzten Wunsch gemäß - im See zu verstreuen.
Die Eltern waren alkoholkrank und waren mit dem Leben überfordert. Argwohn, Angst und Zwietracht sind die täglichen Begleiter der Brüder. Die Unfähigkeit zur Kommunikation zieht sich bis heute hin und schafft eine schier unüberwindbare Distanz. Ein Unglück wird lange totgeschwiegen, Konflikte brechen durch, das Trauma löst sich erst am Ende des Romans.
EGr

Andrea Roedig: Man kann Müttern nicht trauen
Andrea Roedig studierte Philosophie, war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin und leitete fünf Jahre die Kulturredaktion der Wochenzeitung "Der Freitag". Sie lebt in Wien und arbeitet als freie Publizistin und Journalistin für verschiedene Zeitungen und Radiosender.
In ihrem autobiographischen Roman erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend, von ihrem Elternhaus und den Schwierigkeiten der damaligen Zeit und insbesondere mit ihrer Mutter Lilo.
Ihre Mutter wurde 1938 geboren und ist vaterlos mit einer strengen Mutter aufgewachsen. Sie heiratete sehr früh in eine Metzgersfamilie ein. Für ihre Kinder hat sie kaum Zeit und ist ihnen gegenüber zeitlebens extrem distanziert. Probleme in der Ehe, Konkurs, Zwangsräumung, Trennung, Alkohol- und Tablettensucht zeugen von einer sehr schwierigen Situation. Ein unsentimentaler Roman, der ungeschönt von dieser problembeladenen Familienkonstellation und von der damit einhergehenden Entfremdung berichtet.
EGr

Francesc Miralles und Ángeles Doñate: Jenseits des Abgrunds - Roman über den Sinn des Lebens
Der Unternehmer Toni will den letzten Wunsch seines Bruders erfüllen und seine Asche an einer bestimmten Felsklippe in den Rocky Mountains verstreuen. Als er dort ankommt, trifft er den weisen Japaner Kosei-San, der in einer kleinen Hütte lebt. Er hat bereits vielen Menschen, die hier Selbstmord begehen wollten, mit Gesprächen weitergeholfen und sie von ihrem Plan abgehalten. Auch die Begegnung mit der unkonventionellen Esmeralda verändert Tonis Leben. Ein märchenhafter Roman über Spiritualität und Selbstfindung.
EGr

Dörte Hansen: Zur See
Die beiden Romane "Altes Land" und "Mittagsstunde" wurden ein großer Erfolg. Auch mit "Zur See" ist Dörte Hansen wieder ein sehr schöner und schnörkelloser Roman gelungen. Sie erzählt von den Bewohnern einer kleinen Nordseeinsel, die schon über Generationen auf der Insel verwurzelt sind. Mittelpunkt des Romans sind die verstreuten Mitglieder der Familie Sander, die alle mehr schlecht als recht mit dem Leben zurechtkommen. Jeder kämpft mit seinen eigenen Problemen und Konflikten. Einsamkeit ist ein großes Thema. Der Tourismus hielt schon vor langem Einzug. Die Modernisierung und viele sonstige Veränderungen lassen die ursprüngliche Inselkultur langsam verschwinden. Das Leben auf der Insel wird auch für die anderen Inselbewohnerinnen und -bewohner immer schwieriger. Anhand der individuellen Schicksale zeichnet Dörte Hansen ein stimmiges Bild der Veränderung.
EGr

Neil Gaiman: Kunst ist wichtig - weil Deine Vorstellungskraft die Welt verändern kann
Neil Gaiman schreibt Science-Fiction- und Fantasy-Romane, Comics und Drehbücher. Dieses ungewöhnliche Buch mit den interessanten kurzen Gedanken und Reflexionen von Neil Gaiman wurde von Chris Riddell illustriert. Es ist eine Liebeserklärung an die Kunst, das Lesen, das Schreiben - und nicht zuletzt an Bibliotheken. Ein Kapitel nennt sich: "Warum unsere Zukunft von Büchereien, Lesen und Tagträumen abhängt".
EGr

Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones & The Six
Daisy Jones ist jung, wunderschön, talentiert, willensstark und unglaublich einsam. Billy, Graham, Karen, Pete, Eddie und Warren sind The Six. Gemeinsam schaffen sie es bis ganz nach oben und begeistern in den 70ern die Musikszene. Aber welchen Preis müssen sie für den Ruhm zahlen? Taylor Jenkins Reid erzählt die Geschichte in Interviewform und zieht die Leser damit sofort in den Bann. So sieht man verschiedene Perspektiven auf bestimmte Situationen und kann die Geschehnisse vollkommen nachvollziehen. Die Personen sind so greifbar und sympathisch, dass man mit ihnen mitfiebert, sich über sie ärgert, sie in den Arm nehmen möchte. Für mich ein absolutes Lesehighlight!
JDö

Christoph Nußbaumeder: Die Unverhofften
Der bekannte Dramatiker Christoph Nußbaumeder hat mit "Die Unverhofften" seinen ersten Roman vorgelegt. Auf fast 670 Seiten breitet er die Geschichte einer Familie im Bayerischen Wald aus. Zwischen den Jahren 1899 bis 2019 zieht sich die Handlung über 4 Generationen hinweg - vom Glasbläser, über Sägewerksbesitzer hin zu einem modernen Großkonzern. Liebe, Emotionen, Krankheit, Betrug, Alkohol, Missbrauch: persönliche Irrungen, Wirrungen und familiäre Katastrophen sind in die jeweils aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen und Probleme eingebettet. Kriege, Nationalsozialismus, Arbeiterbewegung, Nachkriegsjahre, Wirtschaftswunder, Wiedervereinigung - ein breiter und spannend zu lesender Gesellschafts- und Familienroman.
EGr

Maria Barbal: Die Zeit, die vor uns liegt
Die katalanische Autorin Maria Barbal wurde mit ihrem Roman "Wie ein Stein im Geröll" bekannt. Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse - mit dem Gastland Spanien - erschien ihr neuer Roman "Die Zeit, die vor uns liegt".
Die pensionierte Lehrerin Elena und der Witwer Armand lernen sich in einem Yogakurs kennen und sind sich auf Anhieb sympathisch. Doch wird es ihnen gelingen, die jeweilige Vergangenheit und die jeweiligen Bindungen hinter sich zu lassen? Zweifel und Widerstände machen sich breit.
EGr

Thommie Bayer: Sieben Tage Sommer
Der vermögende Max Torberg lädt fünf alte Bekannte, die ihm vor langer Zeit das Leben gerettet haben, in sein Ferienhaus in Südfrankreich ein. Anwesend ist nur Anja, eine Vertraute von Max, die sich um die Gäste als vermeintliches Hausmädchen kümmert und diese kulinarisch verwöhnt und liebevoll betreut. In den freien Zeiten berichtet sie Max per Mail von den fünf Gästen und den Erlebnissen. Max selbst taucht nicht auf und erst am Ende verrät er Anja, was er mit dieser Einladung bezwecken wollte. Ein unterhaltsamer Sommerroman, der aber natürlich auch im Herbst und Winter mit schöner Urlaubsstimmung aufwartet.
EGr

Jan Weiler: Der Markisenmann
Kim ist 15 und lebt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrem Halbbruder in einem noblen Haus. Sie fühlt sich mit ihren reichen Eltern und deren Freunden nicht wohl. Sie bleibt in der Schule sitzen und rebelliert immer mehr - so lange, bis ein Unglück passiert. Deshalb darf sie nicht mit in den Urlaub fahren und wird zu ihren leiblichen Vater geschickt, den sie nicht kennt und zu dem sie auch nicht will. Doch die Horrorvorstellung dieser Ferien entwickelt sich jeden Tag mehr zu einem Erlebnis, das sie so nicht erwartet hat.
EGr

Madeleine Becker: Erstmal für immer
Vom Hörsaal in den Kuhstall - unter diesem Motto berichtet Madeleine Becker von ihrem spannenden und grundlegenden Wechsel ihres Lebensmittelpunktes aus Deutschland nach Österreich. Das stressige Studentenleben zwischen Universität und diversen Nebenjobs tauscht sie gegen ein ebenso stressiges Leben auf einem Bauernhof in Mörtschach in Kärnten ein. Was zuerst nur als kurze Auszeit gedacht war, fasziniert sie so, dass sie beschließt zu bleiben. Vor allem die Arbeit und der intensive Kontakt mit den Tieren und insbesondere mit den Kühen bereitet ihr unheimlich viel Freude. Viele Schwierigkeiten gibt es zu überwinden. Aber sie ist glücklich hier und teilt ihre Erlebnisse mit den Lesern ihres Buches und auf Instagram.
EGr

Jan Philipp Sendker: Die Rebellin und der Dieb
Niri lebt mit seinen Eltern und Geschwistern auf dem Grundstück einer reichen Familie in Südostasien. Seine Eltern arbeiten für die Familie und auch Niri arbeitet dort als Gärtner. Als die Pandemie ausbricht, muss die Familie das Grundstück verlassen und es fehlt ihr jede Lebensgrundlage. So kommen sie in ein Lager für Illegale, wo sie sich keinen Lebensunterhalt mehr verdienen können und wo es ihnen zunehmend schlechter geht. Niri möchte vor allem seiner kleinen Schwester und seiner kranken Mutter helfen. Doch schon bald kann er das Elend nicht mehr ertragen und versucht einen Weg zu finden, wie er auch den anderen Menschen im Lager helfen kann. Er will die Ungerechtigkeiten und das Leid nicht mehr länger hinnehmen.
EGr

Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie
Die Autorin Bonnie Garmus hat mit ihrem ersten Roman einen wunderbaren Schmöker erschaffen. Mit wachsender Spannung verfolgt man Elizabeth Zotts Leben. Sie arbeitet in den sechziger Jahren als Chemikerin und muss sich immer wieder gegen die Vorurteile und Restriktionen gegenüber Frauen wehren.
Durch schwere Schicksalsschläge wird sie immer selbstbewusster. Als sie unverschuldet entlassen wird, ist ihre wissenschaftliche Karriere jäh beendet. Sie muss sich nach einer anderen Arbeit umsehen. So nimmt sie widerwillig das Angebot an, eine Kochsendung aufzuziehen. Dank ihrer offenen Art, dank der Einbindung chemischer Vorgänge beim Kochen und weil sie für die damalige Zeit wichtige Frauenthemen anspricht, wird sie immer beliebter und erfolgreicher. Sie versucht, ihren Zuschauerinnen beizubringen, die Menschen nicht in Kategorien wie Geschlecht, Rasse, Religion oder wirtschaftlichen Status einzuteilen. Sie bringt sie dazu, ihre Talente nicht weiterhin zu verstecken, sondern selbst aktiv zu werden.
EGr

Puk Qvortrup: In einen Stern
Dieser autobiographische Roman der dänischen Journalistin und Schriftstellerin Puk Qvortrup fesselt sehr. Puk ist schwanger; sie ist die Mutter des zweijährigen Elmer und sie ist Witwe. Ihr Ehemann Lasse stirbt mit 27 Jahren bei einem Halbmarathon. Dies war in keiner Weise vorhersehbar und so ist Puk zutiefst geschockt und findet sich in einem Albtraum wieder. Sie versucht irgendwie zu funktionieren und den Alltag von sich und ihrem Sohn am Laufen zu halten. Die Geschehnisse und ihre Emotionen und Gedanken schreibt sie in diesem offenen und ehrlichen Buch nieder.
EGr

Taylor Jenkins Reid: Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Filmikone Evelyn Hugo ist eine interessante Persönlichkeit mit vielen Facetten. Sie war siebenmal verheiratet und die ganze Welt scheint alles über ihr Leben zu wissen. Im Alter entscheidet sie sich die Wahrheit über ihr Leben und ihre Ehen zu erzählen. Ihre Geschichte vertraut sie einzig und allein Journalistin Monique an.
Der Roman greift Themen wie Rassismus, Freundschaft, Gewalt und Homophobie auf. Sehr authentisch verfasste Geschichte. Ich musste mich immer wieder daran erinnern, dass ich hier keine Biographie lese, sondern eine fiktive Geschichte.
JDö

Ewa Maria Wagner: Tristan-Akkord
Eine Geschichte zwischen Polen, Schlesien, Deutschland und den Niederlanden, eine Geschichte zwischen Vater und Tochter, eingebettet in die gesamte Familie: Ehefrau und Mutter, zweite Tochter und Schwester und Geliebte des Vaters. Ev hadert ein Leben lang mit ihren Eltern und mit ihrem Vater. Sie fühlt sich ungeliebt und unverstanden. Sie zieht sich als Kind und Jugendliche in die Lektüre von Büchern zurück, wendet sich aber dann doch mit viel Ehrgeiz der Musik zu. Sie wird Bratschistin und lebt schließlich mit ihrem Mann ihn den Niederlanden. Die Erinnerungen an ihr Elternhaus lassen sie auch als erwachsene Frau nicht los und beschäftigen sie sehr. Eine spannende Lektüre.
EGr

Delphine de Vigan: Die Kinder sind Könige
Die französische Autorin Delphine de Vigan hat bereits viele erfolgreiche Romane veröffentlicht. Mit "Die Kinder sind Könige" hat sie ein brisantes und sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Es geht um eine Familie, die in den Sozialen Medien auf verschiedenen Kanälen sehr aktiv ist. Täglich postet die Mutter Mélanie als Influencerin Videos von ihren beiden kleinen Kindern Sammy und Kimmy. Eines Tages wird das Mädchen Kimmy vermisst, so dass sich die Kriminalpolizei einschaltet. Clara Roussel ist in diesem Fall zuständig.
Parallel wird die Geschichte der Mutter und der beiden Kinder bis hin ins Erwachsenenalter und die Geschichte von Clara erzählt.
Spannend zu lesen, wie die beiden Kinder von ihren Erziehungsberechtigten zu Objekten degradiert und vermarktet werden und was dieses Leben in der Öffentlichkeit mit den Kindern macht.
EGr

Danielle McLaughlin: Dinosaurier auf anderen Planeten
Die irische Rechtsanwältin und Autorin hat eine Sammlung von elf sehr unterschiedlichen Kurzgeschichten geschrieben, die einen allesamt in den Bann ziehen. Präzise und wortgewandt erzählt sie von Momentaufnahmen - oft ohne Anfang und konkretes Ende - aus dem Leben verschiedener Menschen und Familien. Ziellosigkeit, Einsamkeit und Unzufriedenheit werden oft in ganz banalen Situationen deutlich. Melancholische und triste Begebenheiten ziehen den Leser in den Bann.
EGr

Abi Daré: Das Mädchen mit der lauternen Stimme
Abi Daré ist in Lagos in Nigeria geboren und lebt in Großbritannien. Mit ihrem Debüt-Roman stand sie auf der Shortlist des britischen Buchpreises. Die 14jährige Aduni ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Ihre Mutter ist früh gestorben; ihr Vater verheiratet sie gegen ihren Willen. Sie flieht aus dem unerträglichen Haus ihres Mannes und arbeitet in der Stadt Lagos als Hausmädchen. Dort wird sie ausgebeutet und ständig unterdrückt. Ihr großes Ziel ist es, eine Schule besuchen zu können. Sie versucht mit viel Beharrlichkeit ein Stipendium zu bekommen. Wird ihr das gelingen?
EGr

Zoe Jenny: Der verschwundene Mond
Marty, Leiter des Astronomischen Instituts, muss sich eingestehen, dass er mehr über das Universum weiß als über seine eigene Familie. Seine Tochter Stella zweifelt an ihrer Identität und seine Frau Marlene wünscht sich ein abenteuerliches Leben. Zoe Jenny lässt den Astrophysiker, der sich eigentlich mit den großen Fragen des Lebens auseinandersetzt, auf 150 Seiten über kleine Alltäglichkeiten philosophieren. Nicht alle aufgeworfenen Fragen werden beantwortet, doch das lässt viel Raum für eigene Interpretationen.
JDö

Andrea Sawatzki: Brunnenstraße
Die Schauspielerin Andrea Sawatzki erzählt in ihrem neuen Roman von ihrer schweren Kindheit. Die ersten 8 Jahre lebt sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter, die als Krankenschwester arbeitet, in Vaihingen. Als die erste Frau des Vaters stirbt, ziehen Mutter und Tochter zu ihm. Der Journalist Günther Sawatzki kann keiner Arbeit mehr nachgehen, da er bald nach dem Einzug an Alzheimer leidet. Da die Mutter nun weiterhin als Krankenschwester Geld verdienen muss, muss Andrea sich um den kranken Vater kümmern, der immer mehr Probleme bereitet. Ein sehr lesenswertes Buch der bekannten Schauspielerin und Autorin.
EGr

Laurent Petitmangin: Was es braucht in der Nacht
Der in Lothringen geborene Autor erzählt in seinem preisgekrönten Romandebüt, das auch verfilmt wird, von einem Vater und seinen beiden Söhnen. Die Frau und Mutter ist an Krebs erkrankt, stirbt daran und hinterlässt eine nicht zu füllende Lücke. Der Vater arbeitet als Monteur bei der Staatsbahn. Er ist Sozialist, politisch engagiert und er kümmert sich sehr liebevoll um seine Söhne und versucht, ihnen Halt zu geben. Doch der ältere Sohn Fus kapselt sich immer mehr ab und gerät in die Jugendgruppe der Front National. Nach einer Prügelei mit schweren Verletzungen kommt es zur Katastrophe.
EGr

Ildikó von Kürthy: Morgen kann kommen
Ein toller Roman über Familie, Freundschaft, Liebe, Beziehungen, das Leben und den Tod: Die Schwestern Ruth und Marie können nicht unterschiedlicher sein, trotzdem lieben sie sich über alles. Bis Ruth Martin kennenlernt, ihn heiratet und sich von der Familie entfremdet. 15 Jahre nach der Hochzeit flieht Ruth wieder in die Arme ihrer Schwester und möchte die Missverständnisse der Vergangenheit klären. Ildiko von Kürthy lässt in diesem Roman lebensnahe Charaktere zusammentreffen und beschreibt mit viel Witz und Charme Situationen, die wir alle kennen.
JDoe

Alena Schröder: Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Alena Schröder erzählt die Lebensgeschichte dreier Frauen: Hannah, Evelyn und Senta. Die junge Doktorandin Hannah kümmert sich um ihre Großmutter Evelyn, die in einem Seniorenheim lebt. Die pensionierte Ärztin wartet stoisch darauf zu sterben. Dann taucht ein Brief aus Israel auf und weist Evelyn als Alleinerbin eines verschollenen Kunstvermögens aus. Wieso hat Evelyn nie über die Vergangenheit und ihre leibliche Mutter Senta gesprochen? Ein schönes Buch über Kunstraub im Nationalsozialismus, über das Erwachsenwerden und die Folgen von Familiengeheimnissen. Alena Schröder hat sich mit diesem Buch dieses Jahr in meine Top 10 geschrieben.
JDoe

Bergsveinn Birgisson: Antwort auf den Brief von Helga
Der isländische Autor lässt in diesem kleinen Roman den mittlerweile alten Bjarni einen Brief an seine große Liebe Helga schreiben, die er in jungen Jahren alleine gelassen hat. Der Bauer und Schafzuchtkontrolleur versucht darin, sein Verhalten und seine glücklose Entscheidung zu erklären und zu rechtfertigen. Die kinderlose und freudlose Ehe mit Unnur belastet sein bescheidenes, im Einklang mit der Natur geführtes Leben. Das Leben der Bauern auf den einsamen und verstreuten Höfen im kargen Island wird in diesem poetischen Buch sehr eindringlich geschildert.
EGr

Sally Rooney: Gespräche mit Freunden
Rooneys Debütroman. Studentinnen Frances und Bobbi werden bei einem Poetry-Slam von Fotografin Melissa entdeckt. Daraus resultiert eine Freundschaft mit Melissa und ihrem Ehemann Nick, ein nicht sehr erfolgreicher Schauspieler. Frances beginnt eine Affäre mit dem 11 Jahre älteren, emotional abweisenden Nick. Das Buch greift nicht nur die oben genannten Themen auf, sondern beschäftigt sich auch mit Polygamie. Die Figuren sind keine Sympathieträger, trotzdem fesselt die Geschichte. Den Titel finde ich allerdings nicht treffend.
JDö

Celeste Ng: Unsere verschwundenen Herzen
Bird muss sich nach dem Verschwinden seiner Mutter plötzlich Noah nennen. Er muss behaupten, seine Mutter gehört nicht mehr zu seinem Leben. Er muss sich strikt an alle Regeln halten, um das aufwieglerische Verhalten seiner Mutter wiedergutzumachen. Und um der Idee entgegenzuwirken, dass seine Mutter ihn mit chinesischen Ideologien beeinflusst hat. Doch Bird beginnt zu rebellieren und möchte herausfinden, wohin seine Mutter verschwunden ist. Celeste Ng feierte schon einige Erfolge, zuletzt mit „Kleine Feuer überall“. Romane über wichtige Themen, die zum Nachdenken anregen!
JDö

Laetitia Colombani: Das Mädchen mit dem Drachen
Geschickt vereint Laetitia Colombani in ihrem neuen Roman wieder das Schicksal verschiedener Frauen und Mädchen. Lena ist Lehrerin und möchte in Indien einen schweren Schicksalsschlag überwinden. Preeti bringt jungen Mädchen Selbstverteidigung bei und die stumme, intelligente Lalita lebt als Arbeitskraft ohne positive Zukunftsaussichten. Als Lena erfährt, dass Preeti und Lalita weder lesen noch schreiben können, findet sie endlich eine neue Lebensaufgabe. Obwohl die Romane Colombanis keine überraschenden Wendungen beinhalten, lese ich die Geschichten immer sehr gerne und die Themen stimmen mich nachdenklich. Ein einfühlsames, bewegendes und kurzweiliges Lesevergnügen!
JDoe

Arno Strobel: Die App
Das Paar Linda und Hendrik haben sich einen Wunsch erfüllt und wohnen in einem modernen Haus mit Smart Home Anlage in Hamburg. Ihr harmonisches Leben endet, als Linda mitten in der Nacht verschwindet und die Polizei das Verschwinden aufgrund fehlender Spuren nicht als Verbrechen einstufen kann. Arno Strobel greift in seinem Psychothriller wieder ein aktuelles Thema auf und bringt die Lücken neuer Technologien auf den Punkt. Allerdings gibt es wie in den vorherigen Romanen wieder einige blutige Szenen und somit ist es nichts für Zartbesaitete.
JDoe

Luisa-Marie Neubauer: Gegen die Ohnmacht - meine Großmutter, die Politik und ich
Luisa Neubauer hat im Zusammenhang mit der Klimakrise bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Nun gibt es ein neues Buch, das sie zusammen mit ihrer Großmutter Dagmar Reemtsma geschrieben hat. Die Themen sind sehr breit gefächert, da sich Dagmar Reemtsma - Jahrgang 1933 - bereits früh für Umwelt, Frieden und globale Gerechtigkeit eingesetzt hat. Die beiden Frauen werfen gemeinsam einen Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft der Gesellschaft. Sie diskutieren politische und gesellschaftliche Themen aus den verschiedenen Blickwinkeln der beiden Generationen.
EGr

Jochen Schweizer: Die Begegnung - eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben
Der Unternehmer und Extremsportler Jochen Schweizer hat einen Roman über den Norweger Hakon geschrieben, der ein sehr erfülltes und spannendes Leben geführt hat und nun im hohen Alter seine Weisheit und Lebenserfahrung an den jungen Sverir weitergibt. Sverir hat eine ähnlich harte Jugend wie Hakon sie hatte, ist einsam und auf der Suche. Hakon hat im Kajakfahren seinen Lebenssinn gefunden und später gelingt es ihm, das Abschlachten der Wale zu begrenzen. Im Alter wurde er immer selbstsicherer, eindeutiger und zielgerichteter in seinen Entscheidungen und Taten. Ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst, aber mit eindeutigen Zielen zu finden, ist Hakons Grundsatz.
EGr

Mareike Fallwickl: Die Wut, die bleibt
Mareike Fallwickel beschreibt auf den ersten Seiten ein Ende - das Ende von Helenes Leben. Ihr Tod hinterlässt eine Lücke im Leben ihrer drei Kinder, ihres Ehemannes und ihrer besten Freundin Sarah. Wie soll es jetzt weitergehen? Mich hat der Roman von Anfang an sehr begeistert, auch wenn viele Situationen sehr überspitzt werden. Es werden viele Themen aufgerollt, die die Frauenwelt beschäftigt. Das Theaterstück zum Roman wird auf den Salzburger Festspielen 2023 uraufgeführt.
JDö

Elisabeth Schmidauer: Fanzi
Großvater Franz und seine Enkeltochter Astrid erzählen von ihrem Leben und von ihrer Familie. Sie erzählen, wie vieles durch den zweiten Weltkrieg zerbrach, welchen Schaden die einzelnen Familienmitglieder genommen haben und in wie vielen Generationen die Probleme nachwirken.
Franz versucht als Kind die Härte und Lieblosigkeit der Eltern zu ertragen. Er kümmert sich innig um seine kleine Schwester Elfi. Er übernimmt schließlich den Hof und heiratet seine große Liebe. Er bleibt zurückgezogen und wortkarg. Erst als sein Sohn und seine Enkelin Fragen stellen, gelingt es ihm, sich den Erinnerungen zu stellen. Schaffen sie es, die erlittenen Verletzungen und Erinnerungen zu klären, so dass doch alle Generationen noch ihren Frieden finden?
Ein sehr spannender und berührender Roman, der im ländlichen Österreich spielt.
EGr

Édouard Louis: Die Freiheit einer Frau
Die Bücher des jungen französischen Autors haben meist einen starken Bezug zu seinem eigenen Leben. In seinem neuen Roman geht es um das harte Leben und die Abhängigkeiten seiner Mutter. Édouard wuchs mit zwei jüngeren Geschwistern, einem gewalttätigem Vater und seiner unterdrückten Mutter auf dem Land auf. Er schaffte es als einziger, das Gymnasium zu besuchen und der Armut zu entkommen.
Die Mutter wird mit 16 schwanger, muss die Schule abbrechen und findet sich in einer Spirale aus Alkoholmissbrauch, Gewalt und vollkommener Perspektivlosigkeit wieder. Der Sohn beschreibt, wie sie es letztendlich doch noch schafft, dieser Aussichtslosigkeit auf ihre Weise zu entkommen.
EGr

Tracey Lindberg: Birdie
Die große, wunderschöne Cree-Frau Bernice, genannt Birdie, verlässt mit einem dunklen Geheimnis in ihrer Vergangenheit ihr Zuhause im Norden Albertas. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer Familie, nach einem Zuhause, nach Verständnis und nach der Bedeutung ihrer Träume. Tracey Lindberg hat mit dem Roman eine Hommage an die indigene Kultur Nordamerikas geschaffen. Eine witzige und zugleich erschütternde Geschichte mit einer faszinierenden Protagonistin.
JDö

Mareike Fallwickl: Dunkelgrün fast schwarz
Marie und Alexander wohnen mit ihren kleinen Kindern Moritz und Sophie sehr beengt in Wien. Alexander studiert noch und möchte später im kleinen Ort Bad Dürrnberg bei Salzburg die Praxis seines Vaters übernehmen. Marie zieht bereits vorher mit den Kindern in das Elternhaus von Alexander. In einem kleinen Dorf Anschluss zu finden ist schwierig. Doch Moritz freundet sich gleich am ersten Tag mit seinem Kindergartenkumpel Raffael an.
Mareike Fallwickl erzählt die Verflechtungen und subtilen Abhängigkeiten der Erwachsenen und der Kinder aus verschiedenen Blickwinkeln und zu verschiedenen Zeiten - auch als die Kinder bereits erwachsen sind. Ein vielschichtiges Buch - äußerst spannend erzählt.
EGr

Leila Slimani: Das Land der Anderen
Die junge Französin Mathilde zieht mit ihrem Ehemann Amine nach dem zweiten Weltkrieg in sein Heimatland Marokko. Amine bestellt den dort den Hof, den er von seinem Vater geerbt hat, und Mathilde zieht die gemeinsamen Kinder groß. In Marokko muss die Familie gegen viele Vorurteile, Hass und kulturelle Differenzen kämpfen. Berührend und faktenreich beschreibt Slimani, wie sich die Einheimischen gegen die französische Besatzung auflehnen. Im September erscheint der zweite Teil der Reihe.
JDö

Naomi Fontaine: Die kleine Schule der großen Hoffnung
Naomi Fontaine gehört der indigenen Volksgruppe der Innu aus der kanadischen Provinz Quebec an und auch sie arbeitet als Lehrerin. So kann sie in ihrem Roman sehr fundiert und glaubhaft von der Situation im First-Nation-Reservat Uashat erzählen. Der Leser darf die junge Lehrerin Yammie ein Schuljahr lang begleiten. Sie hat in Quebec studiert und hatte dort einen Partner. Doch nun kehrt sie zurück in ihren Heimatort. Yammie setzt sich sehr für das Wohlergehen und den Fortschritt ihrer Schüler ein. Sie fördert den Zusammenhalt und möchte den Schülern Zukunftsperspektiven vermitteln.
EGr

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen
Zwei Jugendliche kämpfen im Zweiten Weltkrieg ums Überleben: Die blinde Marie-Laure flieht mit ihrem Vater aus dem besetzten Paris nach Saint-Malo und der technisch begabte Waisenjunge Werner landet in einer Spezialeinheit der Wehrmacht, die Wiederstandkämpfer aufspürt. Anthony Doerr gelingt es sprachgewandt die Grausamkeiten des Krieges mit dem Zauber des Lebens zu verbinden und hat einen authentischen, gut recherchierten Roman geschaffen. Absolute Leseempfehlung!
JDö

Natalie Buchholz: Unser Glück
Natalie Buchholz wurde 2018 mit dem Roman "Der rote Swimmingpool" bekannt. Sie lebt und arbeitet in München und im Inntal.
In ihrem neuen Roman geht es um das Paar Franziska und Coordt und ihren kleinen Sohn Frieder. Sie sind in München auf Wohnungssuche, was sehr schwierig bis unmöglich ist. Da ergibt sich eines Tages die Chance auf eine Traumwohnung. Bedingung ist jedoch, dass der alte Mann Bobo in einem integrierten Zimmer mit Bad wohnen bleiben kann. Das Paar lässt sich auf diese Situation ein - doch was macht es mit den beiden?
EGr

Harlan Coben: Ich finde dich
Jake Fischers geordnetes Leben gerät aus den Fugen, als er im Internet den Nachruf auf einen ehemaligen Studenten entdeckt. Für diesen Mann hatte ihn seine große Liebe Natalie verlassen. Wird er sie auf der Beerdigung wiedersehen? Doch Natalie ist wie vom Erdboden verschluckt. Momentan feiert Harlan Coben zahlreiche Erfolge mit den Verfilmungen seiner Werke. So wurde ich auch auf die Romane aufmerksam. Auch thrillererprobte Leser werden hier auf die falsche Fährte gelockt.
JDö

Elif Shafak: Das Flüstern der Feigenbäume
Die britisch-türkische Autorin Elif Shafak erzählt in ihrem neuen Roman von einer Liebe zwischen einer Türkin und einem Griechen auf der geteilten Insel Zypern. Der Roman spielt zu verschiedenen Zeiten auf Zypern und in London. Der junge Grieche Kostas und die Türkin Defne verlieben sich in den 70er-Jahren. Der einzige Ort, wo sie sich heimlich und ungestört treffen können ist das Hinterzimmer der Taverne "Die glückliche Feige". Die Taverne wird von dem schwulen griechisch-türkischen Paar Yiorgos und Yusuf betrieben, die durch die "unmögliche" Verbindung ähnliche Schwierigkeiten haben. Der aufflammende Bürgerkrieg lässt die Paare zwischen die Fronten geraten. Kostas wird zwangsweise nach London geschickt, ohne sich von Defne verabschieden zu können.
EGr

Daniel Speck: Bella Germania
München, 2014: Die Modedesignerin Julia ist kurz vor dem ganz großen Durchbruch. Als plötzlich ein Mann namens Vincent vor ihr steht, der behauptet, er sei ihr Großvater, gerät ihre Welt aus den Fugen. Die sich über drei Generationen erstreckende Familiengeschichte erklärt in interessanter Weise, wie sich die damaligen ersten Gastarbeiter aus Italien gefühlt haben müssen - als Gäste zum Arbeiten, aber nicht als Bürger oder gar Freunde. Heutzutage nennt sich das Migration. Eine deutsch-italienische Familiengeschichte mit viel Herz. Auch alle anderen Romane aus der Feder Daniel Specks sind lesenswert!
JDö

Simone de Beauvoir: Die Unzertrennlichen
Simone de Beauvoir schrieb diesen Roman im Jahr 1954. Ihre Adoptivtochter hat ihn jetzt veröffentlicht. Erzählt wird die Jugendfreundschaft zwischen Simone und ihrer Freundin Zaza. Im Roman heißen die beiden Sylvie und Andrée. Sie lernen sich 1919 in der Schule kennen. In Frankreich und im Elternhaus von Andrée herrscht ein strenger Katholizismus. Eigenes Denken und eigene Wünsche sind auch innerhalb der Familie nicht erwünscht. Diese zutiefst konservative Umgebung und die unerbittlichen Gesetze der besseren Gesellschaft und des konservativen Milieus machen das Leben der beiden jungen Frauen nicht einfach. Die eine zerbricht daran, die andere überwindet diese Bedingungen und ihr gelingt es im Lauf der Zeit, sich zu emanzipieren.
EGr

Paolo Cognetti: Das Glück des Wolfes
Paolo Cognetti ist Mathematiker, Filmemacher und Autor. Bekannt wurde er vor allem mit seinem Buch "Acht Berge", das im Aostatal spielte. "Das Glück des Wolfes" ist ein sehr ruhiges Buch über das Leben in einem kleinen Bergort in Norditalien: der ruhige Alltag der Bewohner und die Faszination der Natur nehmen viel Raum ein.
Der wenig erfolgreiche Schriftsteller Fausto begibt sich nach der Trennung von seiner Frau als Aushilfskoch in die italienischen Alpen. Er arbeitet im Lokal "Babettes Gastmahl" in Fontana Fredda, wo er sich in die Kellnerin Silvia verliebt. Beide sind auf der Suche nach dem passenden Weg im Leben. Gemeinsam erleben sie die grandiose Natur der Alpen und sind vom Leben im Hochgebirge mit seinen besonderen Bewohnern fasziniert.
EGr

Ian McEwan: Abbitte
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Briony, ihre Schwester Cecilia und Robert. Die dreizehnjährige Briony beobachtet im Sommer 1935 heimlich eine Begegnung und verändert durch ihre kindliche Naivität das Leben dreier Menschen. Ian McEwan zeigt die Folgen einer falsch interpretierten Situation. Tragisch, emotional, spannend, irreführend, genial. Muss man gelesen haben.
JDö

Tina Vallès: Das Gedächtnis des Baumes
Der 10jährige Jan lebt mit seiner Familie in Barcelona. Gerne besucht er seine Großeltern in dem kleinen Dorf Vilaverd. Doch als sein Opa Joan, der ein leidenschaftlicher Uhrmacher gewesen ist, an Demenz erkrankt, ziehen die Großeltern zur Familie in die Großstadt.
Jan erzählt in kurzen Episoden von seinem Alltag, von seiner guten Beziehung zu seinem Großvater und von seinen Gesprächen mit ihm. Aus seiner kindlichen Perspektive berichtet er von seinen Gedanken und den Sorgen, die er sich um seinen Großvater macht.
Eine sehr einfühlsame und respektvolle Geschichte zum Thema Demenz.
EGr

Ángeles Donate: Die Schule, die wir liebten
In diesem wunderbaren Roman geht es um Kinder von Eisenbahnarbeitern in Mexiko, die sogenannte Eisenbahnschulen besuchten. Eine davon gibt es noch. Dr. Hugo Valenzuela, Chefinspektor der Generaldirektion für Bildung, wird gegen seinen Willen damit beauftragt, sie zu schließen.
In einem zweiten Handlungsstrang erzählt der 11jährige Ikal von seiner Kindheit, von seinen Freunden, von seinem Hund und von seinem Lehrer in eben jener Eisenbahnschule. Dort hat er von seinem engagierten und charismatischen Lehrer viel gelernt - bis ein Schicksalsschlag seine Kindheit abrupt beendet.
EGr

Walter S. Tevis: Das Damengambit
Beth Harmon wächst in einem Waisenhaus auf und erfährt dort keinerlei Freude. Doch durch Zufall beginnt sie mit dem Hausmeister Schach zu spielen. Er bringt ihr alles bei, was sie wissen muss. Der Autor Walter S. Tevis zeichnet den schwierigen Weg raus aus dem Waisenhaus. Beth wird spät adoptiert. Sie muss mit ihrer Sucht kämpfen, die durch die Beruhigungspillen hervorgerufen wurde, die die Kinder im Waisenhaus täglich schlucken mussten. Diese Sucht weitete sich zu einer Alkoholsucht aus, aus der sie wieder herauszukommen versucht.
Beth arbeitet sich von Turnier zu Turnier nach oben. Die große Frage, die sich durch die Lektüre zieht: wie weit nach oben schafft sie es und wie geht es mit ihrer Sucht weiter.
Ein äußerst spannender Roman, der jeden fesselt, auch wenn man keinen Bezug zum Schachspiel hat.
EGr

Tessa Korber: Alte Freundinnen
Vier Freundinnen beschließen, im Alter gemeinsam zu wohnen. Alles kann sehr schnell in die Tat umgesetzt werden, da Franziskas Elternhaus - ein leerstehender Gasthof - sich dafür ganz ideal anbietet. Schnell werden sie sich trotz vieler Bedenken einig, renovieren und ziehen zusammen. Was dann das Leben alles für sie bereithält, erzählt Tessa Korber in ihrem neuen Buch. Eigenheiten, Sorgen und Probleme, aber auch viel Freude und Überraschungen hält das Leben für sie bereit. Ein ernsthaftes Thema, das in diesem Buch jedoch amüsant erzählt wird und leicht zu lesen ist.
EGr

Jacqueline Woodson: Alles glänzt
Aus vielen Blickwinkeln wird die Geschichte einer schwarzen Familie erzählt. Iris und Aubrey sind noch minderjährig, als sie eine Tochter bekommen. Das Mädchen Melody wächst bei Aubrey und den Eltern von Iris auf. Iris kümmert sich nicht um ihre Tochter, obwohl sie während der Schwangerschaft so für sie gekämpft hat. Sie geht möglichst weit weg nach Oberlin aufs College.
Durch die Einbeziehung der Sichtweise auch der Großeltern pendelt der Roman zwischen Vergangenheit und Gegenwart und gibt dem Leser einen breiten Einblick in die Schicksale der einzelnen Familienmitglieder. Freude und Tragik liegen hier nah beisammen.
EGr

Alan Bennett: Die Souveräne Leserin
Die Hunde der Queen locken sie in den Bücherbus, der jeden Mittwoch den Palasthof besucht. Aus lauter Höflichkeit leiht die Königin ein Buch aus – um fortan nicht mehr vom Lesen lassen zu können. Die fiktive Geschichte der Queen auf dem Weg zur Bücherliebhaberin bereitet sehr viel Freude. Der Autor unternimmt dabei einen Ritt durch die englische Literatur und lässt durchaus seine eigenen Vorlieben durchblicken. Eine tolle Lektüre für zwischendurch mit einer Prise britischem Humor. Das Bändchen mit 115 Seiten hat man auf einen Nachmittag durchgeblättert.
JDö

Anne von Canal und Heikko Deutschmann: I get a bird
Die Schriftstellerin und Übersetzerin Anne von Canal und der Schauspieler und Autor Heikko Deutschmann haben gemeinsam einen feinfühligen Briefwechsel zu Papier gebracht. Sie haben ausgelost, wer den ersten Brief schreibt und sie haben dann ohne genauere Absprache einen schriftlichen Austausch zwischen zwei fiktiven Personen entstehen lassen und der Handlung freien Lauf gelassen. Ein interessantes Experiment! -
Jana hat vor 3 Jahren ihren Terminkalender verloren. Johan hat ihn gefunden und schickt ihn ihr jetzt erst zu. Daraus entwickelt sich ein erst sehr scheuer Briefwechsel, der dann bald an Tiefe gewinnt.
EGr

Melissa Harrison: Vom Ende eines Sommers
Die Autorin hat für diesen Roman den Literaturpreis der europäischen Union erhalten.
Die 14jährige Edith wächst als jüngste Tochter zwischen den beiden Weltkriegen auf der Farm ihrer Eltern in der englischen Grafschaft Suffolk auf. Ihr Leben ist in den arbeitsreichen Alltag der Familie und der Farmarbeiter eingebunden. Sie hat eine innige Verbindung zur Natur und zu den Tieren und sie liest viel lieber, als mit anderen Kindern zu spielen oder auf der Farm zu helfen. Sie ist gefangen in alten Sitten, Gebräuchen und Traditionen; der Aberglaube beherrscht sie. Wirtschaftliche Probleme und Unsicherheiten, die das Erwachsenwerden mit sich bringen, beschäftigen die intelligente junge Frau. Als sie sich mit der modernen und selbstbewussten Londoner Journalistin Constanze FitzAllen anfreundet, gerät ihr Weltbild ins Wanken.
EGr

Eric-Emmanuel Schmitt: Madame Pylinska und das Geheimnis von Chopin
Als Neunjähriger wird Eric vom Klavierspiel seiner Tante verzaubert. Sein Entschluss steht fest: so möchte er auch Chopin spielen können! Er lernt fleißig, bleibt aber unzufrieden, bis er mit 20 Jahren in Paris bei der exzentrischen Madame Pylinska landet. Mit ihren ungewöhnlichen Lehrmethoden lernt er mehr über das Leben als über die Musik - mit erstaunlichen Ergebnissen! Ein humorvoller, unterhaltsamer Roman, fein verwoben mit Lebensweisheiten.
BGr

Edgar Selge: Hast du uns endlich gefunden
Der Schauspieler Edgar Selge hat einen herausragenden autobiographischen Roman geschrieben. In der Nachkriegszeit geboren, erzählt er vom schwierigen Familienleben mit seinen Eltern und mehreren Brüdern. Sein Vater ist angesehener Gefängnisdirektor, seine Mutter widerwillig Hausfrau. Er wird in eine sehr musikalische Familie mit einer schwierigen Vergangenheit während des 2. Weltkrieges hineingeboren. Das Leben und die Gefühle des Kindes sind stark vom Verhalten des Vaters beeinflusst und geprägt. Selge berichtet von den patriarchalischen Verhältnissen zu dieser Zeit, die in seinem Elternhaus sehr bedeutsam sind und ihm immens zu schaffen machen. Intensiv beschreibt er in einzelnen Szenen und Kapiteln die Vorkommnisse, die ihm das Leben und das Erwachsenwerden so schwer machen.
EGr

Hanne Ørstavik: ti amo
Die in Norwegen sehr bekannte Schriftstellerin Hanne Ørstavik lebt noch nicht lange in Mailand. Sie ist ihrem Mann erst vor kurzem dorthin gefolgt. Von den letzten Monaten mit ihm berichtet sie in diesem dünnen, aber umso intensiveren Buch. Er gibt als Verleger ihre Bücher in Italien heraus. So haben sich die beiden ein paar Jahre vorher kenngelernt. Nun ist er an Krebs erkrankt und hat nicht mehr lange zu leben. Nach vielen Reisen dreht sich das Leben in den letzten Monaten nur noch um Chemotherapie, Arzttermine und Apotheken. Der Verlag, Buchmessen, Konditoreien, Literaturhäuser und Bibliotheken sind die willkommene Abwechslung. Sachlich, nüchtern und zärtlich schreibt sich die Autorin ihre Sorgen und Gefühle von der Seele.
EGr

Omar Khir Alanam: Feig, faul & frauenfeindlich
Unter dem Motto "Was an euren Vorurteilen stimmt und was nicht" schreibt der in der Steiermark lebende Syrer Omar Khir Alanam über seine Erfahrungen, die er mit seinen verschiedensten Mitmenschen macht. Welche Vorstellungen sind bloße Vorurteile und welche haben einen wahren Kern?
Der Autor hat bereits mehrere Bücher geschrieben und ist überhaupt sehr engagiert in seinem Wunsch gegenseitiges Verständnis zwischen Einheimischen und Menschen mit arabisch-muslimischen Migrationshintergrund zu erreichen. Er leitet z.B. auch Workshops und Schreibwerkstätten, bei denen er Jugendlichen das Thema näherbringt. Integration und Miteinander der verschiedenen Kulturen und Religionen sind sein Anliegen. Auch betont er immer wieder, die Wichtigkeit der Sprache, um sich hier eine eigene Identität aufbauen zu können.
EGr

Tobias Bamborschke: Schmetterlinge im Winter
Tobias Bamborschke, auch bekannt als Texter und Sänger der Berliner Rockband "Isolation Berlin", hat nach dem 2017 erschienenen "Mir platzt der Kotzkragen" ein weiteres Buch herausgebracht. Er nennt seine Texte Gedichte, Gedanken und Spelunken und hat sie mit eigenen Zeichnungen illustriert. In seinen Liedern wie auch in seinen Gedichten geht es viel um Einsamkeit in der Großstadt und um Lebensschmerz. Die Gedichte sind teils düster und sehr nachdenklich. Sie schwanken zwischen melancholisch, lustig und ironisch. Dann aber sind sie auch wieder sehr wütend und traurig. Texte, die keinen kalt lassen. Texte, die tief berühren.
EGr

Christiane Tramitz: Das Dorf und der Tod
Die Autorin hat - nach vielen anderen Veröffentlichungen und dem so erfolgreichen Buch "Harte Tage, gute Jahre. Die Sennerin vom Geigelstein" - nun einen Roman nach einer wahren Begebenheit geschrieben. Auf dem Einband steht zwar Kriminalroman; als solchen kann man ihn aber nicht einordnen. Spannend und feinfühlig geschrieben ist der Roman aber allemal.
Ein Dorf in der Nähe von Rosenheim im Jahr 1921 - die noch nicht volljährige Vroni verliebt sich in Lorenz und wird schwanger. Ihre Eltern zwingen sie, den wesentlich älteren Bauern Benedikt zu heiraten. Ihren Sohn Franz nehmen sie ihr weg. Fortan führt Vroni ein trostloses Leben, geprägt von dörflichen Zwängen und Tradition. Christiane Tramitz lässt den Leser an vielen Schicksalen des kleinen Dorfes teilhaben. Auch lässt die Nazizeit das Dorf nicht verschont. Kälte und Hass führen im Jahr 1995 zu einem Doppelmord. Ein berührendes Buch, das sehr zu empfehlen ist.
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Ombra - Roman einer Wiedergeburt
Der Schriftsteller und Professor Hans-Josef Ortheil berichtet in seinem neuen Roman von seiner Herzerkrankung, von seiner OP mit anschließendem Koma und von der Zeit der ambulanten Reha. In dieser schwierigen Zeitspanne wird er gezwungen, noch mehr über sich und sein Leben nachzudenken. Eine Änderung seines Lebens in vielen Bereichen ist gefragt. Durch die Reha und viele Gespräche versucht er nun, eine Balance zwischen Körper- und Gehirntraining, zwischen Körper und Geist zu finden.
EGr

Christiane Tramitz: Der Geruch von Erde - Das einfache reiche Leben der Totengräberin von Waging
Christiane Tramitz hat bereits einige erfolgreiche Bücher veröffentlicht. Sehr viel Beachtung fand ihr Buch "Harte Tage, gute Jahre. Die Sennerin vom Geigelstein." Nun hat sie sich wieder eingehend mit dem Leben einer Frau in unserer Region beschäftigt. Auch hier hatte sie wieder gute Gespräche mit einer Frau im hohen Alter und hat ausführlich in ihrem Umkreis und der Familie recherchiert. Es geht um die Totengräberin Rosa Wegscheider aus Waging. Rosa wurde 1928 in armen Verhältnissen geboren. Ihr Leben war immer von Arbeit geprägt. Sie war fleißig und bescheiden, aber auch sehr eigensinnig und stur. Ein fesselndes und sehr interessantes Zeugnis einer starken Frau.
EGr

Lena Raubaum: Mit Worten will ich dich umarmen – Gedichte und Gedanken
Die Gedichte aus der Feder der Österreicherin Lena Raubaum laden zum Nachdenken und Schmunzeln ein. Die Wort- und Sprachbegeisterung ist in den Gedichten, den Gedanken und kurzen Sprüchen immer zu spüren. Katja Seifert hat diesen schönen Lyrikband mit viel Feingefühl und Herzlichkeit illustriert. Ein wunderbares Geschenkbuch für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ideal zum Sichselberschenken und für gute Freundinnen und Freunde.
EGr

David Garrett: Wenn ihr wüsstet - die Autobiographie
Ein interessanter Einblick in Kindheit und Jugend und ins Elternhaus von David Garrett. Die einzelnen Kapitel werden von Fotos und Filmen begleitet, die man mittels QR-Code im Internet findet.
Sein Vater ist äußerst streng und erwartet von seinem Sohn eiserne Disziplin und absoluten Perfektionismus beim Erlernen der Geige. Perfektion war der Maßstab, Erwartungen mussten erfüllt werden und das Kind und später der Jugendliche wollte es allen recht machen, damit das Bedürfnis nach Harmonie befriedigt wird. Als Kind ein Außenseiter und abgestempelt als Wunderkind, bekommt David Unterricht bei verschiedenen Koryphäen, gibt international Konzerte und veröffentlicht viele CDs.
Doch dann bricht er mit seinen Eltern und muss sich selbst ein Studium an der Juilliard School in New York finanzieren. Nach dem klassischen Studium entdeckt er für sich ein ganz neues Genre, das Crossover. Für Fans des Musikers eine lohnende Lektüre.
EGr

Chris Whitaker: Von hier bis zum Anfang
Dieser Roman ist eine Mischung aus Familiengeschichte und Krimi. Er spielt in der fiktiven Kleinstadt Cape Haven in Kalifornien. Es geht um den Polizisten Walk und seinen Freund aus Kindertagen Vincent King, der seit seinem 16. Lebensjahr wegen des Mordes an Sissy Radley im Gefängnis saß. Nach 30 Jahren kommt er nun frei.
Eng mit den Beiden verknüpft ist die Geschichte und das Schicksal der 13jährigen Duchess und ihres 5-jährigen Bruders Robin. Ihre Mutter Star Radley, die Schwester von Sissy, kommt mit dem Leben nur schwer zurecht. Duchess kümmert sich ziemlich alleine um Robin - erst recht, als ihre Mutter ermordet wird. Sowohl Duchess als auch Walk versuchen Verantwortung zu übernehmen und mit den verschiedenen Schicksalsschlägen umzugehen. Ein sehr fesselnder und überzeugender Roman.
EGr

Suleika Jaouad: Zwischen den Welten - Was mich die Begegnung mit dem Tod über das Leben lehrte
Mit 22 Jahren erkrankt Suleika Jaouad an einer speziellen Form von Leukämie, dem myelodysplastischen Syndrom. Eine Odyssee an Chemotherapien und Bestrahlungen steht vor ihr. Eine Knochenmarkspende ihres Bruders rettet ihr das Leben. Nach 4 Jahren gilt sie als geheilt und sie nimmt sich vor, mit ihrem Terrier Oscar für 100 Tage auf eine Reise durch Amerika zu gehen. Die Route bestimmen Brieffreundschaften, die durch ihre Kolumne in der New York Times entstanden sind.
Durch beides - durch die lange Krankheit und genauso durch die daraus entstandenen tiefen Freundschaften - lernt Suleika viel für ihr Leben. Für all dies ist sie unheimlich dankbar und dadurch findet sie auch ihren eigenen Weg.
"Und wenn wir mutig genug sind, unsere eigene Geschichte zu erzählen, dann wird uns immer wieder bewusst, dass wir nicht alleine sind."
EGr

Anja Jonuleit: Das letzte Bild
Auch dieser Roman verbindet Krimi und Familiengeschichte. Die Journalistin Eva entdeckt in einer Zeitung ein Phantombild, das sowohl ihr als auch ihrer Mutter sehr ähnlich sieht. Es ist das Bild einer Frau, die im November 1970 in Norwegen gewaltsam zu Tode kommt und deren Identität nie aufgedeckt wurde. Sie beginnt ihre Recherche und stößt auf ein dunkles Familiengeheimnis und einen Kriminalfall mit vielen ungelösten Rätseln. Anja Jonuleit hat einen realen Kriminalfall zu einer Geschichte mit vielen Emotionen verarbeitet. Die Geschichte wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, die am Anfang nichts miteinander zu tun haben und dann geschickt miteinander verwoben werden. Ein durchgehend spannender und ergreifender Roman.
JDoe

Michaela May: Hinter dem Lächeln
Die bekannte Schauspielerin Michaela May berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, von ihrem privaten und beruflichen Leben. Auch wenn sie in der Jugend noch unsicher ist und ihren eigenen Weg und ihre eigene Sichtweise noch nicht gefunden hat, ist sie die einzige von 4 Geschwistern, die ihr Leben in den Griff bekommt. Trotz mehrerer schwerer Schicksalsschläge gelingt es ihr, ein selbstbewusstes und zufriedenes Leben zu führen. Sie setzt sich für Mukoviszidose-Patienten, für SOS-Kinderdörfer, für die Welthungerhilfe und Retla e.V. ein.
EGr

Jarka Kubsova: Bergland
In ihrem ersten Roman hat die Autorin Jarka Kubsova eine generationenübergreifende Familiengeschichte aus den Südtiroler Bergen geschrieben. Sie erzählt von den wiederkehrenden Problemen zwischen den Menschen, zwischen den Kindern, Eltern und Großeltern der verschiedenen Generationen. Sie erzählt vom gravierenden Wandel der letzten Jahrzehnte bei den Bergbauern und im Tourismus: sehr harte Arbeit, Sprachlosigkeit, Technisierung und vermeintliche Optimierung, die bis ins hinterste abgelegene Tal vordringt. Erst eine Krise zwingt die Familie wieder zusammenzuwachsen. Altes Wissen und Traditionen bekommen die Chance doch wieder an die Oberfläche zu kommen und echter Landwirtschaft und Zufriedenheit den Weg zu ebnen.
EGr

Max Heberer: Gipfelnächte
Max Heberer arbeitet als erfolgreicher Unternehmensberater, fühlt sich jedoch mehr und mehr ausgebrannt. Er beschließt zu kündigen und in einer Auszeit von Berchtesgaden zum Mont Blanc zu wandern und dabei immer nur im Freien zu übernachten. Schon bald nach Beginn der Unternehmung dämmert ihm, dass er die Tour schlecht geplant hat und dass es zu früh im Jahr ist. Das Wetter macht ihm immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Aber sein Ehrgeiz ist nicht grenzenlos, so dass er auch immer wieder die Vernunft walten lässt und seine Ziele nicht mit aller Konsequenz verfolgt.
Für die Zukunft nimmt er sich vor, die richtige Balance zwischen Zielen und Wegen, Zweisamkeit und Arbeit, Natur und Zivilisation zu finden. Die goldene Mitte soll sein Leben ausmachen.
EGr

Moritz Heger: Aus der Mitte des Sees
Lukas lebt in einer Benediktinerabtei. Er ist mit knapp 40 Jahren der jüngste Mönch, nachdem Andreas - sein bester Freund - wegen einer Frau das Kloster verlassen und eine Familie gegründet hat. So ist Lukas mit den alten Mitbrüdern zurückgeblieben. Er ist für die zahlreichen Gäste zuständig. Am liebsten geht er täglich zum nahegelegenen See zum Schwimmen, wo er seinen Gedanken über das Leben und die Zukunft nachhängen kann. Am Steg und im Wasser kommt er zur Ruhe und versucht, sich seiner Gefühle klar zu werden. 14 Tage lang begleitet der Leser Lukas durch seinen Alltag und durch seine Gedankenwelt. Man ist bei seinen Gesprächen und Begegnungen dabei und kann seine Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen. Ein ruhiges und sehr sympathisches Buch!
EGr

Bettina Flitner: Meine Schwester
Die Fotografin Bettina Flitner erinnert sich in Rückblenden an ihre Kindheit und Jugend in den 60er- und 70er-Jahren, an ihre Eltern und an ihre ältere Schwester. Bedingt durch den Beruf des Vaters musste die Familie sehr oft umziehen. Die beiden Schwestern erleben zwar einerseits eine privilegierte Kindheit, leiden aber andererseits sehr unter ihren egozentrischen Eltern mit ihren unausgesprochenen Konflikten. Die Beiden geben sich gegenseitig Halt. Mutter und Vater entfremden sich mehr und mehr. Beide hatten andere Beziehungen, blieben als Familie jedoch trotzdem sehr lange zusammen. Die Mutter leidet an Depressionen, genauso wie dann auch die Schwester, als sie älter wird. Nachforschend und erzählend versucht Bettina Flitner die nur vordergründig glückliche Familie zu beschreiben. Ihr ist damit ein beeindruckendes Buch gelungen.
EGr

Simona Baldelli: Die Rebellion der Alfonsina Strada
Simona Baldelli hat einen biografischen Roman über die Radsportlerin Alfonsina Strada geschrieben. Alfonsina war ihrer Zeit weit voraus, als sie als Frau begann an Radrennen teilzunehmen. Sie wurde 1981 in Castelfranco Emilia geboren. Sie wuchs in einer großen und äußerst armen und lieblosen Familie auf. Als ihr Vater eines Tages ein altes Fahrrad mit nach Hause brachte, begann ihre Faszination für dieses Fortbewegungsmittel. Trotz Verbotes benutzt sie dieses Fahrrad und fährt damit nachts heimlich durch die Gegend. Auch an den ersten Rennen nimmt sie teil und will immer mehr. Das Radfahren bedeutet für Alfonsina Freiheit und Anerkennung.
EGr

Susanne Abel: Stay away from Gretchen
Weder die 84jährige, aufgeweckte Greta Monderath noch ihr Sohn Tom, ein bekannter Fernsehmoderator und attraktiver Junggeselle, wollen eine beginnende Demenz der alten Dame wahrhaben. Durch die Krankheit werden Gretas Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend während der Kriegs- und Nachkriegszeit wach. Tom beginnt zu recherchieren und findet Erlebnisse und Begebenheiten heraus, die er kaum glauben kann und die sein Leben nachhaltig verändern. Der Roman macht diese Zeit und ihre ungewollt tragischen Ereignisse sehr lebendig und beleuchtet dabei auch die Verbindungen zwischen deutschen Frauen und Besatzungssoldaten. Eine berührende Geschichte über verschwiegene Ereignisse in deutschen Familiengeschichten, die über die Generationen bis in die Gegenwart fortwirken.
BGr

Ewald Arenz: Der große Sommer
Ewald Arenz wurde 2019 mit seinem Buch "Alte Sorten" bekannt. "Der große Sommer" ist mindestens genauso lesenswert. Ein wunderbares Buch, in dem erzählt wird, wie Frieder große Ferien erlebt, in denen unheimlich viel Überraschendes passiert. Da er die Versetzung in die nächste Klassenstufe wegen schlechter Noten in Mathe und Latein nicht geschafft hat, darf er nicht mit den Eltern und Geschwistern in Urlaub fahren; stattdessen muss er die 6 Wochen bei seinem überaus strengen Großvater verbringen und lernen und arbeiten. Schlechte Aussichten sind das - doch es werden höchst spannende Ferien mit vielen Umwälzungen.
EGr

Stefanie Reinsperger: Ganz schön wütend
Die österreichische Schauspielerin Stefanie Reinsperger hat einen Abschluss am Wiener Max Reinhardt Seminar. Sie war am Wiener Burgtheater und hatte die Rolle der Buhlschaft im Jedermann in Salzburg inne. Sie spielt beim Berliner Ensemble und ist aus dem Dortmunder Tatort bekannt.
Stefanie Reinsperger wird immer wieder öffentlich angefeindet, da ihr Körper nicht der Norm entspricht, weil sie dick ist. Die Feindseligkeiten und übergriffigen Kommentare machen sie unheimlich wütend. Leidenschaftlich und emotional erzählt sie auch von ihrer Kindheit und von verschiedenen Episoden aus ihrem Leben.
EGr

Torben Kroker und Karl-Heinz Schulz: 5.000 km Freundschaft - Der Roadtrip unseres Lebens
In diesem Buch geht es um eine Freundschaft zwischen Jung und Alt. Torben Kroker versucht als Schüler Geld zu verdienen und findet in der Nachbarschaft einige Menschen, bei denen er Rasen mähen kann. Eines Tages macht er das auch für den alten Mann Carlos. Die beiden freunden sich an und schließlich gehen sie auf eine gemeinsame Reise durch Europa. Die Reise durch Frankreich nach Spanien soll alte Erinnerungen an Verwundung, Gefangenschaft und Flucht während des Krieges wieder lebendig werden lassen. Mit dem Auto reisen die Beiden auf 5471 Kilometern durch 9 Länder und haben viele interessante Erlebnisse. Immer mehr Journalisten bekommen Wind von dieser Reise, so dass am Ende auch noch mehrere Fernsehbeiträge und Interviews produziert werden.
EGr

Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek
Im neuen Roman des britischen Autors Matt Haig gibt es ein Gedankenspiel: was wäre gewesen, wenn man sich an manchen Punkten des Lebens anders entschieden hätte, wenn man einen anderen Schritt gewagt hätte oder wenn man etwas nicht gemacht hätte? Wäre das Leben besser, wäre man zufriedener? In der Mitternachtsbibliothek kann man das zusammen mit Nora ausprobieren.
In ihrem Leben ging vieles schief: Beziehung, Arbeit, Verwandtschaft, alles ist eine einzige Katastrophe. Eines Tages beschließt sie, sich das Leben zu nehmen. Doch statt zu sterben, findet sie sich in der "Mitternachtsbibliothek" wieder. Ein richtig schöner Schmöker!
EGr

Hubert Achleitner: flüchtig
Hubert Achleitner - besser bekannt als der Musiker Hubert von Goisern - hat mit "flüchtig" einen wunderbaren Roman über ein kinderloses Paar geschrieben, das sich auseinandergelebt hat. Maria kündigt ihre Arbeit bei der Bank und verschwindet - ohne sich zu verabschieden - aus Herwigs Leben. Salzburg, Wien, das Salzkammergut und Griechenland mit seinen Klöstern und Inseln sind die Orte der Handlung.
EGr

Sam Bloom: Wieder fliegen lernen - meine Geschichte
2018 erschien das bezaubernde Buch "Penguin Bloom - Der kleine Vogel, der unsere Familie rettete". Nun hat Sam Bloom ein Buch über ihr eigenes Leben - auch vor ihrem folgenschweren Unfall - geschrieben. Jeder Seite Text ist ein Foto gegenübergestellt. Sam erzählt, wie sie ihren Mann Cameron kennengelernt hat; sie erzählt vom Surfen und von ihren Reisen, von ihrer Arbeit als Krankenschwester in England und von ihren 3 Söhnen.
Im Urlaub in Thailand bricht ein Balkongeländer weg und Sam stürzt in die Tiefe. Sie ist querschnittgelähmt und hadert sehr mit ihrem Schicksal. Erst durch die Pflege und die Freundschaft mit einem verletzten Flötenvogel gelingt es Sam langsam wieder Lebensmut zu schöpfen.
EGr

Ewald Arenz: Alte Sorten
Sally ist noch nicht volljährig. Sie kommt mit ihrem spießigen Elternhaus nicht zurecht und wird immer wieder zu Klinikaufenthalten genötigt, weil sie sich weigert, so zu leben, wie ihre Eltern es erwarten. Eines Tages flieht sie aus einer Klinik und trifft unterwegs auf Liss. Liss ist um einiges älter und wohnt auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf. Sie lässt Sally bei sich wohnen, doch diese wird von der Polizei gesucht. Ein Roman über zwei wortkarge und einsame Frauen, die beide jemanden brauchen, der auf sie aufpasst.
EGr

Nathalie Stüben: Ohne Alkohol - die beste Entscheidung meines Lebens
Die in Rosenheim lebende Journalistin Nathalie Stüben berichtet sehr offen von ihrem Leben und von ihren Problemen. Viele Alkoholabhängige bemerken erst viel zu spät, dass sie Hilfe brauchen. Auch viele Ärzte erkennen es zu spät, wenn ein Patient Hilfe benötigt. Beim Stichwort Alkoholabhängigkeit haben viele Menschen und Ärzte nur chronisch kranke Menschen vor Augen, die ganz am Ende der Suchtentwicklung stehen. Der Graubereich wird auch in der Wissenschaft oft übersehen. Hilfe wird aber bereits vorher benötigt. Der Leidensdruck ist meist hoch und die Sucht weit fortgeschritten, bevor man Hilfe bekommt oder sie sich holt. Es geht für den Einzelnen darum, einen Weg aus der Abhängigkeit zu finden, der für den jeweiligen Betroffenen funktioniert.
EGr

Rupi Kaur: Home Body - zu Hause in mir
Mit ihrem dritten Gedichtband hat die junge indisch-kanadische Autorin Rupi Kaur wieder ein sehr schön gestaltetes und einfach wunderbares und sprachgewaltiges Buch vorgelegt. Die Gedichte sind in vier Themenbereiche eingeteilt und mit ihren eigenen schlichten Zeichnungen illustriert. Es geht um "denken", "fühlen", "ausruhen" und erwachen. Die schonunglos formulierten Texte sind leicht zugänglich und nehmen den Leser mit zu den innersten Gefühlen der Autorin.
EGr

Patrick Budgen: Einsiedlerkrebs
Patrick Budgen ist ein bekannter ORF-Moderator. Unter dem Motto "Wie ich aus dem schlimmsten Jahr meines Lebens das Beste machte" berichtet er ehrlich und sehr persönlich von seiner Krebserkrankung, von der Chemotherapie und der anschließenden Reha. Im Frühjahr 2020, zum Höhepunkt der Corona-Pandemie, kurz vor dem harten Lockdown, erhält er die Diagnose Lymphdrüsenkrebs. Wie er uns seine Familie mit dieser neuen Situation umgehen, berichtet er in diesem Buch.
EGr

Marco Balzano: Ich bleibe hier
Der italienische Autor Marco Balzano hat in einem sehr spannenden Roman die Geschichte der Orte Reschen und Graun und ihrer Bewohner erzählt. An Hand des Schicksals der Lehrerin Trina und ihrer Familie wird die Zeit des Faschismus und des Nationalsozialismus in Südtirol lebendig. Neben dem unaufhaltsamen Bau des Reschenstausees und der Enteignung, Zerstörung und Flutung des Dorfes geht es auch um die Zwangsitalianisierung von 1939 bis 1945, die große Option; die Wahl als Südtiroler ins Deutsche Reich zu ziehen oder als Italiener zweiter Klasse in der Heimat zu bleiben.
Egr

Robert Seethaler: Der letzte Satz
Dieses neue Buch von Robert Seethaler wurde von vielen Rezensenten sehr kritisch aufgenommen. Ein Musik- und Mahlerkenner wird diesem Buch vermutlich nicht viel abgewinnen können, da es in Seethalers Roman nicht um Gustav Mahler als Musiker geht, sondern mehr um seine private Seite. Mir hat das Buch und der Stil Seethalers aber wieder sehr gut gefallen.
Im Jahr 1911 - auf seiner letzten Schiffsreise von New York zurück nach Europa - wird der berühmte Komponist Gustav Mahler an Deck von einem Schiffsjungen umsorgt. Robert Seethaler versucht, Mahler in seinen letzten Tagen zu erfassen. Mahler hängt seinen melancholischen Gedanken nach und erinnert sich an vergangene Zeiten, an seine Frau Alma, an seine Töchter und an Begegnungen mit Zeitgenossen, wie z.B. Sigmund Freud oder Auguste Rodin. Er versucht seine Gefühle und Erinnerungen zu ordnen und eine Lebensbilanz zu ziehen.
EGr

Rainer M. Schießler und Stephan Maria Alof: "Seid ihr noch zu retten?!"
Der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler und der Kirchenpfleger Stephan Maria Alof haben bereits beide getrennt voneinander Bücher geschrieben. Nun gibt es auch noch ein gemeinsames Buch in dem sie kapitelweise abwechselnd verschiedene kirchliche Themen behandeln. Durch ihre unkonventionelle Art erreichen sie sehr viele Menschen und können so ihre Themen immer wieder positiv ins Gespräch bringen. Den beiden ist vor allem Toleranz und Respekt vor allen Religionen und Lebensformen wichtig. "Wir sehnen uns nach einem wirklichen Neuanfang, der die Kirche wieder zu einem Ort macht, an dem sich alle, die möchten, willkommen und zu Hause fühlen können. Wir warten nicht ab, bis 'die da oben' sich ändern. Unsere Zeit ist hier und jetzt."
EGr

Susanne Matthiessen: Ozelot und Friesennerz
Die Journalistin Susanne Matthiessen hat diesen Roman einer Sylter Kindheit geschrieben. Sie ist 1963 auf Sylt geboren und dort aufgewachsen. Nach dem Abitur hat sie die Insel verlassen.
In diesem Buch erzählt sie viele Geschichten rund um ihre Familie. Ihr Vater ist Kürschner und zusammen mit seiner Frau betreibt er ein florierendes Pelzgeschäft, in dem die Reichen und Schönen sich die Klinke in die Hand geben.
Die 70er-Jahre bescheren der Insel einen ungeahnten Wohlstand, aber es muss rund um die Uhr gearbeitet werden. Auf Sylt wird alles getan, um den Urlaubern gerecht zu werden. Susanne Matthiessen berichtet lebhaft von dieser Zeit. Sie erzählt von den positiven Dingen und von den negativen Begleiterscheinungen des Booms, sowie vom Ausverkauf der Insel. Die Inselgemeinschaft zerfällt; man kann es sich nicht mehr leisten dort zu wohnen und zu leben. Auch an den vielen Bausünden und sonstigen Verfehlungen lässt sie kein gutes Haar.
EGr

Dörthe Eickelberg: Die nächste Welle ist für dich - wie ich von surfenden Frauen aus aller Welt lernte, was es heißt, frei und stark zu sein
Dörthe Eickelberg ist Dokumentarfilmerin und Moderatorin u.a. für Arte. In ihrem Film "Chicks On Boards" und auch in diesem Buch porträtiert sie außergewöhnliche Surferinnen, die in ihrem Land die große Welle machen. In vielen Kulturen ist Surfen ein Männersport, der Frauen aus verschiedenen Gründen verwehrt wird. Wer sich dem widersetzt, wird verlacht oder verstoßen. Doch es gibt Frauen, die aufbegehren. Für sie ist das Wellenreiten ein politischer Akt, eine stille Rebellion. Dörthe Eickelberg wurde bei ihren Recherchen und Begegnungen richtig bewusst, wie patriarchalisch die Gesellschaft auf der ganzen Welt noch ist. In diesem Buch wechselt sie von ihrer Rolle als Journalistin auch zu einer inneren Reflexion. Sie berichtet viel von sich selbst. Diese Kombination macht das Buch sehr interessant und aufschlussreich.
EGr

Dominik Barta: Vom Land
Dominik Barta aus Oberösterreich hat mit seinem Debütroman einen Volltreffer gelandet.
Theresa und Erwin bewirtschaften schon seit 40 Jahren den gemeinsamen Hof. Die erwachsenen Kinder sind längst ausgezogen und haben sich anderen Berufen zugewendet. Doch die Tochter Rosalie und ihr Mann Fridolin wohnen zusammen mit dem Enkel Daniel noch in der Nähe. Sprachlosigkeit dominiert das Familienleben; nur Daniel kann dieser Situation etwas entgegensetzen. Theresa wird krank und lange verschwiegene Konflikte und Probleme kommen zu Tage. Und auch in der Dorfgemeinschaft brodelt es.
EGr

Adeline Dieudonné: Das wirkliche Leben
Die belgische Schauspielerin Adeline Dieudonné stand mit ihrem ersten Roman monatelang auf den französichen Bestsellerlisten. Die Ich-Erzählerin ist 10 Jahre alt und möchte ihren kleinen Bruder vor dem alkoholsüchtigen und tyrannischen Vater schützen. Unzufriedenheit und Gewalttätigkeit dominieren das Familienleben. Die Mutter erträgt die Misshandlungen ihres Mannes, doch die Tochter begehrt dagegen auf. Intelligent und mutig versucht sie trotz der sehr schwierigen Umstände, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Überaus spannend und mitreißend geschrieben!
EGr

Sandra Lüpkes: Die Schule am Meer
"Die Schule am Meer" ist ein richtig schöner Schmöker. Die Autorin ist selbst auf Juist aufgewachsen und hat ausführlich über die reformpädagogische Schule recherchiert.
1925 gründeten ein paar sehr engagierte Lehrer diese Reformschule. Das heruntergekommene Anwesen wird renoviert und trotz Geldsorgen immer wieder erweitert. Diese Schule gab es nur 10 Jahre, weil sie 1934 den Nazis zum Opfer fiel.
Mehrere Schicksale in diesen schweren Zeiten werden hier beschrieben. Die Hauptfiguren sind Anni Reiner, eine der Schulgründerinnen. Daneben der Schüler Moskito aus Südamerika, die Haushälterin Kea Joosten und der Musiklehrer Eduard Zuckmayer.
EGr

Monika Helfer: Die Bagage
Die österreichische Autorin Monika Helfer hat einen biografischen Roman über ihre Vorfahren geschrieben. Ihre Großeltern Maria und Josef Moosbrugger leben auf einem abgelegenen Hof in Vorarlberg. Josef wird 1914 zum Militär eingezogen und bittet den Bürgermeister, dass er auf seine Frau Marie und die Kinder aufpasst. Das schwere Landleben auf dem Bauernhof und andere Männer, die sich in den Kriegszeiten in die Mutter verlieben, machen ihren Alltag nicht gerade einfacher. Bald geht das Gerücht, dass das geborene Kind nicht Josefs Tochter ist.
EGr

Tony Rinaudo: Unsere Bäume der Hoffnung
Tony Rinaudo ist in Australien aufgewachsen, hat Agrarwissenschaft studiert und ging zusammen mit seiner Frau im Auftrag eines internationalen Missionswerks in die Republik Niger. Hier wurde er mit dem Problem der extremen Abholzung konfrontiert und erkannte schnell die positiven Auswirkungen einer Wiederaufforstung. Mit vielen Rückschlägen setzt er im Lauf der Zeit seine Idee durch, mit den jährlich neu austreibenden Wurzeln der gefällten Bäume zu arbeiten - Farmer Managed Natural Regeneration.
Im Jahr 2018 wurde Tony Rinaudo mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Volker Schlöndorff hat sein Leben im Film "Der Waldmacher" verfilmt.
EGr

Milena Agus: Eine fast perfekte Welt
Wieder ein sehr lesenswertes Buch der italienischen Autorin Milena Agus! Sie wurde 1959 als Kind sardischer Eltern in Genua geboren. Auch in ihrer neuen Familiengeschichte geht es um eine Frau, die sich zwischen diesen beiden Regionen entscheiden muss. Ester hat Sardinien früh verlassen, um mit ihrem Mann Raffaele in Genua zu leben. Doch hier wird sie nicht glücklich. Wird es ihrer Tochter einmal besser gehen? Milena Agus erzählt vom Leben der einfachen Menschen aus ihrer Heimat Sardinien. Drei Generationen auf der Suche nach dem Glück.
EGr

Laetitia Colombani: Das Haus der Frauen
Laetitia Colombani wurde mit ihrem Roman "Der Zopf" bekannt. In ihrem neuen Roman verknüpft sie das Leben von Blanche Peyron, die 1926 in Paris ein Frauenhaus gegründet hat, mit dem Leben der Rechtsanwältin Solène. Solène versucht nach einem Burnout wieder Fuß zu fassen und bekommt zu eben diesem "Palast der Frauen" Kontakt. Umgeben von den unterschiedlichsten harten Frauenschicksalen beginnt sie, hier wieder am Leben Teil zu haben. So findet sie auch für sich selbst wieder einen Weg zurück in die Normalität.
EGr

Stephan Maria Alof: Do legst di nieda! Von Särgen, Schnitzeln und der Schockstarre der Kirche
Der sehr kontaktfreudige, umtriebige und ideenreiche Stephan Maria Alof hat in seinem Leben schon sehr viele verschiedene Berufe ausgeübt. Er arbeitete jahrelang als Pfleger in einem Altenheim und als Betreuer für AIDS-Kranke. Er betrieb als Gastronom mehrere angesagte Lokale im Münchner Glockenbachviertel, hat ein Eiscafé und eine Bäckerei. Er ist Mitinhaber eines alternativen Bestattungsunternehmens mit einer neuen Sichtweise auf die Bestattungskultur und die individuelle Trauerkultur. Ehrenamtlich engagiert er sich als Kirchenpfleger und Gemeindevorstand in St. Maximilian bei Pfarrer Rainer Maria Schießler. Stephan Maria Alof hadert mit der Doppelmoral der Kirche. Er hat keine Zweifel an Gott, aber große Zweifel an der Kirche im Allgemeinen.
EGr

Hannelore Maurer: Herzaugenblicke
Die Rosenheimerin Hannelore Maurer ist seit 2011 als Seelsorgerin in der Pfarrei St. Nikolaus tätig. Bekannt ist sie auch durch ihre Beiträge in verschiedenen Radiosendern und im OVB.
Nach dem Buch "Gedanken zum Leben" aus dem Jahr 2018 gibt es jetzt das neue Buch "Herzaugenblicke", wieder gespickt mit vielen Erlebnissen und Geschichten, die zum Nachdenken anregen. Die kurzen Texte werden von Fotografien von Gabriele Oberrenner begleitet. Das Buch möchte den Menschen in schwierigen Zeiten und Situationen Kraft geben und Mut machen.
EGr

Quint Buchholz: Vom Glück der Langsamkeit
Der Maler, Illustrator und Autor Quint Buchholz hat in seinem neuen sehr poetischen Buch die Langsamkeit thematisiert. Seinen eigenen wunderbaren Bildern hat er eine Auswahl passender Texte und Gedichte aus verschiedenen Jahrhunderten an die Seite gestellt. Sowohl die Bilder als auch die Texte drehen sich um das Thema Zeit, Gelassenheit und Ruhe. Ein sehr empfehlenswertes Buch zum Selberlesen oder Verschenken. Man nimmt es immer wieder gerne in die Hand, um darin einzutauchen und zur Ruhe zu kommen.
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Der von den Löwen träumte
Hanns-Josef Ortheil ist Professor für kreatives Schreiben und er ist auch selbst sehr kreativ. Schon wieder ist ein neues Buch von ihm erschienen. Dieses Mal hat er einen Roman über den Schriftsteller Ernest Hemingway und seine Zeit in Venedig geschrieben. Hemingway reist 1948 mit Mary, seiner vierten Frau, nach Venedig. Er leidet unter Depressionen und steckt in einer Schaffenskrise. Seine Kreativität ist ihm abhanden gekommen. Er hofft, dass ihn die anregende Umgebung und animierende Bekanntschaften zu neuen Ideen inspirieren werden. Es ist die Zeit, in der Hemingway seinen Roman "Über den Fluß und in die Wälder" und die Erzählung "Der alte Mann und das Meer" schreiben wird.
Ein unaufgeregtes und schön zu lesendes Buch, das sehr dazu animiert, auch mal wieder ein Buch von Ernest Hemingway in die Hand zu nehmen.
EGr

Susanne Scholl: Die Damen des Hauses
Vier sehr unterschiedliche ältere Damen finden in einer Wohngemeinschaft zusammen. Nach Scheidung, Trennung und Tod der zugehörigen Männer finden sie hier einen neuen Platz zum Leben. Die individuellen Lebensumstände der Frauen und die unterschiedlichen Charaktere, Macken und Lebensmodelle bergen aber auch ein ständiges Konfliktpotential. Sie meistern ihren Alltag, helfen sich gegenseitig, streiten aber auch immer wieder und teilen Freud und Leid um Kinder und Enkelkinder. Ein netter Schmöker über ein mögliches Lebenskonzept für das Alter.
EGr

Alexandra Friedmann: Sterben für Anfänger
Rafik Shulman ist als Kind mit Mutter und Oma aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ausgewandert. Ihm wird erzählt, dass sein Vater in Tschernobyl ums Leben kam. Dies stellt für Rafik eine große Lücke dar. So beginnt er neben seinem Studium in einem Hospiz zu jobben. Er lernt die todkranke Charlotte kennen und lernt hier viel für's Leben - obwohl es ja ein Ort des Sterbens ist. Er beginnt, sich von seiner viel zu fürsorglichen Mutter zu befreien und endlich erwachsen zu werden. Ein ernsthaftes, aber auch sehr humorvolles Buch über das Erwachsenwerden und über das Sterben, das sich bis zum Ende sehr spannend liest.
EGr

Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse
Delia Owens ist Zoologin und hat mit "Der Gesang der Flusskrebse" ihren ersten Roman geschrieben. Die Geschichte um Kya, das Marschmädchen aus North Carolina, nimmt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite gefangen.
Kya wächst mit ihren Eltern und vielen Geschwistern in einer alten Hütte im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken auf. Ihr Vater ist Alkoholiker und schlägt die Mutter, bis diese die Familie schließlich verlässt. Auch die anderen Geschwister verlassen das Mädchen und eines Tages auch der Vater. Kya bleibt alleine in der Marsch zurück und versucht sich durchzuschlagen und mit dem Verkauf von Muscheln ein bisschen Geld zum Leben zu verdienen. Doch was erwartet Kya noch alles in ihrem einsamen Leben?
EGr

Gabriel Katz: Der Klavierspieler vom Gare du Nord
Der französische Schriftsteller Gabriel Katz hat einen Roman über ein junges Klaviertalent geschrieben, das lange keine Chance im Leben hatte. Mathieu lebt mit seinem kleinen Bruder und seiner alleinerziehenden Mutter, die als Putzfrau in einem Krankenhaus arbeitet, in einem Vorort von Paris. Zusammen mit seinen Kumepls ist er auf die schiefe Bahn geraten. Seine Leidenschaft gehört eigentlich der Klaviermusik, die er nur an einem öffentlichen Klavier ausleben kann. Pierre Geithner, Direktor des Konservatoriums, entdeckt das Talent, das in Mathieu steckt.
Ein Auf und Ab der Gefühle durchsetzt den Roman. Wird Mathieu die einmalige Chance ergreifen und somit auch sein Leben in bessere Bahnen lenken?
EGr

Matthias Brandt: Blackbird
Der Schauspieler Matthias Brandt hat 2016 sehr erfolgreiche Erzählungen mit dem Titel "Raumpatrouille" veröffentlicht. Nun hat er seinen ersten Roman geschrieben.
Er erzählt darin das aufregende, deprimierende und überraschende Jahr des 15jährigen Morten, genannt Motte. Seine Eltern trennen sich, sein bester Freund erkrankt schwer und er verliebt sich. Was er in dieser Zeit in seiner Familie, in der Schule und in der Freizeit so alles erlebt, erzählt Matthias Brandt wieder auf sehr ergreifende Art und Weise.
EGr

Lars Mytting: Die Glocke im See
Der norwegische Autor Lars Mytting wurde bei uns durch sein Buch "Der Mann und das Holz: vom Fällen, Hacken und Feuermachen" und durch den Roman "Die Birken wissen's noch" bekannt. Nun ist der erste Teil einr Trilogie "Die Glocke im See" erschienen.
Ein kleines Dorf in Norwegen - Butangen im Jahr 1880: Der junge Kai Schweigaard wird hier Pfarrer. Die Stabkirche mit ihren zwei Glocken, denen man hellseherische Zauberkräfte zuschreibt, soll durch eine moderne Kirche ersetzt werden. Astrid Hekne wird im Pfarrhaushalt angestellt und auch der Architekturstudent Gerhard Schönauer aus Dresden spielt eine wichtige Rolle. Er soll den Abbau der Kirche überwachen.
In Norwegen ist das Buch ein Bestseller. Man darf sich schon auf den zweiten Teil der Trilogie freuen.
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Die Mittelmeerreise
Im Juli 1967 fuhr Hanns-Josef Ortheil zusammen mit seinem Vater auf einem Frachter von Antwerpen durch die Meerenge von Gibraltar und durch das Mittelmeer nach Griechenland und Istanbul - eine sehr intensive Reise mit vielen neuen Erfahrungen für den 15jährigen. Verarbeitet hat er diese erlebnisreiche Reise, seine Beobachtungen und die Kontakte mit der Mannschaft und mit Einheimischen in seinen Reisenotizen und Tagebucheinträgen, die zusammen mit den Erinnerungen des Vaters in diesem Buch versammelt sind. Aus diesen Zutaten ist ein sehr stimmiger und sehr schön zu lesender "Roman eines Heranwachsenden" entstanden.
EGr

Ferdinand von Schirach: Kaffee und Zigaretten
Der Jurist und Schriftsteller Ferdinand von Schirach ist ein begnadeter Beobachter und Erzähler. In seinem neuesten sehr persönlichem Buch hat er 48 sehr unterschiedliche kleine Novellen, Glossen und Geschichten zusammengestellt. Immer auf der Suche nach dem Wesentlichen erzählt er unkompliziert, sachlich und tiefsinnig von prägenden Begegnungen, Erfahrungen und Ereignissen. Private Erinnerungen, Straffälle und ganz allgemeine Themen bilden die Grundlage der Texte. Große Themen wie Gut und Böse, Recht und Würde, Glück und Zufall, Einsamkeit und Entwurzelung werden angeschnitten. Ein abwechslungsreiches Buch für Zwischendurch, in dem man immer wieder eine Geschichte lesen und auf sich wirken lassen kann.
EGr

Zdenka Becker: Ein fesches Dirndl
Zdenka Becker wurde in Tschechien geboren und wuchs in der Slowakei auf. In ihrem Roman verliebt sich die Tschechin Bea in den österreichischen Studenten Armin und geht 1975 nach Wien. Das Paar bekommt zwei Kinder und Bea versucht, sich in Österreich einzuleben.
Die größte Hürde ist die Sprache, die sie mühevoll aber konsequent erlernt. Ihr Studienabschluss aus der Heimat und nicht einmal das Abitur werden ihr zur damaligen Zeit in Österreich anerkannt. Doch Bea schafft es, sich einzuleben und zu integrieren. Schließlich gibt sie als Deutschlehrerin Asylbewerbern und Ausländern Unterricht. Hier kann sie ihre eigenen Erfahrungen weitergeben und den jungen Menschen eine große Hilfe sein. Sie sagt "Ich verstehe mich als eine Brücke, die die Reisenden mit beiden Ufern verbindet".
EGr

Alois Prinz: Das Leben der Simone de Beauvoir
Wie immer in seinen mittlerweile zahlreichen Biographien, versteht es Alois Prinz auch in seinem neuen Buch auf hervorragende Art und Weise, sich behutsam und fundiert dem Leben von Simone de Beauvoir, ihrem Umfeld und ihren Gedanken zu nähern. Simone de Beauvoir selbst hat in ihrem Werk versucht, ihr Leben in Zusammenhang mit der Lage der Welt, in der sie lebte, zu bringen. Der Autor schildert ihren Weg von der Kindheit in einem gut situierten und gläubigen Elternhaus - bedingt durch den 1. Weltkrieg - in eine ärmere und schwierigere Jugendzeit. Ihre Schulzeit ist geprägt von hunderten gelesenen Büchern, aber von wenigen Erlebnissen und von wenig eigenen Erfahrungen. Alois Prinz stellt die Vielschichtigkeit von Simone de Beauvoir dar und trägt so zum Verständnis ihres gesamten Lebens und ihres Werkes bei.
EGr

Konstantin Wecker: Poesie und Widerstand in stürmischen Zeiten
Konstantin Wecker schreibt in diesem Buch, wie er persönlich als Künstler die Zeit der Corona-Pandemie erlebt und wie es im während des Lockdown ergangen ist. Er kritisiert den Umgang der Politiker mit den Künstlern aller Bereiche und ganz allgemein mit der Kultur. Anfangs wurde viel von Solidarität gesprochen. Doch die Kultur wird als nicht systemrelevant eingestuft. Dies hat viele Künstler extrem hart getroffen. Konstantin Wecker berichtet in diesem Buch davon und stellt die Probleme in einen größeren Zusammenhang. Ein wieder sehr engagiertes Buch des Poeten und Musikers.
EGr

Vivek Shanbhag: Ghachar Ghochar
Der Erzähler wächst in einer armen indischen Familie in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Jedes Geldstück muss zweimal umgedreht werden, bevor es ausgegeben wird. Jedoch halten alle Familienmitglieder zusammen und ziehen an einem Strang, damit das Leben bewältigt werden kann.
Doch dann gründet der Onkel einen Gewürzhandel und ziemlich schnell gelangt die gesamte Familie zu Wohlstand. Sie ziehen in ein großes Haus, wo jeder sein eigenes Zimmer hat, wo es einen Tisch und viele Möbel gibt. Die alten Probleme verschwinden; doch durch den plötzlichen Reichtum treten natürlich neue Probleme zu Tage. Egoismus, Kaufsucht und gegenseitiges Unverständnis machen sich im ziellosen Leben des Erzählers und seiner Familie breit.
EGr

Karl Ove Knausgård: Im Herbst
Nach dem beeindruckenden sechsbändigen autobiographischen Romanzyklus "Mein Kampf" hat der norwegische Autor Knausgård auch noch eine vierbändige Jahreszeiten-Reihe veröffentlicht. Seine bewundernswerte Beobachtungsgabe und seine Formulierungskünste faszinieren immer wieder auf's Neue. Mit essayartigen kurzen Texten zu banalen Alltagsgegenständen und -situationen gelingt es Knausgård immer wieder staunend die Welt zu beschreiben. Nach seinen Gedanken und Texten kann man fast schon süchtig werden!
EGr

Delphine de Vigan: Loyalitäten
Mit "Loyalitäten" ist der französischen Autorin Delphine de Vigan wieder ein fesselnder Roman gelungen. Théos Eltern sind geschieden und haben keinerlei Kontakt mehr. Théo verbringt die Woche bei seinem Vater und versucht, dessen desaströsen Zustand in der verwahrlosten Wohnung vor der Mutter und seiner Umgebung geheim zu halten. Zusammen mit seinem Freund Mathis entdeckt Théo den Alkohol. Nur seine Lehrerin Hélène ahnt, dass etwas nicht stimmt. Doch auch für sie ist es schwer, den richtigen Weg zu finden. Alles braucht seine Zeit.
EGr

Khaled Hosseini: Am Abend vor dem Meer
Der afghanische Autor Khaled Hosseini wurde bei uns mit seinem erfolgreichen und verfilmtem Buch "Drachenläufer" bekannt. Das Schicksal des im September 2015 ertrunkenen dreijährigen Jungen Alan Kurdi hat ihn zu diesem neuen kleinen Büchlein inspiriert. Der englische Künstler und Illustrator Dan Williams begleitet den Text mit seinen wunderbaren farbigen Bildern, die genau auf die Geschichte abgestimmt sind. Der so dargestellte Kontrast zwischen Friedenszeiten und Krieg, zwischen blühender Landschaft und Ruinen wird niemanden kalt lassen.
EGr

Sara Novic: Das Echo der Bäume
Sara Novic, eine kroatischstämmige Autorin, wurde 1987 in den USA geboren. Ihr erster Roman "Das Echo der Bäume" fesselt den Leser so, dass man meint, die Autorin muss dies alles selbst erlebt haben.
Das Buch handelt vom Krieg in Jugoslawien. Ana Juric ist 10 und lebt mit ihren Eltern und der kleinen Schwester Rahela in Zagreb, als in Jugoslawien 1991 der Bürgerkrieg ausbricht.
2001 lebt und studiert sie in New York. Doch auch in der Ferne kommt sie von den Ereignissen, die ihr und ihrer Familie während dem Krieg passiert sind, nicht los. Sie wird von Alpträumen verfolgt. So beschließt sie nach 10 Jahren in ihre Heimat zurückzukehren und auf Spurensuche zu gehen.
EGr

Natalie Buchholz: Der rote Swimmingpool
Natalie Buchholz hat im renommierten Verlag "Hanser Berlin" ihren ersten Roman veröffentlicht. Sie erzählt aus der Sicht des 18jährigen Adam, was es mit einem jungen Mann macht, wenn sich seine Eltern trennen. Aus einer scheinbar perfekten Familie wird ein Scherbenhaufen. Adam versteht nicht, was passiert ist, weil weder Vater noch Mutter ihm eine Erklärung liefern. So muss er selbst versuchen, mit der neuen Situation zurecht zu kommen und seinen eigenen Weg finden.
Ein stimmiger, sprachlich routiniert geschriebener Roman.
EGr

Haiku: Gedichte aus fünf Jahrhunderten
Im Reclam-Verlag ist ein schön gestalteter Band mit einer Auswahl sowohl alter als auch modernerer Haiku entstanden. Herausgegeben und zusammengestellt wurde das Buch von Masami Ono-Feller; der Japanologieprofessor Eduard Klopfenstein hat die Haiku übersetzt und ausführlich kommentiert. Diese Sammlung bietet einen wunderbaren Querschnitt und Einblick in die Haiku verschiedenster Autoren.
EGr

Rupi Kaur: milk and honey - milch und honig
Rupi Kaur ist Kanadierin mit indischen Wurzeln. Ihre Lyrik dreht sich um die Themen Missbrauch, Gewalt, Schmerz, Verlust und Liebe. Mit einer klaren und nüchternen Sprache findet die Autorin immer den richtigen Ton und die richtigen Worte. Die Texte berühren und machen Mut, zu sich selbst zu stehen.
EGr

Irvin D. Yalom und Marilyn Yalom: Unzertrennlich - Über den Tod und das Leben
Marylin Yalom hatte die Idee zum Buch "Unzertrennlich" unter anderem auch deswegen, um ihren innig geliebten Mann Irvin nach ihrem Tod beschäftigt zu wissen. Die beiden waren seit ihrer Jugend ein Paar und 65 Jahre verheiratet. Irvin D. Yalom ist einer der wichtigsten Psychotherapeuten und wurde bei uns vor allem durch seine Romane zu diesem Thema bekannt. Marilyn Yalom war Literaturwissenschaftlerin, befasste sich intensiv mit Geschlechterforschung und kümmerte sich immer sehr liebevoll um ihre große Familie und ihren Freundeskreis.
Abwechselnd berichten die beiden vom Krankheitsverlauf und was das Abschiednehmen bei ihnen bewirkt und wie sie damit umgehen.
EGr

Robert Höpfner: Das Licht von gegenüber - Lyrische Prosa
Nun ist nach dem Gedichtband "Der Himmel hält sich bedeckt" ein neues Buch mit kurzen lyrischen Prosatexten entstanden. "Ich möchte Kleinoden schaffen, in denen sich hin und wieder Sätze finden, die es wert sind, flüsternd wiederholt zu werden." Dies ist dem Grassauer Autor auf jeden Fall gelungen.
Ausdauer
Du klagst, dich tagtäglich vergeblich abzumühen,
es immer wieder auf's Neue versuchen zu müssen.
Steh' auf, fahre zu einem Meeresstrand und schaue zu:
Seit ewigen Zeiten nimmt das Wasser Welle für Welle
Anlauf, fließt mal mehr und mal weniger weit, um dann
wieder zurückgezogen zu werden. Du wirst von ihnen
keine Klage hören. Darum lass dir gesagt sein: Mache
nicht so viel Wind und die Wogen werden sich legen.
© Robert Höpfner

Robert Höpfner: Der Himmel hält sich bedeckt
Robert Höpfner wohnt in Grassau. Er schreibt Gedichte und lyrische Prosa. Er beobachtet sehr genau, so dass sehr vielschichtige und feinfühlige Gedichte entstanden sind. Wer schon lange keine Gedichte mehr gelesen hat, sollte hier mal wieder einen Versuch wagen.
Sorgen
Jeden Tag
geht die Sonne
unbesorgt auf.
Die Sorgen erwachen
erst mit mir.
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Nagelproben
In das weiche Holz
meiner Empfindsamkeit
schlage ich
Gedichte ein und das
mit der bloßen Hand.
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© Robert Höpfner

Emma Jane Kirby: Der Optiker von Lampedusa - Die Geschichte einer Rettung
Der Optiker von Lampedusa hat Urlaub und ist zusammen mit seiner Frau und mehreren Freunden mit dem Schiff Galata auf's Meer hinausgefahren, um die Ruhe und die Weite des Wassers zu genießen. Nur die anhaltenden Möwenschreie gehen ihm auf die Nerven. Doch dann merkt er, dass es Schreie von ertinkenden Menschen sind... Die acht Freunde beginnen, die noch lebenden entkräfteten Menschen aus dem Meer zu ziehen. Doch viele sind bereits ertrunken. Diese Erlebnisse verändern ihr Denken und Leben. "Wie naiv er doch gewesen war, dachte der Optiker. Wie naiv! Denn es gab immer noch größeres Leid, tiefer und unermesslicher, als irgendeiner von uns es sich jemals vorstellen könnte."
EGr

Karl Ove Knausgård: Sterben
Der 1. Teil des autobiographischen Projekts von Karl Ove Knausgård erschien in Deutschland bereits 2011. Inzwischen ist auch der 6. Band "Kämpfen" erschienen.
Der norwegische Autor wurde 1968 geboren und lebt jetzt mit seiner Familie in Schweden.
Schwerpunktmäßig handelt dieser erste Teil von seiner Kindheit und Jugend und von seinem Verhältnis zu seinen Eltern - insbesondere zu seinem Vater. "Mittlerweile hatte ich alle Tagebücher und Notizen verbrannt; von dem Menschen, der ich bis zu meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag gewesen war, gab es kaum noch eine Spur und das aus gutem Grund, vor dort kam nichts Gutes."
In der zweiten Hälfte des Buches geht es um das Sterben, bzw. um den Tod des Vaters. Sehr intensiv schildert Knausgård die Familienverhältnisse.
Das Buch weckt großes Interesse, alle Bände des norwegische Autors zu lesen.
EGr

Susann Pásztor: Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
Die Autorin Susann Pásztor hat eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin. In ihrem neuen Roman erzählt sie die Geschichte von Karla, die bald an Krebs sterben wird, von Fred, ihrem Sterbebegleiter und von seinem Sohn Phil. Alle drei müssen erst mit der Situation umzugehen lernen; sie müssen sich erst aneinander gewöhnen und lernen, wie man die Bedürfnisse von Klara erkennt und akzeptiert.
Ein wunderbares Buch zum so wichtigen Thema Sterben.
EGr

Diane Broeckhoven: Was ich noch weiß
"Ein Tag mit Herrn Jules" von Diane Broeckhoven hat mich sehr begeistert, als es 2005 erschienen ist. "Was ich noch weiß" steht ihm aber in nichts nach.
Aus der Sicht der Mutter Manon und abwechselnd aus der Sicht ihres Sohnes Peter entwickelt sich diese Familiengeschichte. Krankheit, Trennung, Scheidung, neue Liebe und der ganz normale Alltag werden erzählt. Nach einem Schlaganfall von Manon ändert sich nochmal alles. Obwohl Mutter und Sohn große Differenzen hatten, kümmert sich Peter sehr intensiv um seine Mutter. Sie erwacht aus dem Koma und kämpft sich ins Leben zurück.
EGr

Maxence Fermine: Schnee
Der 1968 in Albertville geborene Autor wurde 1999 mit seinem Debütroman in Frankreich hochgelobt. Nun ist dieser kleine poetische Roman in einer sehr schönen Ausgabe auch in Deutschland erschienen.
Yuko hat zwei Leidenschaften: Haikus und den Schnee. In seinem Leben dreht sich alles um die Dichtkunst, um Schnee, um Schönheit, um Farben, um die Liebe und um eine Seiltänzerin.
Dieses Buch ist ein wunderbares Geschenk für das Winterhalbjahr und Weihnachten.
EGr

Pierre Jarawan: Am Ende bleiben die Zedern
Pierre Jarawan hat einen libanesischen Vater und eine deutsche Mutter. Er wurde in Jordanien geboren; die Familie floh nach Deutschland, als er 3 Jahre alt war. Pierre Jarawan wurde 2012 Internationaler Deutschsprachiger Meister im Poetry Slam; 2015 erhielt er das Literaturstipendium der Stadt München. "Am Ende bleiben die Zedern" ist sein erster Roman - und was für einer!
Sehr spannend wird in dieser Geschichte erzählt, wie der junge Samir mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester in Deutschland aufwächst. Eines Tages verschwindet sein geliebter Vater Brahim ohne Erklärung aus dem Leben der Familie. Auch die Mutter stirbt früh. Als Samir erwachsen ist, macht er sich auf eine ziemlich aussichtslose Spurensuche im Libanon. Nur so meint er, dem Teufelskreis aus Verlust, Trauer und ungeklärten Fragen entkommen zu können.
Der Leser taucht tief in diesen Roman, in das faszinierende Land und seine Menschen ein.
EGr

Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit
Bewundernswert, wie dieser junge Autor einen so perfekten Roman geschrieben hat. Ein Buch über den Tod, ein Buch über das Leben; ein trauriges Buch, ein fröhliches Buch und demzufolge ein melancholisches Buch. Ein Buch über drei Geschwister, die früh ihre Eltern verlieren und über die Menschen in ihrem Leben, die wichtig für sie sind.
Jules - die Hauptfigur - sagt auf S. 337: "Noch stärker als meine Geschwister habe ich mich gefragt, wie sehr mich Ereignisse aus meiner Kindheit und Jugend bestimmt haben, und erst spät habe ich verstanden, dass in Wahrheit nur ich selbst der Architekt meiner Existenz bin. Ich bin es, wenn ich zulasse, dass meine Vergangenheit mich beeinflusst, und ich bin es umgekehrt genauso, wenn ich mich ihr widersetze."
EGr

Ludwig Gruber: Weichenstellungen
Ludwig Gruber hat ein höchst interessantes Buch über sein vielseitiges privates und berufliches Leben geschrieben. Der gebürtige Niederbayer hat viele Jahre seines Lebens in Rosenheim und im Landkreis verbracht und hat eine enge Verbundenheit mit dieser Region. Ludwig Gruber war langjähriger Leiter des Rosenheimer Bildungswerkes. Die Tätigkeit in der Erwachsenenbildung kam einem Traumberuf ganz nahe. Vorher war er auch Landvermesser, Straßenplaner, Parteisekretär, Entwicklungshelfer und hat immer als Druckgrafiker gearbeitet.
In diesem ausführlichen und reich bebilderten Buch erzählt er in 38 Episoden von seinen Eltern und seiner Kindheit, von seiner Familie und seinen Kindern und Enkelkindern. Sein Leben führte ihn in viele Länder, wie z.B. nach Lateinamerika, Südafrika und Tibet mit vielen interessanten und bereichernden Begegnungen und Freundschaften.
EGr

Joachim Meyerhoff: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke
Nach den beiden Büchern "Amerika" und "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" nun der dritte Teil von "Alle Toten fliegen hoch", der Erinnerungen des Regisseurs, Schauspielers und Autors Joachim Meyerhoff. Er erzählt darin von seiner Zeit als Schauspielschüler der Otto-Falckenberg-Schule in München. Sowohl mit seiner eigenen persönlichen Entwicklung, als auch mit der Ausbildung als Schauspieler tut er sich recht schwer. Halt findet er bei seinen Großeltern, in deren Villa in Nymphenburg er wohnt. So lässt Meyerhoff den Leser an seinen teils verrückten Erlebnissen an der Schauspielschule und gleichzeitig auch am exzentrischen Leben seiner Großeltern teilhaben. Ein Lesegenuss!
EGr

Larry Tremblay: Der Name meines Bruders
Der kanadische Schriftsteller und Theaterregisseur hat einen dünnen, aber sehr gehaltvollen und intensiven Roman geschrieben. In einem ungenannten Land in einem Kriegsgebiet lebt eine Familie mit den neunjährigen Zwillingen Aziz und Amed; sie betreiben eine Orangenplantage. Die Großeltern der beiden kommen durch eine Bombe ums Leben. Einflußreiche Männer kommen zum Vater; einer der beiden Söhne soll als Selbstmordattentäter im feindlichen Militärlager den Tod der Großeltern rächen.
Ein Roman, der die Schrecken des Krieges und des Terrors anprangert und zeigt, was diese Situation mit den Menschen macht; in Kanada ist dieses Buch Schullektüre.
EGr

Michael Steidl und Fabian Marcher: Weil es ohne uns nicht geht
Michael Steidl lebt und arbeitet in Rosenheim. Er ist in der zentralen Notaufnahme im Klinikum tätig. Gemeinsam mit dem Autor Fabian Marcher ist ein sehr informatives Buch entstanden, das dem Leser Einblick in den anspruchsvollen Klinikalltag und in die anstrengende Arbeit im Schichtdienst gewährt.
Von 24 Stunden Betrieb an 7 Tagen in der Woche und 365 Tagen im Jahr wird in diesem Buch berichtet. 46.000 Patienten werden pro Jahr durch die Notaufnahme geschleust. Hier werden exemplarisch einige Tage und Nächte mit den verschiedensten einfachen und komplizierten, ernsten und humorvollen Fällen und Vorfällen erzählt.
EGr

Frank Kewitz: Zum Glück Depression
Der in der Region lebende Frank Kewitz hat sich "Durch den Abgrund in die Freiheit" gekämpft, wie der Untertitel des Buches lautet. In seiner Jugend und während des Studiums wollte er immer alle Erwartungen erfüllen, die an ihn herangetragen wurden oder von denen er meinte, sie werden von ihm verlangt. Immer weiter hat er sich in diesen Strudel vorgearbeitet. Er absolvierte mit Bravour ein Studium, von dem er merkte, es ist eigentlich nicht seines. Er hatte eine Freundin, die nicht mit den Eltern "kompatibel" war. Aber in alles steckte er unendlich viel Energie und Willen. Er war auf der Überholspur und versuchte immer dem gesellschaftlichen Ideal zu entsprechen - solange, bis er sich mit 23 Jahren in einer Sackgasse und in einer tiefen Depression mit Suizidversuch wiederfand. Aber nur durch diese Erfahrungen konnte er seinen eigenen Weg und zu seinem wahren Selbst finden. Mit viel Dankbarkeit blickt er in diesem Buch auf diese schwierige Zeit zurück.
EGr

Jenny Erpenbeck: Gehen, ging, gegangen
Jenny Erpenbeck hat einen aktuellen Roman über die Flüchtlinge in Deutschland geschrieben.
Richard, ein emeritierter Professor für Klassische Philologie, ist Witwer und lebt alleine in einem großen Haus an einem See in Berlin. Als er von den afrikanischen Flüchtlingen am Oranienplatz hört, versucht er, sich selbst ein Bild von der Situation zu machen. Er knüpft Kontakte, lernt vieles über die Geschichte und die Schicksale der Menschen, kümmert sich um die diversen Probleme und begleitet sie in ihrem Alltag.
Der Roman verdeutlicht die schwierige Situation der oft traumatisierten Menschen und die bürokratischen Hindernisse, die zu lösen sind.
EGr

Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr
Drei Männer - um die 90 Jahre alt - leben in Kanada abgeschieden im Wald in ihren Holzhütten. Sie genießen die Einsamkeit und sind sich gegenseitig eine Stütze. Eines Tages taucht eine Photographin auf, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Überlebenden des großen Brandes von Matheson aufzuspüren.
In diesem Fall kommt sie jedoch zu spät, da Boychuck - einer der drei Männer - ein paar Tage zuvor gestorben ist. Charlie und Tom, die beiden Freunde, hatten ihn schon begraben. Die anfängliche Skepsis und Reserviertheit der beiden weicht einer gewissen Offenheit. Als dann auch noch die 82-jährige Marie-Desneige ins Spiel kommt, entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft.
Jocelyne Saucier lässt mit viel Gespür für leise Töne die Themen Freundschaft und Lebensfreude aber auch die Einsamkeit im Angesicht des Todes zum Tragen kommen.
EGr

Édouard Louis: Das Ende von Eddy
Édouard Louis wurde 1992 geboren; er studiert in Paris Soziologie. "Das Ende von Eddy" ist ein autobiographischer Roman. Édouard Louis wuchs in einem kleinen Dorf in der Picardie in Nordfrankreich auf. Er stammt aus armen und schwierigen Verhältnissen. Schon früh spürte er, dass er sich nicht für Mädchen, sondern für Jungen interessiert. Er beschreibt seinen Leidensweg, bis er endlich aus dem Elternhaus und dem kleinen Dorf ausbrechen kann.
EGr

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer
Ernest van der Kwast ist ein niederländischer Schriftsteller mit indischen Wurzeln. Er wurde 1981 in Bombay geboren und lebt in Südtirol. Sein Roman ist ein kleines Schatzkästchen. Süditalien, am Strand von San Cataldo im Sommer 1945: Ezio Ortolani verliebt sich am Strand in die schöne Giovanna Berlucchi. Seinen Heiratsantrag weist Giovanna zurück, weil sie ihre Freiheit nicht verlieren will. Ezio verlässt seine Heimat Süditalien und wird sein gesamtes Leben als Apfelpflücker in Südtirol verbringen. Nach 60 Jahren findet er einen Brief in seinem Briefkasten...
EGr

Tanja Langer und David Majed: Der Himmel ist ein Taschenspieler
Ein wunderbarer Roman über Afghanistan und die emotionale Zerissenheit zwischen zwei Ländern. Die Berliner Autorin Tanja Langer und der afghanische Entwicklungshelfer David Majed erzählen in ihrem gemeinsamen Roman „Der Himmel ist ein Taschenspieler“ eine deutsch-afghanische Familiengeschichte.
Der in Deutschland aufgewachsene Mathematiker Martin Mahboob Malik wird von seinem Vater nach 20 Jahren gebeten, ihn in Kabul zu besuchen. 1979 ist er zusammen mit seiner Mutter nach Deutschland geflohen. Afghanistan ist nach dem Abzug der Thaliban sehr verändert; aus der Zeit seiner Kindheit ist in Kabul nicht mehr viel wiederzuerkennen.
Hin- und hergerissen zwischen Deutschland und Afghanistan, zwischen Mutter und Vater, zwischen seiner Universität und der Aufbauhilfe in seiner alten Schule in Kabul, versucht Mahboob Klarheit in seine Gedanken, seine Identität und in sein Leben zu bringen. Erinnerungen und neue Erfahrungen und Begegnungen bringen ihn immer wieder an seine Grenzen.
EGr

Jan Guillou: Die Brüder
Im ersten Buch "Die Brückenbauer" schrieb Jan Guillou von der Kindeit der drei norwegischen Brüder Lauritz, Oscar und Sverre. Er beschrieb die Studienzeit der drei Studenten der Ingenieurwissenschaft in Dresden; anschließend begleitete der Leser abwechselnd Lauritz beim Bau der Bergenbahn und Oscar, der sein Glück in Afrika gesucht hat. Wie es mit dem abtrünnigen Sverre weiterging blieb hingegen offen. Dies erfährt man nun im zweiten Teil "Die Brüder".
Sverre ging mit seinem Freund Albie nach England und führt dort ein spannendes und weitgehend unbeschwertes Leben auf dem Familiensitz der Manninghams. Die beiden jungen Männer nehmen an den aufsehenerregenden kulturellen Entwicklungen des anbrechenden 20. Jahrhunderts teil. Doch auch vor dieser scheinbar glücklichen Umgebung machen die weltpolitischen Ereignisse keinen Halt.
EGr

Robert Seethaler: Der Trafikant
Der 17jährige Franz Huchel lebt mit seiner Mutter am Attersee. Im Jahr 1937 wird er nach Wien geschickt, um in der Trafik von Otto Trsnjek eine Lehre zu beginnen. Durch die unbedarften Augen des jungen Mannes werden die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Stadt Wien dargestellt. Franz lernt Sigmund Freud kennen, er verliebt sich in eine junge Varietétänzerin aus Böhmen und er tritt schließlich an die Stelle seines Lehrherren, als dieser von den Nationalsozialisten verhaftet wird. Robert Seethaler ist ein melancholischer und ruhiger, aber trotzdem sehr bewegender, sprachlich hervorragender Roman geglückt.
EGr

Daniel Galera: Flut
Der brasilianische Autor Daniel Galera hat bereits mehrere Romane geschrieben. "Flut" ist nun das erste Buch, das auch ins Deutsche übersetzt wurde.
Im Mittelpunkt steht ein Sportlehrer, dessen Vater ihm eröffnet, dass er Selbstmord begehen wird. Dieses Vorhaben führt der Vater dann auch wirklich durch; sein Sohn nimmt anschließend die alte Hündin Beta zu sich. Mit seinem Bruder hat er sich wegen seiner großen Liebe zerstritten; auch mit der Mutter hat er wenig Kontakt. Aber er möchte herausfinden, was mit seinem Großvater geschehen ist. So macht er sich in den Küstenort Garopaba auf, wo sein Großvater wohl zuletzt gelebt hat, bevor er verschwunden ist. Er mietet dort eine Wohnung in der Nähe des Strandes, führt ein einfaches Leben, macht Bekanntschaften und arbeitet als Schwimmlehrer.
Ein hervorragend erzähltes Buch über einen Mann auf der Suche nach seiner Herkunft. Der spannende Roman zeigt die Einsamkeit und Ich-Bezogenheit von drei Generationen - von Großvater, Vater und Sohn. Daniel Galera versteht es, vom Anfang bis zum Ende des Romanes eine faszinierende Atmosphäre aufzubauen.
EGr

John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Eigentlich handelt es sich bei dem neuen Roman von John Green wieder um ein Jugendbuch; doch wir haben es zusätzlich bei den Romanen einsortiert, weil es auch für Erwachsene sehr lesenswert ist.
Die 16jährige Hazel ist ein Einzelkind und sie hat Lungenkrebs. Sie vermeidet Freundschaften, sie ist gerne alleine und wird von ihren Eltern so sehr umsorgt, dass es ihr manchmal zu viel wird. Einmal in der Woche geht sie in eine Selbsthilfegruppe von jugendlichen Krebspatienten. Dort erscheint eines Tages Augustus, genannt Gus. Die beiden verlieben sich und verbringen noch eine sehr intensive Zeit zusammen.
Ein ehrliches und intensives Buch über Krankheit, die Liebe und das Leben.
EGr

A.F.Th. van der Heijden: Tonio - ein Requiemroman
Der Schriftsteller Adri van der Heijden und seine Frau Mirjam verlieren ihren fast 22jährigen Sohn Tonio durch einen Verkehrsunfall mit dem Fahrrad. Der Autor versucht in diesem mehr als 600 Seiten starken Requiemroman seine Gefühle und Gedanken zu sortieren: "Das Schreiben wird dann zu einem Teil des Ringens, und umgekehrt. Die ratlosen Eltern, die die letzten Tage und Stunden ihres Sohnes rekonstruieren... weil alles von Bedeutung ist... sie klammern sich an jedes Detail..." Eigentlich war Adri van der Heijden gerade im Begriff einen neuen Roman zu beginnen. Im Angesicht dieser Tragödie kann er nur schreiben, indem er sich mit seinen Erinnerungen an seinen Sohn befasst.
Ein sehr berührendes und faszinierendes Buch!
EGr

Christiane Tramitz: Himmelsspitz
Christiane Tramitz wurde 1959 in München geboren. Sie studierte Sprechwissenschaften und promovierte an der Forschungsstelle für Humanethologie in Andechs. Bisher hat sie Sachbücher, Artikel und Reportagen veröffentlicht, in denen sie sich vorwiegend mit menschlichen Verhaltensweisen beschäftigt. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin von HumanLink.
"Himmelsspitz" ist ihr erster Roman. Auf dem Titel steht zwar, dass es sich um einen "Alpen-Krimi" handelt, jedoch fehlt eine typische Krimihandlung. Die Bezeichnung "Alpen-Krimi" ist vermutlich einem Marketing-Trick des Verlages geschuldet, da sich Alpenkrimis derzeit sehr gut verkaufen.
Mehrere Handlungsstränge werden miteinander verwoben. In den 40er-Jahren wird das Leben des Dorfes Fuchsbichl in den Ötztaler Alpen erzählt. Das Leben der Bergbauern ist zu dieser Zeit sehr hart. Schwere Arbeit, Armut, Gewalt und Lieblosigkeit bewirken eine düstere Atmosphäre. Vor allem die Frauen und Kinder leiden unter der Tyrannei der Männer.
In den 50er Jahren lernt Isabel in Hamburg für sehr kurze Zeit einen rätselhaften Mann kennen und lieben. In den 60er Jahren lebt sie in Hamburg mit ihrer unehelichen Tochter Lea und mit ihrem finanziell gut ausgestatteten, aber sehr herrischen Lebensgefährten. Da es Leas Arzt empfiehlt, verbringen sie einen längeren Urlaub in den Bergen. Lea leidet unter Albträumen.
Was verbindet die Personen aus den verschiedenen Regionen und Zeiten? Der Roman ist spannend geschrieben und ebenso spannend zu lesen.
EGr

Nataša Dragnic: Jeden Tag, jede Stunde
Eine ideale Sommer-Sonne-Strand-Lektüre! Ein Liebesroman, der in Makarska, an der kroatischen Küste beginnt und dann zwischen dort und Paris hin- und herpendelt. Dora und Luka kennen sich schon seit Kindertagen und fühlen sich ihr ganzes Leben lang zueinander hingezogen. Gelingt es ihnen, ihre Träume zu verwirklichen?
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Die Erfindung des Lebens
"Die Erfindung des Lebens" ist ein autobiographischer Roman, in dem Hanns-Josef Ortheil auf fast 600 spannenden Seiten sein Leben erzählt; er beschreibt den Weg vom "sprachlosen" Kind, über seine einsame Schulzeit, über die erfüllende
Pianistenausbildung in Rom, bis hin zum Schriftsteller und Literaturprofessor.
"Ich kann kaum beschreiben, wie glücklich ich in dem Moment war, als ich diese für mich sehr bedeutsame Entdeckung machte. Das Schreiben half mir also nicht nur indirekt weiter, indem es Klarheit und Struktur in meine Phantasien und Gedanken brachte, nein, es half mir auch mitten im Leben, ganz direkt, indem es mir Erzählversionen von Bruchstücken meiner Lebensgeschichte lieferte, die ich
dann selbst einer mir noch relativ fremden Person erzählen konnte!"
EGr

Asta Scheib: Das Schönste, was ich sah
Asta Scheib hat einen Roman über den Maler Giovanni Segantini und seine Frau Luigia Bugatti - genannt Bice - geschrieben. Segantini lebte von 1858-1899; er stammt aus ärmlichsten Verhältnissen. Er wurde in Arco geboren; seine kranke Mutter stirbt, sein trinkender Vater kümmert sich nicht mehr um ihn, nachdem er ihn nach Mailand zu seiner Halbschwester gebracht hat. Umso erstaunlicher, dass er es mit seinem Talent schafft, an der Akademie Brera in Mailand zu studieren.
Giovanni Segantini und Luigia Bugatti bekommen 4 Kinder; sie führen trotz des Erfolgs und der Anerkennung des Malers ein schwieriges Leben, das immer von Wohnungswechseln und Geldsorgen dominiert wird.
EGr

Delphine de Vigan: No & ich
Delphine de Vigan erzählt von der Freundschaft zwischen der hochbegabten dreizehnjährigen Lou und der achtzehnjährigen No, die in Paris auf der Straße lebt. Lou muss sich mit ihrer problematischen Mutter, mit ihrem Schulfreund Lucas und mit ihrer eigenen Unsicherheit herumschlagen; sie hat jedoch den Optimismus und den absoluten Willen - auch gegen alle auftretenden Schwierigkeiten - No zu helfen.
EGr

Khaled Hosseini: Drachenläufer
Nachdem dieser Roman verfilmt wurde, habe ich ihn nun doch noch gelesen und kann ihn nur weiterempfehlen. Das Buch ist bereits im Jahr 2003 erschienen
Hosseini wurde 1965 in Kabul geboren und verließ 1985 Afghanistan. In dieser Zeit, also vor dem Krieg mit der Sowjetunion und vor der Talibanherrschaft, spielt die erste Hälfte seines Romans "Drachenläufer". Aus der Sicht von Amir wird seine Freundschaft zum fast gleichaltrigen Hassan erzählt. Hassans Vater Ali ist der Diener von Amirs Vater; trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft verbindet die beiden Jungen eine innige Freundschaft. Diese zerbricht, weil Amir seinem Freund in einer schwierigen Situation nicht beisteht und damit die Freundschaft verrät. Amirs Verrat und seine Feigheit führen schließlich dazu, dass Hassan und Ali fortziehen und nicht mehr für Amir und seinen Vater arbeiten.
Auch Amir und sein Vater verlassen - durch die politische Lage bedingt - Afghanistan und versuchen in Amerika ein neues Leben aufzubauen. Doch die Vergangenheit holt Amir eines Tages wieder ein...
EGr

Laurence Tardieu: Weil nichts bleibt, wie es ist
Ein unheimlich intensiver Roman - tief traurig und hoffnungsvoll zugleich. Vincent und Geneviève hatten eine Tochter; eines Tages kommt die 8-jährige Clara nicht von der Schule nach Hause. Sie bleibt für immer verschwunden.
Die Beziehung zwischen den Eltern hält diesem Schicksalsschlag nicht stand. Doch nach 15 Jahren erhält Vincent von der todkranken Geneviève einen Brief, mit der Bitte, sie doch zu besuchen. Vincent macht sich auf den Weg und die beiden kommen sich wieder näher.
EGr

John Boyne: Der Junge im gestreiften Pyjama
Dies ist zwar eigentlich ein Jugendbuch, aber ich kann es nur jedem Erwachsenen ans Herz legen.
Wie in der Familie des 9jährigen Bruno wird auch in diesem Roman vieles verschwiegen und nur angedeutet. Im Zentrum steht nicht die historische Realität, sondern die Wahrnehmung eines Kindes, das die Welt um sich nicht versteht und sich so seine eigene Welt erschaffen muss. Brunos Vater wird Kommandant in Auschwitz und so muss die Familie Berlin verlassen und Bruno lässt voller Schmerz auch seine Freunde zurück. In seiner Einsamkeit im Haus am Lagerzaun freundet er sich verbotenerweise mit Schmuel, einem gleichaltrigen jüdischen Häftlingsjungen an.
EGr

Philippe Grimbert: Ein Geheimnis
Philippe Grimbert wurde 1948 in Paris geboren und ist Psychoanalytiker. Mit seinem zweiten Roman "Ein Geheimnis" stand er monatelang auf den französichen Bestsellerlisten. Zu Recht! Dieses schmale Buch ist unheimlich intensiv, spannend und berührend.
Philippe, der Ich-Erzähler, ist schmächtig und kränkelnd. Seine sportlichen Eltern hätten sich einen kräftigen sportlichen Sohn gewünscht und Philippe bekommt diese Enttäuschung immer zu spüren. Auch der große Bruder, den er sich in seinen Tagträumen herbeiphantasiert, kann nicht helfen. Erst als Fünfzehnjähriger erfährt der Ich-Erzähler von einer engen Freundin der Familie das, was er schon immer gewusst zu haben glaubt. Er ist Jude und die erste Frau seines Vaters hat sich und ihren Sohn Simon aus Verzweiflung den Nationalsozialisten ausgeliefert. Simon ist der Halbbruder des Erzählers.
EGr

Ketil Bjørnstad: Vindings Spiel
Ketil Bjørnstad ist Pianist, Komponist und Schriftsteller und lebt in Oslo. Er studierte in Oslo, London und Paris klassisches Klavier und brachte mit 21 seine erste Platte heraus. Inzwischen ist er aber vor allem als Jazzmusiker bekannt und hat bereits mehr als 30 CDs veröffentlicht.
In seinem Roman "Vindings Spiel" erzählt er auf äußerst spannende Weise das Leben von jungen Musikern in Oslo, die sich zu einer lockeren Gruppe zusammengeschlossen haben. Das Buch ist wie ein Musikstück komponiert; es dreht sich um's Erwachsenwerden, um Freundschaft und Liebe, um den Ehrgeiz von Eltern und Lehrern und die Folgen die daraus für jeden Einzelnen entstehen. Der steinige Weg durch Wettbewerbe, Debüts und Konzerte bringt alle an die Grenzen ihrer Kraft und ihres Lebens.
EGr

Jean Giono: Der Mann, der Bäume pflanzte
Diese sehr schöne kurze Erzählung von Jean Giono wurde schon in mehreren Ausgaben veröffentlicht und von verschiedenen Illustratoren gemalt. Der Sanssouci-Verlag hat jetzt eine Ausgabe mit Bildern von Quint Buchholz herausgegeben, die den Text vortrefflich ergänzen.
http://www.quintbuchholz.de/
EGr

Per Petterson: Pferde stehlen
Per Petterson ist Bibliothekar, Buchhändler und Übersetzer; er hat mit "Pferde stehlen" einen wunderbar leisen und eindringlichen Roman geschrieben.
Die Handlung ist in die ruhige und schöne Natur Norwegens eingebettet. Sie spielt in 2 Zeitebenen: auf der einen Seite Trond, der sich im Alter von 67 Jahren - nach mehreren Schicksalsschlägen - in die Einsamkeit zurückzieht; auf der anderen Seite der fünfzehnjährige Trond, der im Sommer 1948 die Ferien mit seinem Vater in einer Hütte nahe der schwedischen Grenze verbringt. Nach diesem Sommer wird er seinen Vater nie wieder sehen.
EGr

Lionel Shriver: Wir müssen über Kevin reden
In Briefen an ihren Mann Franklin versucht Eva Katchadourian das Massaker, das ihr Sohn Kevin angerichtet hat, zu verarbeiten. Sie geht dem Verhältnis zu ihrem Sohn von seiner Geburt an auf den Grund und versucht das Familienleben in offenen und schonungslosen Gedanken zu ergründen. Von Anfang an ist das Verhältnis zu ihrem Sohn gestört und belastet dadurch auch die Beziehung zu ihrem Mann. Eine detaillierte und gut nachvollziehbare Analyse!
EGr

Irvin D. Yalom: Die Schopenhauer-Kur
Irvin D. Yalom gilt als einer der einflussreichsten Psychoanalytiker in den USA. 1994 erschien in Deutschland sein Roman "Und Nietzsche weinte", der mir auch schon sehr gut gefallen hat. In seinem neuen Roman "Die Schopenhauer-Kur" geht es um den fünfundsechzigjährigen Psychoanalytiker Dr. Julius Hertzfeld, der nur noch ein Jahr zu leben hat. Nach seiner Krebsdiagnose versucht er mit sich ins Reine zu kommen und blickt auf die Erfolge und auch die Mißerfolge seines Lebens zurück. Er nimmt Kontakt mit einem seiner schwierigsten Patienten auf, an dem seine therapeutischen Künste gescheitert sind. Julius kann den Schopenhauer-Experten Philip Slate in seine ihm sehr wichtige therapeutische Gruppe integrieren. Es kommt zu sehr fruchtbaren Gesprächen zwischen den Teilnehmern, in denen viel über Philosophie, Beziehungen, Liebe und Tod diskutiert wird.
EGr

Diane Broeckhoven: Ein Tag mit Herrn Jules
Nach 50jähriger Ehe hat der Alltag von Alice und Jules etwas routinemäßiges. Jeden Morgen macht Jules den Kaffee und erst dann steht Alice auf. Um 10 Uhr kommt der autistische Nachbarjunge, um mit Jules Schach zu spielen.
Doch an diesem Tag ist alles anders. Jules hat zwar noch den Kaffee gemacht, setzt sich dann aber auf's Sofa und stirbt. Für Alice eine Gelegenheit, sich einen Tag lang nochmals auf Vergangenes zu besinnen und das Leben mit Jules zu reflektieren. Erst dann ist endgültig die Zeit gekommen, für immer Abschied zu nehmen.
EGr

Anna Gavalda: Zusammen ist man weniger allein
Ein wundervoller Schmöker mit 4 grundverschiedenen, skurrilen und äußerst liebenswerten Hauptfiguren. Philibert, 36 Jahre alt, ist zwar ein historisches Genie, aber er stottert und hat mit seinen Gefühlen größte Probleme. Sein Mitbewohner Franck schuftet als Koch in einem Feinschmeckerlokal. Er liebt Frauen, Motorräder und seine Großmutter Paulette, die keine Lust aufs Altersheim hat. Camille, magersüchtig und künstlerisch hochbegabt, verdient sich ihren Lebensunterhalt in einer Putzkolonne. Vier grundverschiedene Menschen finden zueinander; sie lieben sich, streiten sich und versuchen, irgendwie zurecht zu kommen.
EGr

Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon
"Nachtzug nach Lissabon“ ist Pascal Merciers dritter Roman. Der Autor heißt eigentlich Peter Bieri, wurde in Bern geboren und ist Philosophieprofessor in Berlin.
Der Berner Lateinlehrer Raimund Gregorius lässt plötzlich sein bisheriges Leben hinter sich und setzt sich in den Nachtzug nach Lissabon. Durch das Buch des Portugiesen Amadeu de Prado, das ihm zufällig in die Hände fiel und aufgeschreckt vom plötzlichen Gefühl verrinnender Zeit, bricht er nach Lissabon auf. Die Einsichten dieses Arztes und Schriftstellers in die Erfahrungen des menschlichen Lebens lassen ihn nicht mehr los. Gregorius beginnt eine rastlose Suche kreuz und quer durch Lissabon, die Suche nach einem anderen Leben und die Suche nach einem ungewöhnlichen Arzt und Poeten, der gegen die Diktatur Salazars gekämpft hat.
"Das Leben ist nicht das, was wir leben; es ist das, was wir uns vorstellen zu leben", liest Gregorius bei Prado und ahnt, dass auch er am Ende seines Weges ein anderer sein wird.
EGr

Nicholson Baker: Eine Schachtel Streichhölzer
Am Anfang von jedem der dreiunddreißig kurzen Kapitel sagt der Ich-Erzähler und Frühaufsteher Emmet uns höflich Guten Morgen und nennt die Uhrzeit. Dann beschreibt er, wie er im Dunkeln Kaffee kocht und wie er mit einem Streichholz den Kamin anzündet. Anschließend sitzt er vor dem Feuer und genießt die vorläufige Einsamkeit, ehe auch seine Familie und das Haus zu einem neuen Tag erwacht. Träume, Gedankensplitter, banale Begebenheiten und Alltägliches gehen ihm durch den Kopf. Ein kurzer, leiser und schöner Roman - vielleicht allerdings eher für Frühaufsteher als für Langschläfer nachvollziehbar!
EGr

Sándór Márai: Die Nacht vor der Scheidung
Im Piper-Verlag wurden in den vergangenen Jahren einige Bücher des ungarischen Autors Sándór Márai neu aufgelegt. Das Buch "Die Glut" machte den Anfang; mindestens ebenso beachtenswert ist "Die Nacht vor der Scheidung".
Der Richter Christoph Kömüves hat die Scheidungs-Akte seines Jugendfreundes Imre Greiner auf dem Schreibtisch. Am nächsten Tag soll die Scheidung erfolgen. Doch in der Nacht zuvor zwingt ihn Imre Greiner mit seinem überfallartigen Besuch zu einem Gespräch. Er sucht die Antwort auf eine Frage, die nur der Richter ihm geben kann.
EGr

Jennifer Vanderbes: Osterinsel
Zwei Frauenschicksale werden in diesem ersten Roman von Jennifer Vanderbes miteinander verwoben.
1913 reist Elsa Pendleton mit ihrem Mann, einem älteren Anthropologen, auf die Osterinsel. Edward erforscht dort im Auftrag der Royal Geographical Society die Kolossalstatuen der Insel.
60 Jahre später interessiert sich die Botanikerin Greer Faraday für alte Pollenformen auf dieser Insel. Gleichzeitig möchte sie Abstand von den Ereignissen rund um den frühen Tod ihres Mannes finden.
Für beide Frauen wird der Aufenthalt auf der Insel ein Wendepunkt in ihrem Leben.
EGr

Jean-Philippe Toussaint: Sich lieben
Die Geschichte einer unendlich traurigen Trennung, an Melancholie kaum noch zu überbieten!
Der namenlose Erzähler und die erfolgreiche Modeschöpferin haben beschlossen, sich auf einer Geschäftsreise nach Tokio zu trennen. Sie lieben sich, können einander aber nicht mehr ertragen.
Minimalistisch, leicht und mit präziser Sprache erzählt!
"Dieser Roman besitzt dieselbe Schönheit wie ein langes Saxophonsolo in der Nacht, eine nicht enden wollende Melancholie."
Le Soir
EGr

Ernst Augustin: Die Schule der Nackten
Ein kultivierter älterer Herr, Althistoriker von Beruf, wagt sich auf das FKK-Gelände des Münchener Jakobi-Bades: "Es gibt dort eine Freizone, wo ich alles ablege, alle Bindungen, alle erworbenen Eigenschaften, den Beruf, den Namen, auch Schuhe und Strümpfe und das gesamte Unterzeug."
Mit viel Witz, Ironie und Situationskomik ist Ernst Augustin ein äußerst köstliches Buch gelungen!
EGr

Hanns-Josef Ortheil: Die große Liebe
Wenn man mal wieder Sehnsucht nach einer schönen Liebesgeschichte hat, ist dieser Roman genau das Richtige! Zu allem Überfluss spielt die Handlung im sonnigen Süden, in San Benedetto, einem italienischen Badeort an der Adria. Es wird viel Wein getrunken und geschlemmt; und an Spannung lässt das Buch auch nichts zu wünschen übrig.
EGr

Carlos Ruiz Zafòn: Der Schatten des Windes
So stelle ich mir den perfekten Schmöker vor! Wenn man damit fertig ist, möchte man am liebsten gleich nochmal von vorne beginnen!
Daniel wächst alleine mit seinem Vater im Barcelona der Franco-Ära auf. Sein Vater, der Buchhändler ist, lässt ihn im Friedhof der vergessenen Bücher ein Buch aussuchen. Daniel wählt "Der Schatten des Windes" von Juliàn Carax.
Fasziniert von der Geschichte, die er liest, verstrickt er sich immer mehr darin. Die Figuren sind durch eine seltsame Kette von Schicksalen und Zufällen miteinander verbunden.
EGr

Barbara Kiray-Hüholt: Die Fasern des Holzes
Eine Erzählung in 2 Teilen: im ersten Kapitel erzählt "die Nachbarin", im 2. Kapitel Sebastian, der schweigsame Nachbar. Die beiden leben zwar in 2 benachbarten Häusern, haben aber keinen direkten Kontakt; nur die Musik und kleine freundliche Geschenke der Nachbarin stellen eine gewisse Beziehung her. Erst als Sebastian stirbt erfährt sie etwas über die Umstände seiner Schweigsamkeit. Ein sehr einfühlsames Buch über Liebe, Freundschaft, Erinnerungen und über eine Violine, die nie gespielt wurde.
EGr

Véronique Olmi: Meeresrand
Veronique Olmi zählt in Frankreich zu den bekanntesten jungen Theaterautorinnen. Das kleine Buch "Meeresrand" ist ihr erster Roman.
Die Verzweiflung einer alleinerziehenden und von Sozialhilfe lebenden, psychisch kranken Mutter wird in diesem dichten Text auf ganz intensive Weise spürbar.
Einige Stunden der kleinen Familie in einem einsamen Küstenort werden erzählt: Verzweiflung, Verlorensein und Panik werden durch die Atmosphäre in einem schäbigen Hotel und durch das trostlose Wetter noch bis ins Unerträgliche verstärkt.
EGr

Agnes Gergely: Die Unbehüteten
Eines der wenigen Bücher, das mich mal wieder rundherum fasziniert hat: eine Geschichte mit Tiefgang, erzählt in einer sehr poetischen Sprache!
Karen lebt in Budapest. Sie ist Schriftstellerin und Übersetzerin und seit 2 Jahren Witwe. Sie lebt zusammen mit ihrer Tochter Daniela und ihrer Pflegetochter Detta. Sie lernt den deutsch-dänischen Regisseur Carlos kennen und verliebt sich in ihn; doch die ungarischen Behörden verhindern eine Eheschließung der Beiden...
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Katharina Hess: Traversina
Freunde und Bekannte erzählen aus verschiedenen Perspektiven die Lebensgeschichte von Janna. Es entsteht das vielschichtige Bild einer Frau, die ein intensives, leidenschaftliches und problematisches Leben führt.
Auch die anderen Romane von Katharina Hess "Sonnen-Wende", "Die Schattenfrau" und "Septemberschnee" sind sehr zu empfehlen und in der Bibliothek zu entleihen.
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Herbjørg Wassmo: Das Buch Dina
Die Geschichte einer ungewöhnlichen und starken Frau im Norwegen des 19. Jahrhunderts. Zusammen mit "Sohn des Glücks" und "Dinas Vermächtnis" bildet dieses Buch eine Trilogie, die einen vollkommen in ihren Bann schlägt.
Das harte Leben in Nordnorwegen wird durch die Folge der Jahreszeiten und vom Wetter bestimmt. Das tragische Ereignis des Todes ihrer Mutter bestimmt den weiteren Lebensweg Dinas.
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Gioconda Belli: Bewohnte Frau
Lavinia ist eine attraktive junge Frau. Sie ist Architektin und
verliebt sich in ihren Kollegen, den Freiheitskämpfer Felipe. Durch ihn kommt sie in Kontakt mit der Widerstandsbewegung gegen das diktatorische Regime ihres Landes. Sie wird in eine Aktion verwickelt, die für ihr Leben eine dramatische Wende bedeutet.
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Susanna Tamaro: Love
Mir gefällt dieses Buch wesentlich besser als "Geh, wohin Dein Herz Dich trägt" mit dem Susanne Tamaro bekannt geworden ist. Das Buch enthält 5 Erzählungen über Kinder und Schwache, die zu Opfern einer mitleidlosen Gesellschaft werden. In einer warmen, schlichten und ruhigen Sprache spürt Susanna Tamaro Lieblosigkeit, Leid und Gewalt dort auf, wo man im Allgemeinen nur von Zuneigung spricht.
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Alessandro Baricco: Seide
Baricco erzählt die Geschichte des französichen Seidenraupenhändlers Joncour. Er lernt auf seinen Reisen in Japan ein Mädchen kennen, das er nie mehr vergessen kann. "Ich wollte eine Geschichte schreiben wie weiße Musik, eine Geschichte, die klingt wie Stille." Dies ist Baricco ohne Zweifel gelungen. Ein wunderschöner kleiner Roman! Auch als CD erhältlich!
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Björn Larsson: Träume am Ufer des Meeres
Der geheimnisvolle Kapitän "Marcel" begegnet in vier verschiedenen Häfen vier einsamen Menschen, er verändert ihr Leben und verschwindet dann. Die vier haben nichts gemeinsam als ihre Einsamkeit und das Gefühl der Vergänglichkeit. Ohne voneinander zu wissen machen sie sich auf die Suche nach Marcel.
Als sich ihre und seine Wege endlich kreuzen, nimmt der Kapitän die vier Landratten mit auf eine gemeinsame Segelfahrt über das Meer; von dieser Fahrt versprechen sie sich "eine Erinnerung fürs Leben"; sie müssen jedoch erst einmal die erste Regel der menschlichen Zivilisation neu erlernen: "Nur wer den anderen hilft, überlebt!"
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Erika Pluhar: Verzeihen Sie, ist das hier schon die Endstation?
Die fünfzigjährige Pragerin Nelly Tomasová besucht zum ersten mal Wien, die Stadt aus der ihre Mutter stammt. In der Straßenbahn nach Grinzing spricht sie einen Herren um die sechzig an: "Verzeihen Sie, ist das hier schon die Endstation?". So beginnt die Begegnung zweier Menschen, aus der sich ein Gespräch entwickelt, das für den Leser bis in die späten Morgenstunden des folgenden Tages dauert. Gespräche über Theater, Kunst und Politik vertiefen sich nach und nach zu Lebenserzählungen über Liebe und Tod.
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